Price, Richard
warst
brav heute.«
Strike
wandte sich ab, reckte seinen Kopf, sein Kinn reichte fast bis ans Wagendach,
und er unterdrückte ein weiteres Lächeln. »Alle mögen A-Andre, Andre ist für
die Leute da.« Er versuchte, sarkastisch zu klingen, versuchte, nicht
zuzugeben, dass dies so fröhlich und hoffnungsvoll war, wie es für ihn nur
werden konnte.
***
Als Rocco
am Montagnachmittag ins Büro kam, sah er, dass ein Artikel über die Verhaftung
im Fall Darryl Adams ans Schwarze Brett der Mordkommission geheftet war. Sein
Name wurde zweimal erwähnt; normalerweise gab ihm das einen kleinen Auftrieb,
doch diesmal sorgte der Artikel nur dafür, ihn daran zu erinnern, wie
entnervend und frustrierend die Befragung gewesen war.
In der
Nacht zuvor, als er Victor Dunham endlich dem County übergeben hatte, hatte
sich Rocco an einen der oberen Wachbeamten, einen Sergeant namens Frank Lopez,
gewandt und ihn gebeten, ein Auge auf den Jungen zu haben. In all den Jahren
hatte Rocco ab und an Lopez oder irgendeinen anderen Kollegen im Knast angerufen
und darum gebeten, dass ein Eingelieferter mit einem bestimmten Informanten in
eine Zelle kam oder dass ein besonders übler Bursche einen Albtraum von
Zellengenossen bekam, aber letzte Nacht war es das erste Mal gewesen, dass
Rocco jemals einen Wachbeamten gebeten hatte, für ihn als Babysitter
einzuspringen und einem Mörder, der gestanden hatte, den Rücken freizuhalten.
Angesicht des persönlichen Hintergrundes des Jungen schien das angemessen zu
sein.
Als er mit
Mazilli auf dem Weg zum Abendessen war, parkte Rocco eine Minute vor dem
Gerichtsgebäude und ging die Treppe hinab zum Erkennungsdienst, um sich eine
Kopie von Dunhams Stammbaum für die Mordakte zu besorgen. Der Erkennungsdienst
befand sich im Keller des Gerichtsgebäudes, unterhalb der ebenerdigen
Polizeigarage. Es handelte sich um eine trostlose Antiquität eines Büros mit
mintgrüner Ölfarbe an den Wänden und einer uralten Waage, die früher einmal Größe und Gewicht von jungen
Taugenichtsen wie Carmine Galante, Frank Costello und Longy Zillman bestimmt
hatte, damals, als der >Umgang mit einschlägig bekannten Italienern< in
Dempsy noch als Verbrechen gegolten hatte.
Rocco ging an den brusthohen Tresen, der die Zellen und
die Fingerabdrucknahme von einem Durcheinander aus abgearbeiteten
Schreibtischen und uralten Aktenschränken trennte. Er grüßte kurz Bobby Bones.
Der König der Identifizierung hielt allein die Stellung, saß hinter einer
Schreibmaschine und aß ein Sandwich.
Bones trat Rocco Bauch an Bauch an der Schranke
entgegen und verschränkte die Arme wie ein Torwart. »Schieß los.«
»Victor Dunham.«
Die Krähenfüße in Bones' Augenwinkel verwandelten sich
in Sternenexplosionen. »Wer?« Sein Mund stand ihm vor Verwirrung offen, und ein
halbmondiges Stückchen gelber Käse klebte ihm am Kinn.
»Victor Dunham.«
Bones fuhr zurück und strich sich übers Haar. »Hat er
einen Spitznamen?«
Rocco zuckte mit den Schultern. »Dunham, Victor Dunham
...«
Rocco beobachtete, wie Bones' Blick durch den Raum
schweifte, und er wusste, dass es den Burschen verrückt machte, den Namen eines
Kunden nicht in seinem Gedächtnisspeicher vorzufinden.
»Bist du sicher, dass er aus Dempsy ist?«
»Klar.«
»Bist du sicher, dass das sein Name ist?«
Rocco kratzte sich am Kinn. »Tu mir zwei Gefallen,
okay?«
»Sicher.« Bones sah verloren und wütend drein, murmelte
den Namen nochmals vor sich hin und blinzelte über Roccos Schulter, als stünde
der Name irgendwo an der Wand.
»Erstens, schau in den Akten nach, okay?«
»Ja, nun, natürlich«, sagte Bones unglücklich.
»Zweitens,
nimm dir dieses verdammte Stück Käse aus dem Gesicht.«
»Dunham
...« Bones trat zögernd an einen Akt enschrank, und seine Finger zitterten in
Hüfthöhe wie bei einem Revolverhelden.
»Schau
unter D nach.« Rocco beugte sich über den Tresen. »Bitte.«
»Wie wär's
mit Ronald Dunham?«, bot Bones an und klang
wie ein verzweifelter Verkäufer. »Ich hab einen Ronald Dunham ...«
»Bitte.«
Bones
zischte und gab auf, machte sich schließlich an eine Schublade und zog eine
Karteikarte heraus.
»Verdammter
Hurensohn.« Er starrte wütend auf die Karte und fügte sie in sein Gedächtnis
ein. »Victor Dunham ... wer zum Teufel ist dieser Kerl?«
Rocco und
Mazilli saßen bei Screwdrivers und Pizza, und Rocco las einen Ausdruck von
Victor Dunhams Akte. Sie bestand aus einer einzigen Anklage: tätlicher
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