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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Annika. »Hast du inzwischen mal mit Spiken geredet? Er hat schon den ganzen Tag Sehnsucht nach dir.«
    »Wie bist du hier reingekommen?«
    »Wonach suchst du denn?«
    Der Mann atmete stoßweise, er war völlig durchnässt.
    »Das geht dich einen Scheißdreck an.«
    Annika betrachtete ihren Kollegen. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Carl Wennergren war der schicke Junge der Redaktion und der Charmeur der Zeitung. Die Redaktionsleitung liebte ihn, denn er war der Sohn des Vorstandsvorsitzenden. Annika und er waren ein paar Mal im Laufe der vergangenen Jahre aneinander geraten. Annika fand, dass Carl verwöhnt war und es ihm an Moral fehlte.
    Was er von ihr hielt, konnte sie nur raten. Doch in diesem Augenblick war er weder hochmütig noch sonderlich cool, und das stand ihm direkt.
    »Setz dich«, sagte sie und ließ sich am Küchentisch nieder.
    »Hast du schon mit Schyman oder jemand anderem von der Zeitung geredet?«
    Carl Wennergren starrte auf sie herab, die Angst verging langsam.
    »Nein«, sagte er. »Ich habe im Verhör gesessen.«
    »Dann ist es ja ein Glück, dass wir uns hier treffen«, meinte Annika. »Jetzt kannst du mir ja erzählen, was gestern passiert ist.«
    Der Kollege gab einen Ton von sich, der wohl ein Lachen sein sollte.
    »Dir erzählen? Warum sollte ich dir irgendwas erzählen?«
    Der hasst mich wirklich, dachte Annika. Der Schwefel brannte ihr in der Nase.
    »Weil wir für dieselbe Zeitung arbeiten«, sagte sie und hörte zu ihrer Bestürzung, dass ihre Stimme zitterte. »Wenn wir jetzt zusammenarbeiten, haben wir eine unglaublich gute Ausgangsposition. Ich weiß einiges, aber du weißt noch viel mehr. Wir können die Geschichte gemeinsam gliedern und dann durchgehen, was wir veröffentlichen können und was nicht und was die Ermittlungen behindern würde. Das hier ist die größte Story des Sommers, und mit deinem Bericht stechen wir alle anderen aus.«
    Annika sah zu ihrem Kollegen hoch und biss sich auf die Lippe, als ihr klar wurde, dass sie eindringlich an ihn appelliert hatte.
    »Natürlich werden wir das«, sagte Carl Wennergren, »aber meine Geschichte gehört mir. Und nicht dir. Warum sollte ich dir eine Schlagzeile liefern?«
    Annika spürte, wie sie am ganzen Körper vor Wut zitterte.
    Carl Wennergren grinste – er hatte Selbstvertrauen und Hochmut wiedergewonnen. Annika presste die Zähne aufeinander, als sie ihn ansah.
    »Na gut«, sagte sie und stand auf. »Dann will ich dich mal nicht aufhalten, denn du scheinst ja ganz schön beschäftigt zu sein in dem Chaos. Soll ich dir suchen helfen?«
    Sie hielt inne und sah zu ihm hin.
    »Ach, weißt du, was ich glaube? Ich glaube, die Polizei hat es schon gefunden, was immer es war.«
    Sein Lächeln erstarb, Annika drängte sich an ihm vorbei, nahm ihre Tasche und ging auf den Hinterausgang zu.
    »Was willst du wissen?«, fragte er.
    Sie blieb stehen und sah ihn an.
    »Zum Beispiel, was hier passiert ist.«
    Carl Wennergren starrte in das Dunkel des Salons hinein und schluckte hörbar.
    »Hier ging es ganz schön drunter und drüber«, sagte er. Sie verkniff sich den Kommentar, dass sie sich das beinahe schon gedacht hatte.
    »Sebastian Follin kam rein, als Michelle und John Essex zugange waren. Er wurde fuchsteufelswild.«
    »Wie zugange waren?«
    »Na, du hast doch zwei Kinder, du weißt doch wie das geht, oder?«
    Annika spürte, dass sie rot wurde.
    »Und Sebastian Follin hat hier gewütet?«
    Carl Wennergren sah zu Boden. Annika beobachtete, wie er die Zähne zusammenbiss, und wusste nicht, was sie davon halten sollte. Kämpfte er gegen die Lüge oder gegen die Wahrheit? Schämte er sich, dass er nichts wusste, obwohl er doch dabei gewesen war? Oder versuchte er jemanden zu schützen?
    Hatte er womöglich geschossen?
    Annika trat unwillkürlich ein paar Schritte zurück.
    Sie musste einsehen, dass sie ihm ohnehin nicht trauen konnte. Sie warf sich die Tasche über die Schulter, nahm das Handy heraus und rief auf dem Weg nach draußen Berit an.
    Als sie vor dem Gasthaus in Flen parkten, hörte der Regen abrupt auf.
    »Also, es ist nicht gerade das Grand Hotel«, meinte Berit Hamrin.
    »Machst du Witze?«, fragte Annika. »Mein Mutter hat hier ihren fünfzigsten gefeiert. Hinterher behauptete sie, sie hätte von dem Fleisch eine Lebensmittelvergiftung gehabt, aber wir anderen wussten schon, warum sie sich übergeben hat.«
    Berit lächelte schief.
    Die Luft war nach dem Gewitter nicht mehr so drückend.
    Goldenes Abendlicht fiel

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