Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
Vom Netzwerk:
um die Augen - ein gutaussehendes Mädchen. Es hatte einen Arm um den Hals
seines Freundes geschlungen, eines grobgesichtigen stämmigen Blonden mit dicken
Lippen und buschigen Augenbrauen. Der Kamerablitz hatte ihnen rote Pupillen
verpasst, so dass sie beide wie von Geistern besessen aussahen, und Rocco
spürte, dass er daraufbrannte, den Burschen kennenzulernen und ein paar Takte
mit ihm zu plaudern.
    Der >Ahab's<-Mord drohte bereits kalter Kaffee zu
werden. Mazilli war nun völlig aus dem Fall raus, und Rocco musste hart am Ball
bleiben, wenn er in der Sache etwas erreichen wollte. Es war jetzt fünf Uhr
nachmittags; dem Autopsiebericht zufolge war das Mädchen letzte Nacht gegen
zehn Uhr umgebracht worden. Rocco beschloss, mit seiner Überprüfung um sieben
zu beginnen, weil er annahm, dass der Killer den Schnaps vermutlich zwischen
acht und neun Uhr gekauft und sich gleich in Richtung Friedhof aufgemacht
hatte.
    Rocco griff nach seinem Schlüsselbund und ging zur Tür
hinaus; er hatte sich ausgerechnet, dass er noch ein paar Stunden totzuschlagen
hatte, Zeit genug, diesen Strike zu überprüfen, seine Fährte aufzunehmen und
dann zu entscheiden, ob er seiner Eingebung folgen oder das Ganze vergessen
sollte. Während er zur Roosevelt-Siedlung fuhr, erinnerte er sich an
Bruchstücke seines demütigen Gebrabbels vom Vorabend: die Kükenstory, um
Himmels willen. Er versuchte sich daran zu erinnern, ob er sich bei
Patty entschuldigt hatte oder nicht, und dachte dann: Entschuldigen, wofür?<
    Er fuhr
zur Roosevelt-Siedlung und parkte einen halben Block von den Bänken entfernt in
zweiter Reihe. Er bemerkte, dass eine unruhige Stille herrschte, und er
wusste, dass er keinen einzigen Deal sehen würde, selbst wenn er sechs Stunden
hier herumsaß, obwohl seiner Schätzung nach mindestens vier oder fünf Jungs
entweder Stoff bei sich hatten oder auf Kundschaft warteten, um aus einem
zentralen Versteck heraus zu verkaufen.
    Zuerst
dachte er, der Junge auf der Rücklehne der Bank sei Victor Dunham; überrascht
fragte sich Rocco, woher der Junge die Kaution hatte. Rocco beugte sich ein
wenig vor, sah etwas genauer hin und bemerkte, dass es sich tatsächlich um
Victors Bruder handelte, Ronald Dunham, genannt Strike. Erstaunlich, wie sehr
sich die Brüder ähnelten, nicht so sehr, was ihr tatsächliches Aussehen
anging, vor allem in ihrer Haltung und Aura - dieselbe kleine vogelknochige
Erscheinung, derselbe gereizte Gesichtsausdruck, hellwach und voller Trauer,
als seien sie dafür verantwortlich, irgendeine obskure, aber endlose Krise zu
überwachen.
    Er fuhr
bis an die Bänke heran, und alle Blicke waren jetzt auf ihn gerichtet. Er stieg
aus und warf die Wagentür hinter sich zu, aber statt direkt zu der Drogencrew
zu marschieren, machte er einen kleinen Umweg zu der durchhängenden Kette, die
das Gras umgab. Dieser aufgeweckte Bengel von elf, zwölf Jahren saß immer noch
da, nach vorn gebeugt und schaukelnd, genau wie beim letzten Mal.
    »Ich
dachte, ich hätte dir gesagt, dass du aus der Stadt verschwinden sollst«,
grollte Rocco und warf ihm einen flackernden Blick zu. Der Junge drehte den
Kopf zur Seite, ohne zu antworten, und Rocco rückte seinen Schlips zurecht und
schlenderte zur Bank hinüber. Ein sonderlich gutes Gefühl gab ihm sein Alleingang
sowieso nicht, und als Ronald Dunham eine schnelle Bewegung zur Taille hin
machte, hatte Rocco einen echten >Au, Scheiße<-Moment. Aber dann zog der Bursche nur einen Schlüsselring mit einer
lächerlich großen Anzahl Schlüssel aus der Hosentasche, und Rocco entspannte
sich ein wenig.
    »Wie geht's, Jungs?« Rocco stand vor der mittleren
Bank, wippte auf den Fußballen und klimperte mit dem Kleingeld in der Tasche.
Ein halbes Dutzend Teenager starrte ihn maulaffig an, ohne die Kiefer
auseinanderzubringen.
    Rocco wandte sich an Victors Bruder. Er weigerte sich,
ihn Strike zu nennen: Er hasste es, irgendeinen ihrer Straßennamen zu verwenden.
Genauso gut hätte man ihnen den Arsch küssen können.
    »Bist du Ronnie Dunham? Ich bin Rocco Klein von der
Mordkommission, hast du mal einen Augenblick Zeit für mich?«
    Rocco winkte Strike mit leicht angewinkeltem Arm zu
sich heran und ging dann mit ihm zum Gehsteig, immer noch in Sichtweite von
seinen Freunden auf den Bänken. Das war ein guter Platz für ein lockeres
In-die-Mangel-Nehmen; wenn er hier stand, war aller Handel unterbunden, und dem
Jungen würde es auch nicht gefallen, die Augen der anderen auf sich zu wissen.
Ein

Weitere Kostenlose Bücher