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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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solchen, sondern sprang sofort aus dem Sattel, trat unter die Offiziere und begann ein angelegentliches, doch vertrauliches Gespräch. Was unserem Freund, dem Tagebuchschreiber, am meisten auffiel, war seine besondere Vorliebe, sich mit Major Murray zu besprechen; aber in der Tat war eine solche Bevorzugung, solange nicht eine Absicht hervortrat, keineswegs unnatürlich. Die beiden Männer waren für gegenseitige Zuneigung wie geschaffen; sie waren Männer, welche ›ihre Bibeln lasen‹, sie waren beide Offiziere vom alten protestantischen Schlage. Wie dem auch sei, soviel ist sicher, daß der General, als er wieder zu Pferd stieg, noch in ernstlichem Gespräche mit Murray weilte, und daß, als er mit seinem Pferde langsam zum Flusse hinabstieg, der große Ulstermann noch in ernstlichem Gespräche neben seinem Zügel einherschritt. Die Soldaten beobachteten die beiden, bis sie hinter einer Baumgruppe verschwanden, von wo aus sich der Weg zum Flusse hinabwand. Der Oberst war zu seinem Zelte zurückgekehrt und die Leute zu ihren Abteilungen; der Mann mit dem Tagebuch verweilte noch vier Minuten und sah etwas ganz Wunderbares.
    »Das große weiße Pferd, welches langsam den Weg hinabstieg, wie es dies in so vielen Aufzügen getan hatte, riß nach rückwärts aus und galoppierte zurück, ihnen entgegen als wollte es ein Wettrennen gewinnen. Anfangs glaubte man, es sei mit seinem Reiter durchgegangen, doch bald sah man, daß der General, ein gewandter Reiter, es selbst zu vollem Galopp anspornte. Roß und Reiter jagten wie ein Wirbelwind daher, dann rief der General flammenden Gesichts und die Zügel straff anziehend dem Obersten mit einer Stimme zu, die wie die Posaune des Weltgerichtes klang.
    »Ich kann mir vorstellen, daß nun all die erschütternden Umstände dieser Katastrophe wie ein zusammenstürzendes Baugerüst auf das Denkvermögen solcher Leute wie unseren Tagebuchschreiber niederprasselten. Mit der wirren Erregung eines Träumenden sahen sie sich in Reih und Glied fallen – buchstäblich fallen – und hörten, daß sofort über den Fluß hinüber angegriffen werden müsse. Der General und der Major, so hieß es, hatten an der Brücke irgend etwas festgestellt und es war eben noch Zeit, um noch auf Leben und Tod zu kämpfen. Der Major hatte sich unverweilt auf der Straße entfernt, um die Reserven heranzurufen, aber es war fraglich, ob die Hilfe noch zur rechten Zeit eintreffen konnte. Die Nacht noch mußte der Fluß überschritten und am Morgen der Sturm auf die Höhen unternommen werden. Und mit dem Wirrwarr und Durcheinander dieses romantischen Nachtmarsches bricht das Tagebuch plötzlich ab.«
    Father Brown war vorangeschritten, denn der Waldweg wurde schmäler, steiler und gewundener, wie wenn er eine Wendeltreppe hinaufführte, so daß jetzt die Stimme des Priesters von oben herab aus dem Dunkel ertönte.
    »Noch eine unscheinbare Ungeheuerlichkeit geschah. Als der General sie zu ihrem ritterlichen Angriffe drängte, zog er seinen Säbel halb aus der Scheide und wie beschämt von einer solchen schönen Geste stieß er ihn wieder zurück. Sie sehen, wiederum das Schwert!«
    Schwaches Licht brach durch das Netzwerk des Gezweiges über ihnen, und warf ihnen selbst ein gespenstiges Netz um die Füße, denn sie stiegen nun wieder zur matten Helle der nackten Nacht hinan. Flambeau empfand Wahrheit ringsum wie eine Atmosphäre, aber nicht wie eine Idee. Er antwortete verwirrt: »Nun, was ist denn eigentlich los mit dem Schwert? Offiziere tragen doch gewöhnlich ein solches, nicht?«
    »Man erwähnt sie nicht oft im modernen Kriege,« versetzte der andere gleichgültig, »aber in dieser Geschichte stolpert man immer und überall über das verwünschte Schwert.«
    »Nun, und was ist denn dabei Schlimmes?« brummte Flambeau. »Es war ein ganz alltäglicher Zwischenfall, daß das Schwert des Alten in seiner letzten Schlacht zerbrach. Man konnte darauf wetten, daß die Zeitungen so etwas ausbeuten würden, wie sie es auch taten. Auf all diesen Grabmälern und dergleichen, ist es abgebildet mit seiner abgebrochenen Spitze. Ich hoffe, Sie haben mich nicht auf diese Polarexpedition mitgeschleppt, nur weil zwei Männer von geschultem Auge St. Clares zerbrochenes Schwert gesehen haben?«
    »Nein,« schrie Father Brown mit einer Stimme, so scharf als käme sie aus einer Pistole geschossen, »aber wer hat sein unzerbrochenes Schwert gesehen?«
    »Was meinen Sie damit?« rief der andere und blieb im Lichte der Sterne

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