Priester und Detektiv
Pferde und mit zerbrochenem Schwerte uns gegenüber.‹ Über das, was mit dem General dann weiter geschah, schweigt sich Olivier ebenso aus, wie Hauptmann Keith.«
»Gut,« brummte Flambeau, »gehen wir zum nächsten Gewährsmanne über.«
»Den nächsten zu finden,« sagte Father Brown, »brauchte Zeit, um so weniger wird es brauchen, davon zu erzählen. Ich fand in einem Armenhause im Lincolnshire-Moore endlich einen alten Soldaten, der nicht nur am Rio Negro verwundet worden war, sondern tatsächlich neben dem Oberst des Regiments gekniet hatte, als dieser starb. Dieser letztere war ein gewisser Oberst Clancy, ein Riese von einem Irländer, und es scheint, daß er fast ebensosehr aus Wut wie von den feindlichen Kugeln starb. Jedenfalls trug er keine Verantwortung für diesen lächerlichen Überfall, er muß ihm vom General aufgezwungen worden sein. Seine letzten erbaulichen Worte waren nach der Aussage meines Gewährsmannes: ›Und dort steht der verfluchte alte Esel mit seinem abgeschlagenen Schwerte. Wäre es lieber sein Schädel!‹ Es muß Ihnen auffallen, daß alle diesen Umstand des zerbrochenen Schwertes vermerkt zu haben scheinen, obwohl die meisten darin etwas Achtungswerteres erblicken, als der verstorbene Oberst Clancy. Und nun zum dritten Bruchstücke.«
Ihr Waldpfad begann anzusteigen und der Erzähler hielt ein wenig an, um Atem zu schöpfen, ehe er weiter schritt. Dann fuhr er in demselben geschäftsmäßigen Tone fort:
»Erst vor ein paar Monaten starb in England ein brasilianischer Beamter, der mit Olivier in Streit geraten war und sein Land verlassen hatte. Er war hier sowohl wie auf dem Festlande eine wohlbekannte Erscheinung, ein Spanier namens Espado. Ich habe ihn selbst gekannt, ein alter Geck mit gelbem Gesichte und einer Adlernase. Aus Gründen persönlicher Natur hatte ich Erlaubnis, die von ihm hinterlassenen Dokumente einzusehen. Er war natürlich Katholik und ich war während seiner letzten Stunden bei ihm. Es gab nichts unter seinen Sachen, was irgendwie über die dunkle Geschichte neues Licht verbreiten hätte können, außer fünf oder sechs gewöhnliche Schreibhefte, angefüllt mit den Tagebuchaufzeichnungen eines englischen Soldaten. Ich kann nur vermuten, daß es von den Brasilianern bei einem der Gefallenen gefunden wurde. Jedenfalls brach es am Vorabende der Schlacht plötzlich ab.
»Doch der Bericht über jenen letzten Tag im Leben dieses armen Burschen war wirklich des Lesens wert. Ich habe ihn bei mir, aber es ist zu dunkel, um ihn hier zu lesen und ich will ihn im Auszuge erzählen. Der erste Teil der Eintragungen ist mit Scherzen gespickt, die wie es scheint seitens der Leute jemand zum Gegenstand hatten, den man den Geier nannte. Es hat nicht den Anschein als ob diese Person, wer sie auch gewesen sein mag, einer unter ihnen, noch überhaupt ein Engländer gewesen sei; auch ist von ihm nicht wie von einem Feinde die Rede. Es klingt vielmehr, als war es irgend eine dort ansässige Zwischenperson, ein Nichtkämpfer; vielleicht ein Führer oder Journalist. Er hat mit dem alten Oberst Clancy eine geheime Unterredung gehabt, wurde aber öfters noch mit dem Major im Gespräche gesehen. In der Tat tritt der Major in der Erzählung des Soldaten ziemlich hervor, ein hagerer, dunkelhaariger Mann, anscheinend ein gewisser Murray, Nordirländer und Puritaner. Es finden sich fortwährend Scherzworte über den Gegensatz zwischen der Strenge dieses Ulstermannes und Oberst Clancys Gemütlichkeit. Auch einige Witze über den Geier stehen darin, der sich in lebhafte Farben gekleidet trug.
»Doch all diese Tändeleien sind verscheucht, man möchte fast sagen durch den Ton eines Jagdhornes, hinter dem englischen Lager und fast gleichlaufend mit dem Flusse zog sich eine der wenigen Hauptstraßen dieses Bezirkes hin. Gegen Westen bog sie zum Flusse ab, über den die vorerwähnte Brücke führte. Ostwärts zog sich der Weg nach der Wildnis zurück und etwa zwei Meilen entfernt stand zu seiner Seite der nächste englische Vorposten. Aus dieser Richtung kam an jenem Abend ein Blitzen und Rasseln von leichter Kavallerie die Straße entlang, worunter selbst der einfache Tagebuchschreiber zu seinem Staunen den General mit seinem Stabe erkennen konnte. Er ritt den großen Schimmel, den Sie so oft in illustrierten Zeitungen und auf Gemälden in den Ausstellungen gesehen haben; und Sie können glauben, daß der Gruß, der ihn empfing, keine bloße Zeremonie war. Er wenigstens verlor keine Zeit mit
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