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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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Und wie willst du darauf antworten?
Willst du lügen? Oder willst du die Anklage ins Wanken bringen?«
    Rocco spürte, wie ihn ein kalter Schauer durchlief. Aus
diesem Blickwinkel hatte er die Sache noch nicht betrachtet. »He, ich werd
damit klarkommen, du kennst mich. Wenn eins zum anderen kommt, dann werden sie
mich am Hintern packen und in O'Brien auf Streife schicken. Na und? Sechs
Monate später bin ich wieder Detective. In dieser Stadt wird keiner
fertiggemacht, weil er einen Fall versaut. Ich werd ein paar Dinnereinladungen
für hundert Dollar pro Nase verteilen und in Nullkommanichts wieder in meinem
Sportjackett stecken.«
    Jimmy sah ihn sorgenvoll an. »Okay, Rocco, hör mal.
Lass mich drüber nachdenken, okay? Ich mein, ich halte dich für'n Arsch, du
hältst mich für 'nen Schwanzlutscher, aber davon mal abgesehen kennen wir uns
ziemlich lange, und, ahm, wir kleben irgendwie aneinander ...« Jimmy presste
seine gespreizten Finger gegeneinander. »Wir sind das Rückgrat bei der Sache,
weißt du, was ich meine? Wir ... wenn die Dinge um uns herum laufen sollen, du
weißt schon, die Gesellschaft, dann ist es wichtig, dass du tust, was du tust,
und ich tue, was ich tue, verstehst du?«
    »Jimmy.« Rocco legte eine Hand auf dessen Arm. »Du
langweilst mich zu Tode.«
    Jimmy lachte, und eine leichte Röte stieg in seine
Wangen. »Okay. Alles, was ich sagen will, ist, lass mich drüber nachdenken,
denn wenn ich okay sage und du die Sache versaust, ist das dein Hintern. Und
dann habe ich keine andere Wahl, als hinter dir her zu sein, und dann käme ich
mir ziemlich schäbig vor.«
    Rocco zögerte; die Tatsache, dass Jimmy sich größere
Sorgen um Roccos Haut als um seine eigene oder gar die seines Klienten machte,
ließ die Frage aufkommen, ob er hier nicht einen Riesenfehler machte. Jetzt,
wo der Deal kurz vor dem Abschluss stand, war sich Rocco gar nicht mehr so
sicher, ob er die Sache durchziehen sollte.
    Rocco grub seine Gabel in die Nudeln und ließ sie dort
als kahlen Fahnenmast stecken. »Jimmy, ich sag dir was. Lass mir ein paar Tage
Zeit, lass mich noch ein wenig über diesen Victor rausfinden. Wenn ich mit
irgendwas Negativem auftauche, dann mache ich nen Rückzieher, aber wenn ich immer noch das Gefühl habe, das ich jetzt habe, lässt du mich
mit ihm zusammenkommen, und du kriegst alle meine Zeugenaussagen über seinen
Charakter, all den Bürger-Victor-Quatsch, den ich ausgraben kann, alles. Das
ist so, als ob ich für dich arbeiten würde, und du weißt, ich bin verdammt nochmal ein sechsmal besserer
Ermittler als irgendeiner der Clowns im Büro der Verteidigung.«
    Rocco dachte über das Geschäft nach, das er gerade
vorgeschlagen hatte: einfach so aus dem Hut gezogen, gar nicht übel.
    »Jimmy.« Rocco streckte seine nach oben gedrehten Hände
aus und zog die Schultern hoch. »Ich bitte dich. Komm, gib mir eine Chance.«
     
    Rocco, der darauf bedacht war, seine eigenen Zweifel an
Victors Unschuld auszuräumen, hatte sich vom Restaurant aus krankgemeldet, und
nun, zwei Stunden nachdem er mit Jimmy Newton in Dempsy sein Brot gebrochen
hatte, saß er unter einem Cinzano-Sonnenschirm auf der Columbus Avenue in New
York, einen Wodka Collins vor seinen gefalteten Händen, gegenüber vom >To
Bind an Egg<, dem Laden, wo Victor als Wachmann gearbeitet hatte.
    Im Central Park musste gerade ein Marathon zu Ende
gegangen sein, denn es schien, als würde jede dritte Person auf der Straße
kurze Hosen und Sportschuhe mit Waffelsohlen tragen. Die Läufer, in
Thermodecken gehüllt, die mit einem Schachbrettmuster aus >Big
Apple<-Logos und Lemon-Pledge-Flaschen bedruckt waren, stolperten mit
schmerzerfüUten, aber glücklichen Gesichtern an ihm vorbei. Rocco sah ihnen zu,
verfluchte New York und den Gesundheitsfimmel seiner Bewohner.
    Verlegen wegen seiner eigenen körperlichen Verfassung,
drückte er sich vom Tisch hoch und trottete durch den Verkehr zu dem Geschäft.
Er verrenkte sich beinahe ein Handgelenk, als er die verschlossene Tür
aufdrücken wollte, und erschrak ein wenig bei dem verzögerten Summen des
elektronischen Türöffners.
    >To Bind an Egg< war etwa so groß wie ein
mittelgroßes Gästezimmer. Es war, als betrete man eine orientalische
Wunschtruhe: Es gab kaum Platz, sich zu rühren, und selbst die Wände waren bis
an die Decke mit T-förmig ausgebreiteten Kimonos behängt, die kreuz und quer
angepinnt waren wie ein Schwarm Winddrachen, die mitten im Flug erstarrt waren.
Ein leichter Duft hing

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