Price, Richard
Rocco.
»Nein, es
ist leichter, ihn hier draußen zu bearbeiten.«
»Wer zum
Teufel ist Jo-Jo?«
»Kronic.
Hat früher auch Motorräder verscherbelt.«
»Der Typ
ist ein Dieb, richtig?« Rocco kannte Jo-Jo Kronic hauptsächlich aus der
Zeitung. Er war vor fünf Jahren von der Anklage freigesprochen worden, von
Dealern Geld zu erpressen.
Mazilli
zuckte mit den Schultern. »Ja, aber er war McGoortys Bodyguard im Wahlkampf.
Der Kerl hat rund um die Uhr gearbeitet, ohne Entlohnung, und er hat fünf
Riesen für die Kriegskasse gespendet. Als McGoorty ins Amt kam, hat er gesagt:
>Was kann ich für dich tun, Jo-Jo?< Der Kerl bittet um seine eigene
fliegende Streife. Sie fahren rum, sind keinem Rechenschaft schuldig außer
McGoorty. Die können machen, was sie wollen - du weißt schon, Schießereien auf
offener Straße, Überfälle, was immer.«
»Himmel.«
»Weißt du,
wie viele Anti-Drogen-Einheiten da draußen sind?« Mazilli zählte sie an den
Fingern auf. »Stadt, Staat, FBI, Drogenfahndung, County, keiner sagt dem
anderen was, alle geraten sie aneinander, verhaften bei jeder Razzia
gegenseitig ihre Spitzel, und jetzt taucht noch der verdammte Jo-Jo Kronic in
dieser Suppe auf, und du weißt, was er tut, richtig?«
»Er läuft
rum und lässt alle dafür zahlen, dass sie im Geschäft bleiben.« Rocco leerte
sein Glas, goss sich einen weiteren Drink ein, diesmal ohne Eis, jetzt
brauchte er keins mehr.
»Jo-Jo hat
ein Boot, mit dem er die Schlacht bei Midway hätte gewinnen können. Und sein
neues Haus? Er wohnt eine halbe Meile von Richard Nixon entfernt. Und kein
Mensch kann was sagen, weil er McGoortys Mann ist.«
Rocco
zischte vor Abscheu und Neid. »Und er ist hinter Rodney her?«
Mazilli
verzog sein Gesicht. »Nein. Das hab ich nur auf die Schnelle erfunden. Rodney
wird in drei Tagen hier vorbeikommen, und ich werd sagen: >Hast du was
gehört?< Er wird sagen: >Ich arbeite dran, ich arbeite dran<, und ich
werd sagen: >Ja? Ich auch.< Er kann mich mal. Ich werd einfach im Laufe
der Woche bei seiner Würfelbude vorbeigehen, seine Geschäfte ein wenig aus dem
Takt bringen. Er wird mir was Gutes erzählen.«
»Verdammter
Arsch. Als du hinten warst, kauft dieser Typ seine fünfte Büchse Budweiser, ich
sag ihm, er soll sich auf 'n Sechserpack stürzen, verstehst du, das Angebot
wahrnehmen? Der verdammte Rodney fängt an, mir ne Rede zu halten über die
Straßenbar der Leute, und ich sei der verdammte Barkeeper, kannst du dir das
vorstellen?«
Mazilli
lächelte schmerzlich. »Nun, irgendwie hat er recht.«
»Du kannst
mich auch mal«, platzte Rocco heraus. »Das ist doch das Problem mit diesen
Leuten, die planen nichts im Voraus.«
»Ist das
das Problem?« Mazilli zog eine Augenbraue hoch.
»Trgendwie
hat er recht<«, murmelte Rocco wütend und kam sich vor, als hätte er bei
einem entscheidenden Test versagt.
Der
Zehnjährige kam ein drittes Mal in den Laden und trat diesmal langsam vor
Mazillis Theke.
»Kools«,
sagte er und warf einen Dollar und etwas Kleingeld auf die Theke. Die Lippe des
Kindes war geschwollen und blutig; Rocco nahm an, dass ihm jemand eine geklebt
hatte, weil er ohne die Lotterielose nach Hause gekommen war.
Rocco
verspürte einen heftigen Anflug von Mitleid, stellte sich vor, wie er den
Jungen nach Hause brachte und demjenigen, der das getan hatte, gehörig die
Meinung sagte, aber als der Junge Roccos Blick begegnete, warf dieser ihm
einen Blick reinsten Hasses zu, als sei Rocco für seine Prügel verantwortlich.
Plötzlich war Rocco froh darüber, in New York zu leben, glücklich, verheiratet
zu sein und darüber, dass sein eigenes Kind, seine eigene Familie fern von
dieser Stadt lebte. Es war an der Zeit, Schluss zu machen mit diesem Leben
voller Jo-Jos und Rodneys, voller geprügelter wütender Kinder und lebender Leichen
als Eltern. Pensionierung, das war nur ein Wort, kein Krankheitsbild. Aber wo
zum Teufel war Sean Touhey?
Der
Budweisertyp kam rein, um seine sechste Dose zu kaufen, starrte Rocco jetzt
wütend an, forderte ihn heraus, irgendwas zu sagen, doch Rocco mied bewusst
seinen Blick, bis er den Verkauf in die Kasse getippt hatte.
»Schönen
Abend noch.« Rocco warf ihm ein Lächeln zu, im Geiste schon auf halber Strecke
durch den Holland Tunnel.
Der Typ
stand da und wollte etwas sagen, sah wütend drein, aber er ging bis zur
Fliegengittertür, bevor er sich umdrehte und zu schimpfen begann.
»Ich kauf
mir n verdammten Sechserpack und sitz da draußen, was glauben
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