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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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im Raum, nicht unangenehm, er war einfach nur da, irgendwas
zwischen Teeblättern und Blumenarrangements, und Rocco spürte ein leises
Kratzen im Hals.
    Zwei Personen arbeiteten in dem Laden, eine Frau, die
im Hintergrund Kochbücher sortierte, und ein kleiner, ziegenbärtiger puertoricanischer
Junge in Blazer, gestreiftem Schlips und holzkohlefarbenen Hosen. Der
Hemdkragen des Jungen war ausgefranst, und er lehnte ungemütlich an einem Regal
mit Kimonos. Rocco nahm an, dass es sich bei ihm um Victors Ersatzmann
handelte.
    »Hi!« Die blonde Frau grüßte Rocco derart
überschwänglich, dass er sich eine Sekunde fragte, ob sie wohl schon mal
miteinander ausgegangen waren. Sie war winzig, die ideale Größe für den Raum.
    »Wie geht's?« Roccos Blick fiel auf einen Bastkorb
voller glatter grünschwarzer Steine.
    »Gut! Womit kann ich Ihnen dienen?«
    Rocco zog sein Abzeichen hervor und beäugte einen
Kimono in Kindergröße an der Wand, der sechzig Dollar kosten sollte. »Ich bin
Rocco Klein vom Dempsy County -«
    Sie schnitt ihm das Wort ab. »Verdammt, der arme Kerl. Sagen Sie nichts,
er war so ein guter Junge. Ich kann es immer noch nicht fassen.«
    Rocco zögerte und fragte sich, ob sie sich auf Victor
bezog oder auf das Opfer.
    »Sind Sie die Besitzerin?«
    »Ja, Kiki Cord.« Sie reichte ihm die Hand.
    »Kannten Sie ihn gut? Victor?«
    »He, sehen Sie, wie klein es hier ist? Wir waren
dreißig Stunden die Woche hier zusammen.«
    »Also kannten Sie ihn gut.«
    »Schauen Sie, ich weiß nicht, wie gut man irgendeinen von diesen Burschen kennen kann,
aber Victor, wissen Sie, war ein guter Kerl, ein Gentleman und guter Kerl.«
    »Nun, ich möchte Sie mal was fragen. Ich arbeite ein
wenig am Hintergrund, wir versuchen, hier ein bisschen was zusammenzusetzen.
Wie oft war er zu spät zur Arbeit, kam er jemals zu spät zur Arbeit?«
    »Zu spät?« Sie verzog das Gesicht. »Schweizer
Präzision, der Bursche.«
    »Hatten Sie ihn je im Verdacht, dass er stehlen würde?«
Sie beantwortete die Frage mit einem verachtenden Blick. »Haben ihn die anderen
Angestellten je beim Klauen erwischt?«
    »Welche anderen?« Sie lachte. »Ich kann mir nicht mal
mich selber leisten.«
    Rocco lächelte verständnisvoll. »Hat er je jemanden
beim Diebstahl erwischt und dann laufenlassen?«
    »Sie meinen, ob er mit irgendjemandem unter einer Decke
steckte? Das würde mir das Herz brechen.«
    Ein halbes Dutzend Bonsaibäumchen stand neben der
Registrierkasse; Rocco war für einen Augenblick durch ihre Zartheit abgelenkt.
    »Bonsai«, sagte sie, als sie seinen Blick bemerkte.
    »Ja, das haben sie doch gerufen, wenn sie ihre
Flugzeuge auf die Kriegsschiffe krachen ließen, richtig?«
    »Das ist Banzau, korrigierte sie ihn höflich.
    Rocco lächelte sie verkrampft an und sah dann auf den
endlosen Strom der halbtoten Läufer hinaus. Er schwitzte stark.
    »Hatte Victor je Besuch?«
    »Nein.«
    »Hat ihn jemals irgendwer abgeholt?«
    »Nein.«
    »Hat er sich jemals mit irgendwem angefreundet, einem
Kunden?«
    »Nein.«
    Rocco zog ein paar Fahndungsfotos aus der Tasche,
Strike zuerst. »Haben Sie je diesen Typen hier gesehen?«
    »Nein.«
    Dann Rodney. »Den?«
    »Nein, und ich hoffe, ich werd's auch nie.«
    Dann Darryl Adams' Arbeitsausweis. »Wie steht's mit
dem?«
    »Nein.«
    »In
Ordnung.« Rocco steckte die Fotos wieder ein und besah sich den puertoricanischen
Burschen. Er war so still und leise, dass Rocco ihn ganz vergessen hatte.
    »Er hat
gestern erst angefangen«, flüsterte Kiki.
    »Ja? Ich
möchte Sie mal was fragen. Wie sind Sie auf Victor gestoßen? Sie haben ihn
nicht über eine Agentur bekommen, richtig?«
    Sie warf
Rocco einen Blick zu.
    »He, ich
bin nicht von der Steuerfahndung.«
    »Schreiben
Sie darüber einen Bericht?«
    »Wenn, dann
lasse ich diesen Teil aus. Ich will Ihnen keinen Ärger bereiten. Sie reden mit
mir, und ich weiß das zu schätzen.«
    »Ich ...
ich kümmere mich nicht um die Steuer.« Ihre Stimme wurde leise. »Ich lebe in
Newport City, Sie wissen schon, die Neubausiedlung in Jersey City?«
    »O ja, da
ist es hübsch.«
    »Na ja.«
Ihre Stimme wurde noch leiser. »Eines Abends letztes Jahr jogge ich im Liberty
State Park, da kommt dieser Bursche vorbei, schlägt mich nieder, fängt an, Sie
wissen schon ... da waren mindestens zwei Männer, die das sahen, und beide
gingen einfach weiter. In der Zwischenzeit versucht der Typ, mich ins Gebüsch
zu zerren, und ich schreie. Und ein paar Minuten lang passiert nichts,

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