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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Neger nicht zu schleppen vermochten, die aber in sagenhafter und einzig seltsamer Glut funkelten.
    Kurz, um die Sache allgemein verständlich auszudrücken, er machte viel in morgenländischen Himmeln, die fast noch schlimmer sind als die abendländischen Höllen, in orientalischen Herrschern, die er gemeinhin ganz gut als Verrückte hätte bezeichnen können, sowie in orientalischen Juwelen, die ein Juwelier in Bond-Street (wenn die hundert taumelnden Neger sie in seinen Laden gebracht hätten) möglicherweise nicht als echt angesehen haben würde. Quinton war ein Genie, wenn auch ein krankhaftes, und eben diese Krankhaftigkeit in seinem Leben sprach mehr an, als die in seinen Werken. Von Temperament war er schwächlich und reizbar und seine Gesundheit hatte unter orientalischen Opiumversuchen schwer gelitten. Seine Frau – eine hübsche, arbeitsame und in der Tat überarbeitete Frau – widersetzte sich dem Opium, mehr aber noch einem lebenden, indischen Einsiedler in weißen und gelben Gewändern, den ihr Gemahl durchaus monatelang in seiner Umgebung zu behalten sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Virgil, der seinen Geist durch die Himmel und Höllen des Orients geleiten sollte.
    Aus diesem künstlerischen Haushalte also traten Father Brown und sein Freund die Stufe herab und, nach ihren Mienen zu schließen, verließen sie ihn mit großer Erleichterung. Flambeau hatte Quinton in stürmischen Studentenjahren in Paris gekannt und gelegentlich eines Sonntagsausfluges die Bekanntschaft erneuert; doch auch abgesehen von Flambeaus in letzter Zeit verantwortungsvollerer Laufbahn stimmte dieser mit dem Dichter jetzt nicht mehr recht gut zusammen. Sich mit Opium zugrunde zu richten und kleine erotische Reime auf Velin zu schreiben, entsprach nicht seiner Auffassung von der rechten Art, wie ein Gentleman dem Teufel zueilt. Als die beiden, ehe sie einen Rundgang im Garten begannen, auf der Schwelle des Hauses einen Augenblick stehen blieben, wurde die vordere Gartentüre ungestüm aufgerissen und ein junger Mann, den schwarzen, steifen Hut im Nacken, stolperte hastig die Stufen hinan. Er war ein liederlich aussehender Bursche mit knallroter, ganz schief sitzender Halsbinde, als hätte er damit geschlafen, und er schwang spielend einen von jenen billigen, dünnen Spazierstöcken.
    »Hören Sie,« sagte er atemlos, »ich will den alten Quinton sprechen. Ich muß ihn sprechen. Ist er ausgegangen?«
    »Mr. Quinton ist zu Hause, glaube ich,« erwiderte Father Brown, seine Pfeife ausklopfend, »aber ich weiß nicht, ob Sie ihn sprechen können. Der Arzt ist gerade bei ihm.«
    Der junge Mann, der nicht ganz nüchtern zu sein schien, stolperte ins Vorzimmer und im gleichen Augenblicke trat der Arzt aus Quintons Arbeitszimmer, schloß die Türe und begann seine Handschuhe anzuziehen.
    »Mr. Quinton sprechen?« fragte er kühl. »Nein, ich fürchte, das können Sie nicht. Sie dürfen es sogar nicht, auf keinen Fall. Niemand darf zu ihm; ich habe ihm soeben sein Schlafmittel verabreicht.«
    »Nein, aber hören Sie, alter Junge,« versetzte der junge Mann mit der roten Halsbinde und versuchte liebevoll den Arzt an den Rockaufschlägen zu fassen. »Hören Sie, ich bin einfach total abgebrannt, sage ich Ihnen. Ich –«
    »Hilft nichts, Mr. Atkinson,« wehrte der Arzt ab und drängte ihn zurück. »Wenn Sie imstande sind, die Wirkungen eines Schlafmittels zu ändern, dann ändere ich auch meinen Entschluß,« setzte seinen Hut auf und trat mit den beiden anderen ins Sonnenlicht hinaus. Er war ein stiernackiger, gutmütiger, kleiner Mann mit kleinem Schnurrbart, unsagbar gewöhnlich, aber dennoch den Eindruck eines begabten Mannes machend.
    Der junge Mann mit dem steifen Hut, dem von dem Umgang mit Menschen anscheinend nicht mehr geläufig war als die allgemeine Idee, sie bei den Rockvorschlägen zu fassen, stand unter der Türe, so verblüfft, als wäre er buchstäblich hinausgeworfen worden, und beobachtete schweigend, wie die anderen drei mitsammen durch den Garten wandelten.
    »Das war eine derbe, faustdicke Lüge,« bemerkte der Arzt lachend. »Tatsache ist, daß der arme Quinton erst in ungefähr einer halben Stunde seinen Schlaftrunk bekommt. Aber ich denke gar nicht daran, ihn von diesem jungen Windhunde belästigen zu lassen, der doch nur Geld geliehen haben will, das er, auch wenn er könnte, nicht zurückgeben wird. Er ist ein schäbiger, junger Taugenichts, obschon Mr. Quintons Bruder, und sie ist die beste Frau, die es je

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