Prime Time
nicht gehört, das schwöre ich …
Ja, liebe Leser, es war tatsächlich so schlimm, ich bin direkt im dicken, fetten Sommermord gelandet, wie wir Hyänen von der Presse es nennen. Michelle Carlsson wurde in einem Bus unter meinem Schlafzimmerfenster erschossen. Was einem nicht alles passieren kann! Und ich habe keine Ahnung, was sie in dem Bus zu suchen hatte, vielleicht wollte sie wegfahren, was ich ihr allerdings nicht geraten hätte, nach dem, was ich sie im Laufe des Abends habe trinken sehen.
Aber vielleicht konnte sie auch nicht schlafen, denn die Kissen und die Matratzen auf dem Schloss waren ausgesprochen unbequem …«
»Was ist das denn für ein Scheiß?«, fragte Anne Snapphane und ließ die Zeitung in einem zerknitterten Haufen auf die Bettdecke fallen.
Mehmed zog Hose und Unterhose aus und legte sich wieder zu ihr ins Bett.
»Da hat Schyman heute eine harte Nuss zu knacken«, sagte er, kroch zu ihr hin und saugte an ihrer Brustwarze. Anne schlug ihm leicht auf den Kopf und hob die Zeitung wieder auf.
»Das ist doch völlig geschmacklos. Absolut widerwärtig.
Wie können die nur zulassen, dass diese alte Schlampe überhaupt noch was schreibt?«
»Unbegreiflich« war auch die Meinung des Mannes an ihrer Brust. »Also wirklich«, sagte Anne, »das ist doch Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, oder?«
»Das ist schwer zu beweisen«, sagte er, hob den Kopf und sah sie an.
Sie strich ihm über das schwarze glänzende Haar, fuhr mit dem Finger die strenge Linie seines Kinns entlang und spürte, wie die wohlbekannte pochende Begierde in ihr wach wurde.
»Wieso?«
Er ließ ihren Finger in seinen Mund gleiten und murmelte.
»Kapitel fünf über Ehrenkränkung, Absatz vier, wenn die Berichterstattung für Hinterbliebene oder dergleichen, unter Berücksichtigung der Zeit, die vergangen ist, seit der Verstorbene am Leben war, sowie der Umstände im allgemeinen, verletzend ist, kann sie die letzte Ruhe, die dem Verstorbenen zuzubilligen ist, stören. Sie hat keine Verwandten, oder?«
»Die Hurenmutter in Lettland«, flüsterte Anne Snapphane, rutschte unter ihn, und ohne Anstrengung drang er in sie ein.
Sie blieben still liegen, atmeten ineinander und verloren sich schwindelnd im Blick des anderen.
»O Gott«, stöhnte sie leise, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Umgeben von seinem Gewicht, begegnete sie ihm, hart und sanft.
»Mama! Sieh mal!«
Sofort hielten sie in den unmerklichen, fast unbewussten Bewegungen inne. Anne bemerkte den stechenden Geruch von Druckerschwärze, schlug die Augen auf und sah das Autorenfoto von Annika Bengtzon.
»Was gibt’s denn, Liebling?«, fragte sie, schlug die Zeitung zurück und hob den Kopf von der Matratze.
»Buch lesen«, sagte die Zweijährige und legte »Max und der Topf« auf den Rücken ihres Vaters.
Er ließ den Kopf neben ihren Hals fallen, der heiße Atem bahnte sich einen Weg durch die Decken, und ihre Nackenhaare sträubten sich.
»Jetzt nicht, Mama und Papa ruhen sich ein wenig aus.«
»Ist schon gut«, sagte er leise hinter ihrem Ohr. »Sie hat die ganze Woche nach dir gefragt. Wir machen später weiter.«
Sie strich über seinen breiten Rücken.
»Hast du schon gefrühstückt, meine Kleine? Hat Papa dir ein Brot gemacht?«
»Papa Brot«, sagte das Mädchen und zog sich auf das Doppelbett hoch.
Mehmed glitt aus ihr heraus und hinterließ eine große Leere, viel Wärme und eine träge Sehnsucht.
»Miranda«, sagte Anne. »Miranda Izol, komm und gib der Mama ein Küsschen.«
Das schwarzhaarige Mädchen mit den dunklen Augen kroch an sie heran wie eine frierende junge Katze an den Ofen.
»Mama«, sagte sie. »Mama.«
Anne schlang die Arme um das Kind und wiegte es sanft.
»War ich lange weg?«
Das Mädchen nickte.
»Aber du hast es beim Papa doch gut gehabt.«
Wieder Nicken.
»Sollen wir Verstecken spielen?«
Anne Snapphane zog sich und dem Kind die Decke über den Kopf. Die Dunkelheit umschloss sie, stickig und schwer von Körnergerüchen. Sie spürte das Schaukeln der Matratze, als Mehmed aufstand, und hörte seine nackten Füße in Richtung Tür gehen. »Kaffee?«
»Ja, gern«, antwortete sie mit gepresster Stimme.
»Hause fahren?«
Anne sah das Kind an, das sich neben ihr zusammengerollt hatte, und streichelte seinen Kopf, der schon verschwitzt war.
»Wir sind doch zu Hause. Zu Hause bei Papa.«
Das Mädchen kroch etwas näher an sie heran und schob seine Händchen in ihre Haare.
»Heute darfst du
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