PRIM: Netzpiraten (German Edition)
bekannt dafür, in jedermann das Gefühl zu erwecken, als sei man bestens miteinander bekannt oder gar befreundet. Es wurde aber gemunkelt, dass die, die ihn wirklich länger kannten, ein völlig anderes Bild von ihm zeichneten. Demnach war Nizer wohl erst kurze Zeit in Freundschaft zum Direktor entbrannt. Der sich, wie auch geflüstert wurde, nichts aus Frauen machte. Er war als Student aus England in die Vereinigten Staaten gekommen und nach dem Studium im Land geblieben. Man behauptete, dass er schon während des Studiums Ernie gerufen wurde. Es folgte eine steile, wenn auch nirgends wirklich detailliert beschriebene Karriere, anfänglich für kurze Zeit in der akademischen Umgebung, und dann bei der Marine. Er leitete offenbar wichtige Unternehmungen im unübersichtlichen Geflecht aus Diplomatie, Militärmission und Geheimdienst im Libanon und auf Grenada. Vor seiner Berufung zum Direktor der NSA war er bei der CIA tätig. Seine beruflichen Qualifikationen, die so ungenau und dürftig belegt waren, dürften nicht den Ausschlag für die Berufung durch den Präsidenten gegeben haben, sondern eher die Tatsache, dass Grey schon zwei Präsidenten als Berater gedient hatte. Im Senatsausschuss, der seine Berufung bestätigen musste, sagte Grey fast nichts über sich und überließ es anderen, für ihn sprechen. Danach hatte er bedeutsame Beiträge zur Sicherheitspolitik des Landes geleistet und war angeblich einer der besten Organisatoren im Lande. Als der Senator von Massachusetts bei der Berufungsanhörung kritisch zu hinterfragen versuchte, ob Grey wegen seiner ausländischen Herkunft einen derart wichtigen Posten bekleiden dürfte, war Grey zu ihm hinübergegangen und hatte ihm wortlos seine Defense Distinguished Service Medal, die höchste militärische Auszeichnung der USA in Friedenszeiten, auf den Tisch gelegt. Noch bevor der Senator weitere Fragen stellen konnte, schob er eine vom Verteidigungsminister ausgestellte Urkunde nach, in der auf den absolut vertraulichen Charakter der Begründung für die Auszeichnung hingewiesen wurde. Die Berufung erfolgte ohne Gegenstimme.
„Tessenberg möchte uns um 15 Uhr im Konferenzraum G24 sehen. Sie sollen auch kommen“, fuhr Nizer fort. „Kann ich jetzt mal die ganze Auskunft sehen?“
„Sicher.“
Während er aufstand und an ihre Seite trat, um den grün markierten Bildschirm sehen zu können, rief sie die Datei mit der Antwort von DATA TODAY auf.
„Können wir Silverman noch einmal abfragen, so dass ich den ganzen Vorgang sehen kann?“
„Auf keinen Fall!“, antwortete sie. „Wir müssen annehmen, dass DATA TODAY Kontrollen eingebaut hat, bei denen eine zweite Anfrage so kurz danach und ohne erkennbaren Grund auffallen würde. Außerdem haben wir natürlich nicht von hier aus angefragt.“
Ben Nizer erkannte, dass er ohne zu überlegen gefragt hatte und schwieg. Er schaute auf das Dokument auf dem Bildschirm, das wie ein Geschäftsbrief aussah. Im Briefkopf erkannte er das Logo von DATA TODAY und gleich darunter einen deutlichen Hinweis darauf, dass DATA TODAY keinerlei Gewähr für die Richtigkeit der Auskunft übernehmen würde. Dann folgten die Auskünfte über John Kenneth Silverman, die offenbar mehrere Seiten einnahmen, denn am unteren Rand war „Seite 1/5“ vermerkt.
„Ich habe gerade alle fünf Seiten an Sie gemailt, Ben“, sagte Alice Lormant und blätterte am Bildschirm weiter im Dokument, „und auf Seite vier haben wir den Verräter. Sehen Sie hier!“ Sie zeigte auf einen Eintrag unter der Überschrift Lebenslauf/ Beschäftigungsverhältnisse. Nizer beugte sich herab und las leise mitsprechend >>03/16/2002 bis 09/30/2002 Beschäftigt bei der National Security Agency, Boston Office B<
„Was bedeutet das B hinter dem Eintrag?“, fragte er.
„Die Auskünfte bei DATA TODAY sind von A bis C gestaffelt“, antwortete sie und wandte sich ihm zu. „Die Grunddaten über eine erfasste Person erhalten Sie in Stufe A. Die können Sie mit ein wenig Geduld auch googeln. Wenn Sie vertiefte Suchen nach weniger zugänglichen oder gar vertraulichen, um nicht zu sagen geheimen Daten haben wollen, können Sie bei der Anfrage die Stufen B oder sogar C wählen. Jede Stufe wird gesondert berechnet, wobei die Stufenpreise anwachsen. Ihr Pech, wenn DATA TODAY gar nichts in B oder C hat. Die Recherche in Stufe C kostet vierhundertsechzig Dollar. Gutes Geschäft.“
„Sie haben also C angefragt, und es gibt gar nichts zu Silverman in Stufe C?“
„Wir haben
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