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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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Dienst, doch solange sie auf ihre Pager
achteten, war es allen egal, wie sie ihre Schicht rumbrachten. Außerdem war
Mazilli noch weitere neun Tage lang amtierender Chef der Mordkommission, also
gab es niemanden, vor dem man etwas zu verheimlichen hatte.
    Für einen
Samstagabend war wenig los. Die Reihe von Münztelefonen an der Ecke machte die
Straße zu einem natürlichen Drogenmarkt; an einem normalen Abend war ständig
eine Armee von Clockers und heruntergekommenen Gestalten damit beschäftigt, im
Shaft ein und aus zu gehen, Zigaretten, Bier, Schweinekrusten und Süßigkeiten
zu kaufen. Doch vor ein paar Tagen hatte die Anwohnergemeinschaft Stunk
gemacht, und heute wanderten zwei Polizeineulinge in gelangweilten Halbkreisen
vor den Telefonen herum, während die Geschäfte einen Block weiter die Straße
runter getätigt wurden. Die Bullen würden um elf abziehen, und die Meute würde
bis Viertel nach elf an die Ecke zurückkehren, aber das Shaft schloss um halb
zwölf, also war heute nichts mit dem üblichen Umsatz. Trotzdem, es hätte
schlimmer sein können: Mindestens die Hälfte von Mazillis Kunden lebte von der
Wohlfahrt, und jetzt, Mitte des Monats, waren viele von ihnen immer noch recht
flüssig. Rocco hätte das Datum daran ablesen können, wie die Kunden sich auf
den Beinen hielten, wenn sie hereinkamen; wenn das Monatsende näher rückte,
sackte ihre Haltung mehr und mehr zusammen, doch jetzt trugen die meisten ein
wenig Stolz, ein bisschen Elan zur Schau.
    Rocco saß
seine Begegnung mit Almighty am frühen Abend immer noch ein wenig in den
Knochen. Er hatte die letzten paar Stunden damit zugebracht, sich den Kerl aus
dem Kopf zu schlagen, während er die Kundschaft mit Seagrams Gin, Captain
Morgan Spiee Rum und verschiedenen süßen Weinen - alles Pennergesöff - aus den
hohen Regalen hinter seinem Rücken versorgte. Außerdem ließ er Sechser-,
Vierer- und Dreier-Zahlenkombinationen durch die Lotteriemaschine laufen,
während alle hofften, irgendetwas zu gewinnen, angefangen bei fünfzig Dollar
für drei Richtige bis zu zwei Komma eins Millionen für sechs Richtige. Die
Gewinnzahlen wurden um Punkt elf Uhr im Fernsehen gezogen, und als sich die
Stunde langsam dem landesweiten Annahmeschluss näherte, wurde die Lotterieschlange
immer länger, und Rocco war so mit den Zahlen und den Flaschen beschäftigt,
dass sich der Wodka mit Eis, den er sich hinter den Tresen gestellt hatte, in
eine Alkoholbrühe verwandelt hatte.
    Ein zehn
Jahre altes Kind mit großen, nüchternen Augen und rasiertem Schädel reichte
Rocco eine hingekritzelte Liste von zehn dreistelligen Ziffern und einen
Zehn-Dollar-Schein.
    »Tut mir
leid, Junge, du musst achtzehn sein.« Rocco lächelte entschuldigend.
    Der Junge
wandte sich schweigend Mazilli am anderen Ende des Gangs zu, der damit
beschäftigt war, lose Zigaretten für fünfzehn Cent das Stück zu verkaufen.
Mazilli sah den geduldigen Blick des Kindes, zuckte dann mit den Schultern und
nickte zustimmend. Rocco gab die Kombinationen ein, nahm das Geld und reichte
dem Kind zehn Dreiertickets.
    Dann
kassierte Rocco eine Büchse Budweiser; der Typ, der sie kaufte, war innerhalb
der letzten Stunde bereits dreimal da gewesen. Eine große Anzahl immer
derselben Leute war mehrmals rein- und rausgegangen, wanderte die ganze Nacht
zwischen Laden und Straße hin und her und machte stets mehrere Einkäufe von
jeweils einem einzigen Artikel. Rocco machte das wahnsinnig: Typen kauften sich
zehn lose Zigaretten bei zehn Einkäufen zu insgesamt einem Dollar fünfzig,
dafür hätten sie sich eine ganze Schachtel mit doppelt so vielen Kippen auf
einmal kaufen können.
    Eine große
schwangere Frau, in dünnem Unterhemd und Flipflops, reichte Rocco eine sauber
geschriebene Liste von zwanzig Sechserkombinationen, und aus ihrer Faust
ragten zwei Zehn-Dollar-Scheine.
    »Normale
Zahlenfolge oder Kombination?«
    »Normal.«
Sie wollte den Hauptgewinn: Rocco fragte sich, wie ihr Leben mit all dem vielen
Geld aussehen und was sich für sie ändern würde.
    Rocco
blickte von der Lotteriemaschine auf und sah Rodney Little rückwärts ins Shaft
humpeln, er sprach laut mit jemandem auf der Straße, drehte sich im Laden um,
zeigte mit dem Finger als Revolver auf Mazilli und nahm sich eine
Knoblauchgurke aus einem Glas, das auf der Wursttheke stand.
    »Wieso
krieg ich nie solche?« Rodney lief der
Gurkensaft am Kinn herab. »Jedes Mal, wenn dieses Arschloch in meinem Laden
vorbeikommt und ich sage: >Bring mir

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