Prime Time
Artikel war ein Bericht über den Medienkonzern der Eigentümerfamilie, eine Art Schema darüber, wie die einzelnen Firmen untereinander verflochten waren. Die einzelnen Unternehmen waren in allen möglichen Bereichen tätig, von Zeitungen und Zeitschriften, Radio, Fernsehen und Internet bis zu reinen Produktionsbetrieben, die unter anderem Damenbinden und Kinderwindeln herstellten.
Das
Abendblatt
war im Organigramm des Konzerns ein kleiner hellblauer Ziegelstein in der Mitte. Noch gab es ihn dort, aber wenn die Konjunktur richtig einbrach, wenn die Anzeigenkunden wegblieben, dann konnte alles sehr schnell vorbei sein. Da die Auflage keine Anstalten machte, sich nach oben zu bewegen, waren es die Anzeigeneinnahmen, die dafür sorgten, dass die Zahlen schwarz blieben. Die Gefahr war groß, dass es bald keinen hellblauen Ziegelstein mehr geben würde.
Schyman studierte die Grafik bis hin zur rechten unteren Ecke, wo die Abteilung für Neue Medien angesiedelt war.
Der Zeitungsausschnitt stammte aus den glücklichen Tagen, als die Zukunft segensreich und die Möglichkeiten unendlich waren. Da gab es Global Future, das stolze Flaggschiff der Eigentümerfamilie im Meer der neuen Zeiten. Das war die Internetfirma, die sämtliche digitalen Investitionen innerhalb des Konzerns übernehmen sollte, mit den Beratern, die sich auf dem Neuen Markt etablieren und die Zukunft aufbauen sollten. Auch in den Geschäften der Global Future war das
Abendblatt
ein kleiner hellblauer Ziegelstein. Irgendwo, irgendwann würde man die große Site für die Zeitung basteln, die einen den Krieg im Cyberspace gewinnen lassen und die Zeitung in eine rosige Zukunft tragen würde. Leider wurde nie etwas daraus. Die Zeitung hockte immer noch auf ihrer hoffnungslos schlechten Website, die einen Nachrichtenticker und ein paar Fernsehkritiken enthielt, während die Konkurrenz für ihr Portal die schönsten Preise Europas eingeheimst hatte.
Schyman stöhnte, die Müdigkeit machte sich bemerkbar. Er lehnte sich zurück, rieb sich die Augen und fügte im Kopf die Puzzleteile zusammen.
Mehrere Firmen der Besitzerfamilie waren an der Börse notiert. Global Future gehörte dazu, und der Auftritt beim Börsengang war teuer und ein wenig forciert gewesen. Die Familie wollte auf der Technikwelle mitreiten und sich einen Platz an der Sonne sichern, solange sich die Börsen in aller Welt zu ungeahnten Höhen aufschwangen, und warum auch nicht? Der Markt sprach und fasste seine Beschlüsse, ganz gleich, wer zuhörte. Zu Anfang lohnte sich der Einsatz.
Global Future entwickelte sich zu einem Shooting Star an der Stockholmer Börse. Der Vorstandsvorsitzende der Firma war ein äußerst schnittiger junger Mann mit einer politischen Vergangenheit in der Regierungspartei. Er baute die großen alten Zeitungshäuser für die Zukunft um, trat oft im Fernsehen und auf Seminaren auf und hielt Vorträge über die Zukunft der Welt, wie das Leben für uns alle aussehen würde, wenn es erst überall Breitband gab und das virtuelle Zuhause Wirklichkeit geworden war.
Die Firma machte jedoch niemals Gewinn. Die hohe Börsennotierung war nur ein Teil der ausgemalten Zukunft, die allen auf lange Sicht so viel Geld bringen würde. Im Gegensatz zu anderen, eher auf Risiko ausgelegten Firmen gab es mit der Holding der Besitzerfamilie einen Garanten, dass Global Future nicht ins Wanken geraten würde.
Torstensson war begeistert gewesen. Er hatte sich über die neue Zukunft warm geredet, diverse Artikelserien vorangetrieben, die über die neuen Zeiten berichteten, die wiederum den Börsenwert für Internetfirmen und somit auch für Global Future hochgetrieben hatten. Torstensson war selbst aufgrund einer großzügigen Optionsabsprache von Anfang an mit dabei gewesen und hatte große Aktienpakete der Firma erstanden. Allein das fand Schyman schon unpassend, aber weil die Internetseiten der Zeitung von Global Future eingerichtet und betreut werden sollten, kam Torstensson davon. Wer konnte schon einem Chefredakteur vorwerfen, dass er an sein eigenes Projekt glaubte?
In den Jahren der Börsenhysterie rutschte Torstensson ein paar Mal raus, wie viel er schon allein mit dem Börsenstart von Global Future verdient hatte. Schyman hatte ausgerechnet, dass es ungefähr fünf Millionen Kronen sein mussten. Das war in Zeiten der Hysterie am Neuen Markt zwar nur Kleinkram, aber für gewöhnliche Sterbliche doch ziemlich viel.
Er nahm das Protokoll vom 27. Juni des vorangegangenen Jahres
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