Price, Richard
zog Rocco ungeduldig am Ärmel.
Rocco zog zwei Visitenkarten aus der Tasche und legte
sie auf den Fernseher.
»ShaRon, was glauben Sie, was passiert ist?« Sie nickte langsam in Richtung
Bildschirm. »Er behält immer alles für sich. Ich weiß es nicht.«
Rocco ignorierte ein zweites Ärmelzupfen von Mazilli.
»Mrs Dunham?«
»Tagamet. So heißt das Mittel, das ihm der Doktor
verschrieben hat.« Sie starrte Rocco an, und ihre ausgetrockneten Augen sahen
aus, als würden sie ihr gleich aus dem Kopf springen.
»Tagamet«, grummelte Rocco, immer noch verhext von dem
Gesicht der älteren Frau und von dem Schmerz, der sich darin gespiegelt hat.
»Ich denke, sie weiß was. Sie hatte diesen Blick.«
»Strike«, sagte Mazilli leise und schlug im Rhythmus
zum Pochen der knirschenden Zahnräder geistesabwesend mit dem Hinterkopf gegen
die Fahrstuhlwand.
»Was ist mit ihm?«
»Strike ...«
»Kennst du den Burschen?«
»Er ist ein nichtsnutziges, arrogantes, kleines Stück
Dealerscheiße, tut immer so, als könnte er kein Wässerchen trüben. Bis vor
einem Jahr oder so hat er in Rodneys Laden gearbeitet. Aber er ist befördert worden. Jetzt hat er diese Crew am Laufen, da hinten,
wo wir den Wagen stehengelassen haben. Wahrscheinlich ist er im Augenblick
dort.«
»Also muss er diesen Darryl Adams gekannt haben,
richtig? Hat der nicht auch früher in Rodneys Laden gearbeitet?«
»Stimmt. Ich hab die beiden das ganze letzte Jahr über
da drin gesehen.«
»Also, wenn diese Burschen Brüder sind, Victor und
Strike, und der eine hat mit dem Opfer bei Rodney gearbeitet ...« Rocco fuchtelte
mit seinen Händen herum. »Also, was hältst du davon? Glaubst du, das könnte 'ne
Drogengeschichte sein?«
Mazilli zuckte mit den Schultern. »Ja, vielleicht ist
dieser Victor ein Killer«, sagte er gedehnt, »ein stilles Wasser von Killer.«
»Null Null Sieben«, lachte Rocco.
Sie traten hinaus in die Nacht und gingen zum Wagen
zurück.
»Also, Maz, wenn du diesen Bruder siehst, wie heißt er
gleich, Strike, willst du ihn mit ins Büro nehmen? Mit ihm reden?«
»Nein, nicht jetzt gleich. Lass mich erst noch einen
weiteren Versuch bei Rodney starten ...«
Als Rocco und Mazilli wieder zu den Bänken kamen, war
dort der Teufel los. Big Chief legte Futon Handschellen an, Slick und Crunch
schüttelten weggeworfene Papiertüten auf der Suche nach Ampullenverstecken
aus, und Thumper steckte in einem rotgesichtigen Brüllwettbewerb mit einer
fetten Lady in einem Hauskittel; beide gestikulierten wild herum und blökten
sich an, während die Menge um sie herumwogte und das Spektakel mit
rotunterlaufenen Augen verfolgte.
Rocco und Mazilli standen daneben und besahen sich die
Show.
»Der Junge hat niemandem was getan, er ist doch nur ein
Junge.« Die fette Lady bebte vor Zorn.
»Wer zum Teufel hat dich denn gefragt?«, krächzte Thumper und beugte sich zu ihr
vor.
»Niemand hat mich gefragt, ich sag's Ihnen einfach!«
Thumpers Augen verengten sich zu Schlitzen. »Du
verschwindest besser auf der Stelle aus meinen Augen, sonst werd ich dich, verdammt
nochmal, gleich mit einlochen.«
»Sie wollen mich verhaften! Sie wollen mich verhaften!«
Thumper wandte ihr den Rücken zu und ging davon, und
Rocco las aus seinem Gesicht, wie sehr ihn die ganze Auseinandersetzung
anwiderte.
»Was haben Sie gesagt?« Die Lady fing an, hinter ihm
herzulaufen, aber Big Chief stellte sich ihr in den Weg, während ihre Freunde
sie umringten, ihr zuredeten und Thumper böse Blicke zuwarfen. »Was denkt er
eigentlich, wer er ist«, brüllte sie. »Wofür wollen Sie mich verhaften, weil
ich meine eigene Meinung habe?«
»Weil du ein loses Mundwerk hast«, gab Thumper zurück.
Big Chief griff sich Thumpers Arm, grummelte: »Beruhige
dich endlich«, winkte zu der Menge hinüber, sah Rocco und Mazilli und verzog
das Gesicht.
»Fetter verdammter Wal«, murmelte Thumper außer sich
vor Wut.
Mazilli schlenderte zu Futon hinüber, der in
Handschellen an einem Zaun lehnte. »Was zum Teufel hast du angestellt«, sagte
Mazilli und klang amüsiert.
»Schau dir das mal an.« Big Chief hielt das
Gummibärchenglas ausgestreckt, drehte den doppelten Boden auf und brachte vier
Ampullen mit purpurfarbenen Stopfen zum Vorschein.
»Ich hab nichts davon gewusst«, sagte Futon mit langem
Gesicht. »Jemand hat mich gefragt, ob ich wohl was Süßes mag.«
»Ach, halt doch die Fresse«, warf Thumper ein, der den
Brüllwettbewerb immer noch nicht ganz verdaut
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