Price, Richard
richtig machte. Anfangs hatte Strike
diese Sitzungen genossen, doch in letzter Zeit war diese Masche mit dem
Prinzen von der Straßenecke ein wenig schal geworden.
Rodney
hielt vor dem Restaurant und parkte, und eine Minute darauf standen die sieben
zusammengedrängt im Foyer und warteten auf den Maitre, der neben einer Wand
stand, die mit vergrößerten Fotos eines rein weißen Dempsy aus den glorreichen
Tagen des Zweiten Weltkriegs bedeckt war. Dicht zusammengedrängt und ohne zu
lächeln, flüsterten die Clockers miteinander, als befänden sie sich in einem
Museum. Selbst Strike war angespannt, nicht nur, weil sie wie ein Haufen Dealer
aussahen, sondern auch, weil das übrige Publikum nur aus alten Leuten bestand,
vierzig, fünfzig Jahre alt, und die Menge sah aus wie eine Versammlung von
Sprachtherapeuten und Bewährungshelfern.
Rodney scheuchte
die Jungs ins Restaurant, und der Maitre platzierte sie an einem großen runden
Tisch, dessen gestärktes blutrotes Tischtuch mit silbernen Platztellern
eingedeckt war. Eine Kellnerin tauchte auf und lächelte; sie trug einen
Strohhut und eine rot-weiß gestreifte Schürze mit Ärmelhaltern.
»Möchtet
ihr Burschen etwas zu trinken?«
Ein Junge
namens Charles sah zu Rodney hinüber, wartete auf ein durch hochgezogene
Augenbrauen gegebenes Okay und sagte dann ernst: »Ich möchte eine Magerita.«
Die Kellnerin notierte die Bestellung, als ein Junge namens Roy in seine Faust
hüstelte und sagte: »Ich möchte einen Konnjack«, was Charles dazu veranlasste,
sich zu räuspern und zu sagen: »Yo, Moment mal, ich nehme auch lieber einen
Konnjack.«
Strike sah
zu Rodney, überrascht, dass der keinen Ton sagte, nicht mal den Kopf
schüttelte.
All die
anderen Kids bestellten sich ebenfalls Cognac. Rodney nahm eine Cola, Strike
ein Wasser. Einen Augenblick lang, während er zusah, wie die Kellnerin die
Bestellungen notierte, war es Strike peinlich, doch dann dachte er: >Sie
sind Kinder, sie werden es schon lernen. Oder auch nicht - wie auch immer.<
Rodney
sprach einen Toast aus, als die Getränke kamen, einen Toast auf die Familie und
darauf, sich gegenseitig zu helfen. Er blieb sehr ernst dabei und beobachtete,
wie sie versuchten, keine Grimassen zu ziehen, als sie den Cognac probierten.
Dann bestellten alle ihr Essen, und während sie darauf warteten, beobachtete
Strike die Jungs aus der Eisenhower-Siedlung, die alle angespannt und still
waren. Sie bemühten sich angestrengt, da zu sein, runzelten
vor Verlegenheit die Stirn, zupften an ihren Klamotten herum, warfen zaghafte
Blicke in die Runde.
Als das
Essen serviert wurde - Spareribs für Rodney, Hamburger für alle anderen -,
stürzten sich die Jungs auf ihre Teller, hingen darüber, aßen gierig und sahen
sich immer noch im Raum um.
Rodney
fing schließlich an. »Schaut euch Arschlöcher mal an«, murmelte er zum
Tischtuch, als er an einer Rippe sog und kaute. »Schaut euch Arschlöcher mal
an, wie ihr die anderen anschaut, wie sie euch anschauen, mh-mh-mh.« Rodney
leckte sich die Finger ab und schüttelte den Kopf.
»An diesem
gottverdammten Tisch wird mehr Geld gemacht als in dem ganzen gottverdammten
Restaurant. Hier sitzt nicht ein Nigger, der nicht seine vier- bis fünfhundert
die Woche macht.«
>Aber
nur diese Woche<, dachte Strike.
Unmöglich vorauszusehen, wer nächste Woche hier
sitzen würde, die Fluktuation war aufgrund von Gier, Knast, Dummheit,
Drogenabhängigkeit und simplem Pech enorm.
»Reiche
junge Männer, die sich auf der Straße auskennen. Aber schaut euch bloß mal an,
wie ihr hier in euren Stühlen lümmelt.« Rodney schnalzte mit der Zunge und zwinkerte
Strike dann kurz zu.
»Ach
verdammt, Rodney«, zischte der Junge namens Roy, und seine Augen waren weit
aufgerissen und brannten, als habe er eine Uzi unterm Tisch oder so was. »Was
muss man denn tun, um mit diesen Leuten klarzukommen?«
Rodney
seufzte schwer und legte sein Rippchen hin, als sei er zu traurig, um zu essen,
seine Hände fielen verzweifelt in seinen Schoß, und Strike dachte: >Jetzt
gehts los.<
»Yo, Roy,
das ist die falsche Frage. Die Frage ist, was musst du tun, um mit dir selbst
klarzukommen. Das hat mit denen nichts zu tun. Du bist es.
Du musst dir sagen: He«, er zählte an seinen Fingern ab, »ich bin
Geschäftsmann, ich verkaufe, ich treibe Handel, ich setze Waren um, ich gehe
Risiken ein, ich mache Überstunden, ich habe in der Öffentlichkeit zu tun, und
ich mach all dies gut. Deshalb hab ich ein solch
Weitere Kostenlose Bücher