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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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Rocco von einem
wilden Anflug von Stolz übermannt, in dieser Ruine geboren worden zu sein,
stolz darauf, ein Junge von hier zu sein, ein Sohn Dempsys, ein Straßenjunge,
ein Durchschnittstyp. Er dachte an Erin: Sie war in ihrem Leben noch nicht in
Dempsy gewesen. Das musste berichtigt werden; sie musste es erfahren.
    Als sie im
dritten Stock ankamen, fingen alle drei an, durch den Mund zu atmen, und im
vierten bat Dolan um eine Zigarettenpause. Auf jedem Treppenabsatz fiel Rocco
auf, dass von den Feuerwehrschläuchen, die wie zusammengepresste Gedärme an
den Wänden neben den Türen gestapelt waren, die Messingdüsen abgetrennt worden
waren. Kompakt, schwer, wertvoll, waren sie wohl das Erste gewesen, was
verschwunden war.
    Im fünften
Stock stießen sie auf einen Kerl, der auf den Stufen saß, ein Bier Marke >Olde
English< trank und Kokain rauchte.
    »Randy,
mein Mann.« Dolan legte sich eine Hand auf die schweißige Brust. »Wo treibt
sich Almighty rum?«
    »Er ist da
oben.« An der Wand neben Randys Kopf war ein explodierender Stern aus
rostbraunen Punkten, wo jemand das Blut aus seiner Nadel hingespritzt hatte.
    »Welcher
Stock?« Dolan klang, als bettle er.
    »Eins
noch.« Randy kniff sich die Nase zu, drehte seine Glaspfeife um und nahm einen
Zug von der anderen Seite. »Du schaffst es schon.«
    Rocco bahnte
sich seinen Weg durch einen staubigen, schuttübersäten Krankenhausflur, der
von der untergehenden Sonne über dem New Yorker Hafen erhellt war; die schräg
einfallenden Sonnenstrahlen drangen durch die Fenster einer Reihe von türlosen
Krankenzimmern, und die Freiheitsstatue war so nahe, dass er die Strahlen
ihrer Krone zählen konnte.
    »Doktor
Almighty, Doktor Almighty, bitte ...«, rief Rocco durch vor den Mund gelegte
Hände. »Doktor Herrgott Almighty, bitte.«
    Harris und
Dolan lachten, traten über Brocken herabgestürzten Deckenputzes hinweg, und die
drei kamen zum Eckzimmer, demjenigen mit dem besten Blick, und sahen jemanden,
der Almighty sein musste und leicht vornübergebeugt auf den kaputten rostigen
Federn eines alten Krankenhausbettes hockte, während es so aussah, als würde
der Arm der Freiheitsstatue wie eine Prothese aus seinem Kopf herausragen.
    »Doktor
Almighty, Sie werden im OP verlangt ...« Rocco beugte sich durch den Türrahmen,
seine Finger zu einer Pistole geformt, ein Klicken, ein Zwinkern. »Hab dich.«
Er versuchte, nicht zu lachen, der arme Kerl sah so verdattert drein, als ob er
dachte, das Krankenhaus sei plötzlich wieder zum Leben erwacht.
    »Almighty.
Wie geht's?« Rocco trat ins Zimmer, hielt die Hände ausgestreckt wie ein
Vertreter. Almighty streckte zögernd seine geschwollene Junkieflosse aus, und
Rocco zwang sich zu lächeln, als er ihm die Hand schüttelte. Almighty trug ein
verdrecktes kariertes Hemd offen über einem dunkelblauen T-Shirt mit dem
Aufdruck einer Kneipe namens >Bad Girl Lounge<, eine rote Trainingshose
und eine >Orlando Magic<-Kappe. Etwas an seiner hageren Statur und seinen
schläfrigen, aber dennoch präzisen Bewegungen deutete auf eine längst
vergessene Sportlichkeit hin.
    »Ich bin
Detective Klein vom Büro des Staatsanwalts, wie geht's?«
    »Mir
geht's gut«, sagte Almighty in einem dünnen, gedehnten Tonfall. »Ich hab
niemanden belästigt.«
    Rocco
duckte sich und sah zur Freiheitsstatue hinaus. »Himmel, nette Aussicht.«
    Harris und
Dolan schlossen sich ihm am Fenster an.
    »Du solltest
Geld dafür verlangen ...« Rocco richtete sich auf. »Möchtest du eine Spritztour
mit mir machen?« Ein riesiger, aber geruchloser menschlicher Schiss lag in der
hinteren Ecke des Zimmers, höchstwahrscheinlich das Resultat einer einwöchigen
Junkieverstopfung.
    »Sie
sperren mich ein?« Almighty hatte geschwollene, mandelförmige Augen mit
ständig zitternden Lidern, als wollte er gleich in Tränen ausbrechen.
    »Himmel,
nein.« Rocco fegte den Gedanken beiseite. »In dem Fall würde ich dir
Handschellen anlegen.« Er streckte Almighty einen Arm zum Aufstehen entgegen.
»Na komm.«
    Almighty
schlurfte aus dem Zimmer und blieb im Flur neben einem abgestellten
Einkaufswagen stehen. Bis jetzt hatte er zwei Wasserhähne, ein Tablett aus
rostfreiem Edelstahl, ein Bündel Querstäbe und eine Metallschublade aus einem
Aktenschrank zusammen. Er sah Rocco an. Rocco sah Harris und Dolan an, und die
beiden Uniformierten zuckten zustimmend mit den Schultern.
    Almighty
ging voran, schob den Wagen mit leicht gebeugtem Schritt und auf den
Zehenspitzen. An seinem

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