PRIM: Netzpiraten (German Edition)
gemeinsam mit dem Secret Service“, stellte Joergensen fest, ohne Hoover anzusehen.
Es entstand eine Pause, wodurch die bedrückende Stimmung in der Arena nur noch vertieft zu werden schien. Alice unterbrach die unangenehme Stille: „Können Sie eine Erklärung dafür geben, warum jetzt erstmals auch Schwärzungen in einer Mitteilung von PRIM vorgenommen wurden und von wem?“
Joergensen zögerte mit der Antwort. „Die Schwärzungen haben wir in Abstimmung mit dem Präsidenten durchgeführt. Sie behindern unsere Verfolgung der PRIM-Erpresser nicht.“
Die Antwort war unbefriedigend, aber Alice spürte, dass sie auch bei weiteren Fragen nicht mehr erfahren würde. Sie sah hinüber zu Hoover. Hoover schüttelte kaum merklich den Kopf.
Joergensen sagte: „Bitte überlassen Sie alle Fragen bezüglich der Presse uns, dem Präsidenten und seinem engsten Beraterkreis. Und dem Secret Service.“
„Heißt das, dass wir die Spur zu PRIM nicht über Presseorgane verfolgen sollen, die PRIM kontaktieren?“, fragte Hoover. „Es wäre sinnvoll, sich umzuhören und herauszufinden, wen PRIM angesprochen haben und wie die Kontaktaufnahme erfolgt ist.“
„Überlassen Sie das uns, bitte, Hoover! Wir werden darauf zurückkommen, falls wir andere Dienste einbeziehen müssen. Sie wissen alle, wie gefährlich jeder falsche Ton im Umgang mit der Presse ist.“
Alices Gedanken kreisten um Bob Talburn und TODAY. War TODAY von PRIM kontaktiert worden? Und wüsste Bob dann davon? So wie sie es einschätzte, würde er versuchen PRIM zu entlarven, und seine Erfolgsaussichten waren vielleicht ebenso gut wie die der NSA und des FBI. Wenn sie Gewissheit darüber hätte, dass PRIM sich bei TODAY gemeldet hatten, könnte sie das von Bob erfahren. Wenn sie sich nicht so unpassend von ihm getrennt hätte. Und wenn die Anweisungen Tessenbergs nicht dagegen stünden.
Samantha Krienitz kam zurück in die Arena und setzte sich auf ihren Stuhl. Da ringsum Schweigen herrschte, sah sie Joergensen fragend an. Joergensen wollte etwas sagen, aber sein gelbes Telefon blinkte, und er nahm den Hörer ab. An seiner Miene konnten alle erkennen, dass ihm nicht gefiel, was ihm gesagt wurde. Er sprach kein Wort außer ja , bevor er den Hörer auflegte.
Die Diskussion über notwendige Änderungen bei der Überwachung der Übergabe am Donnerstag hatte gerade begonnen, als Charles Moore erneut in die Arena kam. Krienitz wollte aufstehen, aber diesmal legte Joergensen seine Hand auf ihren Arm und hielt sie zurück. Er beugte sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr etwas zu. Krienitz Gesicht wirkte versteinert. Inzwischen hatte sich Moore mit einem Ausdruck großer Zufriedenheit hingesetzt. Krienitz Stimme hatte den unnachahmlichen, Autorität ausstrahlenden Tonfall: „Meine Damen und Herren! Das war es für heute. Wir treffen uns hier morgen um halb elf. Ich danke Ihnen.“
22
Bob Talburn musste sich eingestehen, dass ihn der schmerzende Abschied und der rätselhafte Identitätsdiebstahl der angeblichen Ann-Louise nicht ruhen ließen. Auch war er sich der Ironie bewusst, dass ausgerechnet er eine Person verloren hatte und sie nicht wiederfinden konnte. Es erschien ihm zwar fast aussichtslos, aber er wollte dennoch versuchen, den Faden an den wenigen Berührungspunkten aufzunehmen, die es gab.
Über den Yachtclub in Newport hatte er Ann-Louise Norwoods Telefonnummer in Erfahrung gebracht. Sie beendete aber jedes Gespräch, sobald er seinen Namen genannt hatte, und sie antwortete nicht auf seine kurzen Textmitteilungen. Nach längeren Recherchen gelang es ihm, zwei ihrer Mailadressen in Erfahrung zu bringen. Er vergewisserte sich, dass die Adressen noch aktiv waren. Dann schickte er eine sorgfältig und zurückhaltend formulierte Mail an beide Adressen und hoffte, dass sie wenigstens einen der beiden Accounts noch nutzte. Ihre Antwort kam erst, als er schon nicht mehr damit rechnete, und sie war frustrierend: Sie behauptete, nichts von der Sache zu wissen, eine Frau nach seiner Beschreibung nicht zu kennen und seit mehr als einem Jahr nicht mehr in New York gewesen zu sein. Außerdem habe er sie in Newport betrogen und eine falsche Identität vorgegeben, was sie zur Anzeige bringen würde, falls er sie jemals wieder belästigen sollte.
Talburn hielt es für möglich, dass die richtige Ann-Louise die falsche gar nicht kannte und tatsächlich nichts von ihr wusste. Umgekehrt war es eher wahrscheinlich, dass die Frau, die sich bei DATA TODAY unter dem
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