Prime Time
heraus. Dieses Blatt hatte er viele Male gelesen und über seine Bedeutung nachgedacht. Es war eine Zusammenfassung der letzten Sitzung vor dem Sommer, auf dem der Vorstand Torstensson knapp darüber informiert hatte, dass Global Future nicht weiter zu den digitalen Investitionen der Zeitung beitragen würde. Ab sofort sollten alle Zeitschriften des Konzerns selbst für alle Kosten aufkommen. Für den Halbjahresbericht von Global Future, der in Kürze veröffentlicht werden sollte, wurde eine saftige Gewinnwarnung erwartet.
Schyman legte das Protokoll weg und nahm die Pressemitteilung vom 20. Juli heraus.
Entgegen allen Prognosen und Analysen machte Global Future immer noch keinen Gewinn. Tatsache war, dass die Firma das bislang schlechteste Resultat erwirtschaftet hatte, der Verlust war bedeutend höher als in früheren Quartalsberichten. Das allein hätte den Markt nicht abgeschreckt, wäre da nicht das klein gedruckte
Aber
der Holding gewesen.
Global Future hatte sich im Wettlauf um den Neuen Markt von den Risikounternehmen nur darin unterschieden, dass die Holding weitere Finanzspritzen garantiert hatte. Allerdings nur, und das war der Knackpunkt, wenn sie bis zu ihrem dritten, also dem kommenden Quartalsbericht einen Gewinn aufweisen würde. Die belesenen und bewussten Beobachter des Marktes erkannten, dass hier der Rollladen runterging, und verkauften, was zur Folge hatte, dass die Aktie an jenem Donnerstag, dem 20. Juli vorigen Jahres, achtundzwanzig Prozent ihres Wertes verlor. Sie fiel von der Spitzennotierung 412,50 auf 297 Kronen, und das war erst der Anfang.
Drei Monate später gab die Holding bekannt, dass man nicht noch mehr Geld in die Firma stecken würde, weil die Zahlen tiefrot waren. Im Laufe des Herbstes wurde fast der ganze Aktienwert ausgelöscht, und die Aktie landete im neuen Jahr bei 59 Kronen.
Das Drama verlief nicht anders als bei anderen Internetfirmen. Manche von ihnen hatten einen Kurs von über tausend Kronen gehabt. Nach dem Crash fanden sich einige bei 80 Öre wieder. Aber nicht der Rückgang an sich war bemerkenswert. Der zweite Artikel aus der
Wirtschaftswoche
war das Problem.
Vielleicht war er aber auch die Lösung, dachte Anders Schyman und las das Datum: 27. Februar dieses Jahres. Er betrachtete die langen Tabellen, die Reihen von Machthabern mit ihren Aktienbesitzen neben sich.
Darunter auch: Torstensson, Chefredakteur
Abendblatt,
Aktien: keine.
Er hatte verkauft.
Der Auszug stammte aus dem letzten Aktienbuch der Wertpapierzentrale. Irgendwann vor dem Jahreswechsel hatte Torstensson seine bis zu zehntausend Aktien der Global Future verkauft. Die Frage war nur, wann.
Schymans Nachforschungen waren so weit gediehen, dass er wusste, das Geschäft war bei der Finanzinspektion nicht angemeldet worden. Auf der anderen Seite gab es auch keinen Grund, es dort registrieren zu lassen, denn für Torstensson bestand keine Anmeldepflicht.
Und doch ließ der Gedanke den Redaktionschef nicht los.
Hatte Torstensson die Aktien zu früh verkauft?
Der Gedanke hatte lange an ihm genagt, aber er kam damit nicht weiter. Wenn er selbst zur Wertpapierzentrale ging, würde er sich ausweisen müssen, und Personennummer und Ausweisnummer würden festgehalten werden. Er würde eine Spur hinterlassen, die sich leicht verfolgen ließ. Jemand anderes musste weitersuchen, ein Reporter, der ohnehin immer in irgendwelchen Registern wühlte.
Resolut sammelte er die Papiere zusammen, zählte sie durch und steckte sie in die Mappe. Er legte sie in die unterste Schreibtischschublade und schloss ab.
Dann lehnte er sich zurück und schaukelte ein wenig auf seinem Stuhl.
Ich muss mich jetzt noch nicht entscheiden.
SONNTAG, 24. JUNI
»Liebe Leser, setzen Sie sich am besten gleich, denn jetzt werden Sie etwas wirklich Grauenvolles erfahren, ja, einen schlimmeren Mittsommerabend hat man noch nie erlebt, stellen Sie sich vor, man hat sein Sommerkleid und die besten Sandalen angezogen, um eine tolle Show zu sehen, und was passiert? Man sieht sich die Aufnahme der Show an, und die ist, mit Verlaub, todlangweilig: Dieses schnippische Ding hüpft herum und tut, als würde es Interviews machen, und dann ist endlich alles vorbei, man stößt einen Seufzer der Erleichterung aus und trinkt ein wenig Sekt, um zu feiern, dass man überlebt hat, und dann! Dann geht es erst richtig los! Streit und Intrigen ohne Ende, es war völlig unmöglich zu schlafen, die Leute brüllten und schrien, aber einen Schuss habe ich
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