Priester und Detektiv
mit einem elektrischen Glanze, der etwas Idiotenhaftes an sich hatte, an der Leiche haften.
Wilfried Bohun machte eine schlaffe Handbewegung, wie wenn er alle Wißbegier beiseite schieben wollte, Father Brown jedoch, von seinem Ärmel ein wenig von der Esse aufgeblasene Asche wegwischend, sprach ganz geläufig.
»Sie sind alle mitsammen richtige Doktoren.« sagte er. »Ihr geistiges Wissen ist wirklich anregend, aber Ihr physisches ist ganz und gar unmöglich. Ich gebe zu, daß das Weib den mitschuldigen Ehebrecher viel mehr noch als der Hintergangene umzubringen wünscht. Und ich gebe zu, daß ein Weib stets nach einem kleinen Hammer greifen wird anstatt nach einem großen. Aber die Schwierigkeit liegt in der physischen Unmöglichkeit. Kein Weib hätte je den Schädel des Mannes so zu Brei zu schlagen vermocht!« Dann nach einer Pause fügte er nachdenklich hinzu, »diese Leute haben das Ganze immer noch nicht erfaßt. Der Mann trug tatsächlich einen Eisenhelm und der Schlag zersplitterte ihn wie Glasscherben. Sehen Sie doch die Frau an, ihre Arme!«
Wiederum standen sie alle stumm, bis der Doktor ziemlich ärgerlich zugab: »Nun ja, ich mag unrecht haben; Einwendungen lassen sich gegen alles vorbringen, aber am Hauptpunkte halte ich fest. Niemand außer ein Idiot würde nach einem kleinen Hammer greifen, wenn er einen großen zur Hand hätte.«
Die mageren und bebenden Hände Wilfried Bohuns fuhren nach dem Kopfe und schienen in das spärliche gelbe Haar greifen zu wollen. Einen Augenblick später fielen sie herab und er rief: »Das war das richtige Wort; Sie haben es ausgesprochen.« Und seine Aufregung bemeisternd fuhr er fort: »Ihre Worte waren, niemand als nur ein Idiot würde nach dem kleinen Hammer gegriffen haben.«
»Ja,« bestätigte der Doktor. »Und?«
»Nun, und niemand anderer als ein Idiot tat es.«
Die anderen blickten ihn mit starren großen Augen an und er fuhr in fieberhafter und geradezu weibischer Aufregung fort.
»Ich bin ein Priester,« schrie er unsicher, »und ein Priester soll kein Blut vergießen. Ich – ich meine, er soll niemand an den Galgen liefern. Und ich danke Gott, daß ich den Verbrecher jetzt klar erkenne – denn er ist ein Verbrecher, den man nicht an den Galgen bringen kann.«
»Sie werden ihn nicht angeben?« fragte der Doktor.
»Er würde nicht gehenkt, selbst wenn ich ihn angebe,« antwortete Wilfried mit wildem und eigentümlichem Lächeln. »Als ich diesen Morgen die Kirche betrat, fand ich einen Idioten dort beten – jenen armen Joe, der sein Leben lang nicht recht bei Trost war. Weiß Gott, was er betete, aber bei solch seltsamen Leuten ist es nicht so unglaublich, anzunehmen, daß es in ihrem Gebete drunter und drüber geht. Es ist ganz wahrscheinlich, daß ein Verrückter zuerst sein Gebet verrichtet, ehe er einen Menschen tötet. Als ich den armen Joe zum letztenmal sah, war er bei meinem Bruder. Mein Bruder hänselte ihn.«
»Beim Zeus,« rief der Doktor, »das nenne ich endlich reden! Aber wie erklären Sie –«
Der Geistliche bebte beinahe vor Erregung über seine Entdeckung der Wahrheit. »Sehen Sie nicht? Sehen Sie nicht,« schrie er wie im Fieber, »daß dies die einzige Theorie ist, welche auf beide sonderbare Dinge paßt, daß sie beide Rätsel löst! Die beiden Rätsel sind der kleine Hammer und der gewaltige Schlag. Dem Schmied hätte man den gewaltigen Schlag zutrauen können, aber der hätte dazu nicht den kleinen Hammer gewählt. Sein Weib würde den kleinen Hammer gewählt haben, aber sie hätte den gewaltigen Schlag nicht auszuführen vermocht. Aber der Idiot konnte beides getan haben, was den kleinen Hammer betrifft – nun, der Mann war unzurechnungsfähig und hätte ebensogut nach irgend etwas anderem auch greifen können. Und was den gewaltigen Schlag anbelangt, Doktor, so hat man doch schon oft gehört, daß Tollheit in Augenblicken des Anfalles die Stärke von zehn Männern zu verleihen imstande ist.«
Aufatmend gab der Doktor nach. »Teufel nochmal, ich glaube, Sie haben recht.«
Father Brown hatte seine Augen so lange und nachhaltig auf den Sprecher geheftet, daß es klar war, daß seine großen Kalbsaugen denn doch nicht so nichtssagend waren, wie der Rest seines Gesichtes. Als niemand mehr sprach, bemerkte er mit betontem Respekt: »Mr. Bohun, die Ihrige ist die einzige, bisher vorgebrachte und wirklich wasserdichte und wesentlich unangreifbare Theorie. Ich glaube daher, daß man Ihnen schuldet, es auszusprechen – nach
Weitere Kostenlose Bücher