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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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stehen. Unvermittelt waren sie aus dem grauen Waldestore herausgetreten. »Ich meine, wer sah sein unzerbrochenes Schwert?« wiederholte Father Brown hartnäckig. »Keinesfalls der Verfasser des Tagebuches, denn der General steckte es noch rechtzeitig in die Scheide.«
    Flambeau blickte im Mondscheine um sich her wie etwa ein plötzlich Erblindeter in der Sonne, und sein Freund geriet zum erstenmal in Eifer.
    »Flambeau,« rief er. »ich kann es nicht beweisen, selbst nach meiner Jagd durch die Grabdenkmäler nicht. Aber ich bin dessen sicher, lassen Sie mich nur noch eine winzige Tatsache hinzufügen, die der ganzen Sache ein anderes Gesicht gibt. Der Oberst war durch einen merkwürdigen Zufall einer der ersten, den eine feindliche Kugel niederstreckte. Er fiel lange bevor noch die Truppen aufeinanderstießen. Doch er sah St. Clares Schwert zerbrochen. Weshalb wurde es zerbrochen? Wie wurde es zerbrochen? Mein Freund, es wurde vor der Schlacht zerbrochen!«
    »O, versetzte dieser halb im Scherz, aber bitte, wo ist das andere Stück?«
    »Das kann ich Ihnen sagen,« erwiderte der Priester ohne Zögern. »In der Nordostecke des Friedhofes der protestantischen Kathedrale zu Belfast.«
    »Wirklich? Haben Sie darnach gesucht?«
    »Ich konnte nicht,« gestand Father Brown mit offenem Bedauern. »Es steht ein großes Marmordenkmal darüber, ein Denkmal zu Ehren des heldenhaften Major Murray, der ruhmvoll kämpfend in der berühmten Schlacht am Rio Negro fiel.«
    Flambeau schien plötzlich wie durch einen elektrischen Schlag ins Leben zurückgerufen. »Sie meinen,« rief er barsch, »General St. Clare haßte Murray und ermordete ihn auf dem Schlachtfeld, weil –«
    »Sie stecken immer noch voll von guten und reinen Gedanken. Es war Schlimmeres als das!«
    »Nun,« gestand der Große ein, »ich bin in dieser Richtung am Ende meiner Einbildungskraft angelangt.«
    Der Priester schien wirklich in Verlegenheit, wo er beginnen sollte und fragte endlich von neuem:
    »Wo würde ein Weiser ein Blatt verbergen? Im Walde.«
    Der andere antwortete nichts.
    »Und wenn er keinen Wald hätte, würde er sich einen machen. Und wenn er ein welkes Blatt verbergen wollte, würde er sich einen welken Wald machen.«
    Noch keine Antwort kam, so daß der Priester noch milder und noch ruhiger hinzufügte: »Und wenn ein Mensch eine Leiche zu verbergen wünschte, würde er ein Feld von Leichen herstellen, um sie dort zu verbergen.«
    Flambeau begann energisch voranzustampfen, ungeduldig über den Verlust von Zeit und Raum, doch Father Brown erzählte weiter, als vollende er nur den letzten Satz.
    »Sir Arthur St. Clare war, wie ich schon sagte, ein Mann, der seine Bibel las. Das war es, worum es sich bei ihm handelte. Wann werden es die Leute endlich einsehen, daß es einem Menschen nichts nützt, seine Bibel zu lesen, wenn er nicht auch die der anderen liest? Ein Buchdrucker liest die Bibel der Druckfehler wegen. Ein Mormone liest seine Bibel und findet darin Vielweiberei; ein Gesundbeter liest sie und findet, daß wir weder Arme noch Beine haben. St. Clare war ein alter anglo-indischer protestantischer Haudegen. Nun stellen Sie sich einmal vor, was das bedeuten mag, aber um's Himmels willen, lassen Sie jede Scheinheiligkeit beiseite! Es kann einen unter tropischem Himmel in orientalischer Gesellschaft physisch sich vollkommen auslebenden Menschen bedeuten, der ohne Verständnis oder Führung sich an einem orientalischen Buche vollsaugt. Selbstverständlich las er das Alte Testament lieber als das Neue. Selbstverständlich, denn er fand darin alles was er wollte – Wollust, Tyrannentum, Verräterei. O, ich glaube sogar, er war ehrlich, wie man es nennt. Aber was hilft es, wenn ein Mann ehrlich ist im Dienste der Ehrlosigkeit? In jedem der heißen und verschwiegenen Länder, wohin dieser Mann kam, hielt er sich einen Harem, folterte er Zeugen und häufte in Schanden Gold an; gewiß aber würde er festen Auges versichert haben, er tue es zur Ehre des Herrn. Meine eigene Theologie kommt dabei genügend zum Worte, wenn ich frage: welches Herrn? Jedenfalls hat es mit der Schlechtigkeit die Bewandtnis, daß sie eine Türe nach der anderen zur Hölle öffnet und in immer kleinere und kleinere Kämmerlein führt. Darin besteht das Eigenartige des Verbrechens, daß der Mensch nicht wilder und roher, sondern nur immer noch gemeiner wird. St. Clare erstickte nur allzu bald unter Schwierigkeiten von Bestechungen und Erpressungen und hatte immer mehr und

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