Price, Richard
hatte.
»Futon«, grollte Big Chief leise. Er wandte sich an
Mazilli. »Er sagt, er arbeitet für dich.«
»Ach ja?« Mazilli lächelte, »Klar, er ist mein
Informant.«
»Ich wollte ja woandershin, aber er hat gesagt, ich
soll hierbleiben und auf sein Auto aufpassen. Und dann kam dieser Typ und hat mich
gefragt, ob ich das Glas Süßigkeiten will.«
Rocco grinste. »Siehst du, was du angerichtet hast,
Mazilli?«
»Ist eh nur Backpulver«, sagte Futon halbherzig. »Es
gehört mir nicht mal.«
Big Chief trommelte seine Truppen zusammen und ging,
einen väterlichen Arm um ihn gelegt, mit Futon davon.
»Ruft meine Tante an«, rief Futon seinen Freunden bei
der Bank zu.
»He, Alter«, sagte Rocco, während er neben Big Chief
herlief. »Wo gehst du hin, Erkennungsdienst oder Jugendknast?«
Big Chief blinzelte Futon abschätzend an und sagte
dann: »Jugendknast.«
»Und wo geht ihr dann später hin? Ins Pavonia?«
»Höchstwahrscheinlich«, sagte Thumper und drückte Futon
auf den Rücksitz des Fury. »Wir reden später.«
Als der Fury davonrollte, sah Rocco auf und bemerkte
den Blick einer stämmigen Frau mittleren Alters, die, auf ihre dicken Unterarme
gestützt, aus einem Fenster im zweiten Stock sah.
Die Frau lächelte Rocco an, deutete heimlich einen
Applaus für die Verhaftung an, aber ihre Handflächen berührten sich nicht.
Rocco war überrascht von der Heimlichkeit der Geste: Das war der Dank, den man
bekam, wenn man der Besatzungsarmee angehörte.
Rocco schloss den Chevrolet auf und sah den jungen
Burschen, der sie im Aufzug beobachtet hatte. Er saß auf einer weit herunterhängenden
Parkkette und hielt ein Vanille-Yoo-Hoo in der Hand. Rocco verengte die Augen
und deutete mit einem anschuldigenden Finger auf ihn. »Wer ist Mister Big?«
Der Junge grinste und wandte den Blick in schüchterner
Freude ab, und Rocco dachte: >Na, vielleicht hassen uns nicht alle.<
Jemand hatte im Büro eine >Daily News< auf Roccos
Schreibtisch liegen gelassen. Die Zeitung war auf der Gesellschaftsseite
aufgeschlagen, auf der ein Foto von Sean Touhey und einer Frau bei einer
Wohltätigkeitsveranstaltung zu sehen war. Neben dem Foto befand sich eine
Zeichnung von Aquaman, der breitbeinig und mit überkreuzten Armen in seinem
fischschuppengemusterten Kostüm dastand. Der Begleittext unter der Schlagzeile
berichtete darüber, dass der Schauspieler gerade grünes Licht für
>Aquaman< erhalten habe, und zitierte Touhey mit den Worten, dass dieser
Film nicht einfach nur eine weitere Superhelden-Fortsetzung sei.
»Denken Sie bloß an all die ökologischen Fragen rund
ums Meer. Ölverseuchung, Waljagd, Giftmüllverklappung, Delphinsterben ... Das
hier wird kein Comic-Heft.«
»Blödes Arschloch«, murmelte Rocco, warf einen Blick
quer durchs Büro auf das Schwarze Brett und dachte: >Nun, ich bin auch in
der Zeitung.<
Er beruhigte sich und drehte sich langsam zu Mazilli
um. »Aquaman ... hast du mir das auf den Schreibtisch gelegt?«
»Was schaust du mich an?« Mazilli steckte sich eine
Zigarette in den Mund, um ein Lächeln zu verbergen, und griff nach dem Telefon.
Rocco besah sich noch einmal das Foto von Touhey. Er
schnitt die Zeichnung von Aquaman sorgfältig aus und klebte sie dann auf seinen
Schreibtisch, als Erinnerung daran, dass man mit dreiundvierzig besser keine
Pläne mehr machte. Mit dreiundvierzig war alles gelaufen. Alles, was er noch
erreichen konnte, war ein wenig Feinabstimmung und eine Gehaltserhöhung im
Nebenjob.
Rocco saß mit im Schoß gefalteten Händen da, starrte
das Foto von Touhey an und schaukelte geistesabwesend auf seinem Stuhl.
Hinter ihm summte Mazilli tonlos, als er begann, den
Bericht ihres Besuchs bei Victor Dunhams Frau zu verfassen. Mazilli war der bessere
Schreiber und kümmerte sich normalerweise um die Berichte; er war auch der
bessere Jäger. Rocco war der mit dem glücklichen Händchen, der
Befragungskünstler, der Geständniskönig. Sie waren vor langer Zeit zu dieser
ehrlichen Arbeitsteilung gekommen, inzwischen seit acht Jahren Partner, und
als Rocco das Bild mit dem grinsenden Filmstar betrachtete, begriff er
plötzlich, dass alles, was sich in seinem Leben im Augenblick angestaut hatte,
niemals durch irgendeine Art Ehre oder Ruhm oder Anerkennung von anderen
heilen würde, sondern dass die Heilung aus dem Leben kommen musste, das um ihn
herum war - von seiner Arbeit, seinem Partner, seiner Familie. Es ging nur
darum, einige kleine Geschenke zu finden, die die
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