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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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gezackten Büscheln hier und da ab. Und jetzt bemerkte Strike auch,
dass er mit Essen verdreckt war; zumindest sah es so aus, als ob jemand Essen
nach ihm geworfen hätte.
    Strike
erstarrte: Essen? Papi starrte ihn einfältig und schweigend an, und Strike
wollte gerade zu seinem Wagen zurückgehen, als ihm aufging, dass es sich nicht
um Essen handelte; es war Blut. Papi hatte sich durchlöchern lassen.
    »Papi
...«, flüsterte Strike, streckte die Hände aus, wusste nicht, was er machen
sollte, und fragte sich, warum das Radio im Regen keinen Kurzschluss bekam.
Der Song in der Boombox ging zu Ende, und der Ansager sprach ein schnelles
Spanisch, das für Strike bis auf die Worte >Tidy Bowl< unverständlich
war.
    Strikes
Blick fiel auf etwas links von Papis Schritt, das wie ein rotes pulsierendes
Licht aussah, auf der Innenseite seines fleischigen Oberschenkels, ein glitzerndes
Pochen im Regen, und Strike war nicht mehr fähig, wegzulaufen, war zu
geschockt, nahm sich die Zeit, das blinkende Licht anzustarren, als habe es mit
dem Mann selbst nichts zu schaffen; das Pulsieren ließ Strike an Rodneys
Elektroimpulsgerät denken, an Ampeln und verlassene Straßen. Papi grunzte
verärgert und schleuderte einen aufgeplatzten Ledermokassin von sich. Strike
sah, dass er mit Blut gefüllt war, und erkannte plötzlich, was das hellrote
Pulsieren wirklich war: eine Schusswunde, und das Blut spritzte mit dem
langsamen und stetigen Schlag seines Herzens in einer schwachen Fontäne aus
Papis Oberschenkel.
    Strike zog
die Schultern hoch und sah Papi zitternd an. »Yo, tu-tut mir leid, Mann ...«
    Papi
starrte ihn mit gelben Katzenaugen an, als sähe er ihn zum ersten Mal, und
Strike dachte betäubt, Papi reagiere auf sein Stottern, sah zu, wie Papi nach
etwas an seiner Hüfte tastete. »Dir werd ich auch in deinen Niggerarsch
treten«, sagte Papi mit rauer Stimme.
    Strike
stand stocksteif da, wollte sich für irgendwas entschuldigen - aber was? - und
hörte hohe Töne in seinem Kopf.
    Papi zog
seinen Pager heraus und murmelte: »Bring deinen Niggerarsch um.« Er hob das
Radio von der Straße, warf es in den Wagen und fuhr dann in betrunkenen
Schlangenlinien davon, direkt an Strike vorbei.

Strikes
Knie vibrierten ein wenig, und Strike zischte die Worte: »Verdammte Scheiße,
verdammte Scheiße, verdammte Scheiße ...«, zehnmal, zwanzigmal, dreißigmal, wie
eine Litanei.
     
    »Ich hab
nichts getan!« Strike fuhr wie betäubt den JFK entlang und sprach laut mit sich
selbst.
    »Ich
schwör's bei Gott!« Er sprach eigentlich mit Champ, denn Champ musste hinter
all dem stecken, was er gerade gesehen hatte, musste Papi durchlöchert haben,
weil er in Champs Territorium Kilos verkaufte. Was hieß, als Nächstes würde
Rodney dran glauben und danach er selber.
    »Aber ich
hab nichts getan!«, rief Strike, als er seitlich einen in zweiter Reihe
geparkten Wagen streifte, und zog ein paar überraschte Blicke aus einer Gruppe
von Leuten auf sich, die unter einer Markise standen. Strikes Sichtfeld trübte
sich, seine Welt verwandelte sich plötzlich in eine Metzgerei, in einen
Schlachthof, und Strike hoffte nur, sein Kinn über dem Blutspiegel zu halten,
und er sah wieder Darryl und Papi, und aus beiden sprießten tödliche Blüten.
    Unfähig zu
fahren, hielt Strike an einer Bushaltestelle und versuchte sich zu sammeln,
presste seine Schläfen zusammen und atmete durch den Mund. Darryl, wann war
Darryl erschossen worden? Dann dachte er: Vielleicht war das heute Abend gar
nicht Champ, vielleicht war es wieder Victor, nicht Victor, aber Victors Mann,
vielleicht ist der Typ so eine Art Aufziehmonster, das man nicht abstellen
kann, wenn es einmal in Bewegung ist. Nein, es muss Champ gewesen sein.<
    In diesem
Moment schlug sein Magen wieder zu und kündigte sich mit einem rohen,
stechenden Schmerz an. Er öffnete blind das Handschuhfach und griff nach einer
halbvollen Flasche Yoo-Hoo. Als er die Verschlusskappe aufdrehte, glitt ihm die
Flasche aus den zittrigen Fingern; Yoo-Hoo ergoss sich über seine Brust und
hinterließ dunkler werdende Flecken auf seinem Sweatshirt.
    Strike saß
da, japste nach Luft, seine Schultern hoben und senkten sich; dieses letzte
Missgeschick verwandelte ihn in ein zitterndes, hilfloses Bündel: >Das muss
ausgerechnet mir passieren, schau dir bloß mal diese Scheiße an.< Auf gar
keinen Fall konnte er sich in der Öffentlichkeit zeigen, nicht mit diesen
Flecken. >Schau dir bloß mal diese Scheiße an<, und dann schlug er

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