Pringle in Trouble
van Tenke von früher kannten und so ebenfalls ein Motiv gehabt hätten...
Es war, denke ich, ein Versuch, die Polizei hinters Licht zu führen.»
«Vielleicht gelingt es ihm ja.» Tom
Willoughby faßte wieder etwas Mut. «Manche Beamte sind ja wirklich rechte
Trottel.» Mr. Pringle sah ihn ruhig an. «Ihr Bruder ging zuweit. Hätte er es
Wilson allein überlassen, van Tenke zu töten, so hätte dieser den Mord genauso
bewerkstelligt wie später bei Mrs. Rees. Er hätte ihn erdrosselt
beziehungsweise erstickt. Mörder ändern nur selten ihre Methode. Aber hier
haben wir sadistische Elemente, den Helm und das Schwertgehänge zum Beispiel,
und ich nehme an, das geht auf Ihren Bruder zurück.»
Tom Willoughby nickte. «Ja», sagte er,
«er hat es schon als Kind geliebt, sich zu verkleiden... ‹Mit Schwert und
Ehrenkappe...›»
Mr. Pringle, der sich in seiner Jugend
vornehmlich mit Kricket beschäftigt hatte, fuhr fort: «Einen noch lebenden,
wenn auch bewußtlosen Menschen hilflos ins Wasser zu werfen, ist in meinen
Augen eine so niederträchtige Tat, daß ich Wilfred, offengestanden, dessen
nicht für fähig hielt.» Mit ruhiger Stimme präsentierte er Willoughby seine
Schlußfolgerung: «Ich nahm deshalb an, daß dies auch eine Idee Ihres Bruders
gewesen war.»
«Aber es gibt keine Beweise; Sie können
nichts davon beweisen, oder?»
«Nein. Die Beweise sind Sache der Polizei.
Sie beauftragten mich, den Mörder zu finden, und das habe ich getan.» Mr.
Pringles Ton wurde schärfer: «Man hat Ihren Bruder gehört, als er in van Tenkes
Zimmer war. Als Dr. Godfrey mir erzählte, was Miss Kelly zu ihm gesagt hatte,
habe ich ihre Worte fehlgedeutet. Sie sagte so etwas wie ‹Er sollte sich
schämen, der Colonel hat es auf mich abgesehen wegen seines blöden Hundes›.
Sowohl Dr. Godfrey als auch ich nahmen an, daß sich dieses ‹er› auf van Tenke
bezöge. Inzwischen bin ich jedoch davon überzeugt, daß sie den Colonel meinte.»
«Ich glaube kaum, daß so etwas vor
irgendeinem Gericht als Beweis anerkannt würde. Und außerdem — wer glaubt schon
einer hergelaufenen Irin?»
«Später in der Nacht hörte Mr. Powers,
der sich aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun, in Wilfreds Kammer
eingeschlossen hatte wie Wilfred sich am Ofen in der Küche zu schaffen machte.
Möglicherweise hat er Beweismaterial verbrannt. Und dann stellte er eine
Waschmaschine an und wusch eine große Zahl Handtücher — der Inspector und ich
haben sie auf der Leine hängen sehen. Ich nehme an, daß diese Handtücher
gebraucht wurden, van Tenke darin einzuhüllen, während Ihr Bruder und Wilfred
ihn zum Solarium schleppten; in irgend etwas müssen sie ihn schließlich gewickelt
haben, und daß sie zu zweit waren, ist auch wahrscheinlicher, als daß einer es
allein getan hat.»
«Aber das alles sind keine Beweise,
Pringle. Sie haben nichts Greifbares.»
«Noch etwas später — auf dem Rückweg zu
seinem Zimmer — sah Mr. Powers am Ende des Korridors eine große Gestalt. Er
dachte, es könnte Millicent oder Mrs. Arburthnot sein, beides große Frauen. Ich
glaube, daß es Ihr Bruder war. Erstreckt sich seine Liebe zum Verkleiden auch
auf Frauenkleider?»
Einen Moment lang ließ Tom Willoughby
seinem Zorn und seinem Abscheu freien Lauf: «Mein Gott, wenn ich daran denke,
was uns Gerard in den letzten Jahrzehnten gekostet hat. Schon ganz zu Anfang,
noch vor seiner Public-School-Zeit mußten wir Eltern bestechen, damit sie den
Mund hielten... Marlborough anschließend war der reinste Alptraum... und dann
mußte er noch unbedingt nach Sandhurst. Wenn er statt der militärischen
Laufbahn eine Karriere als Diplomat angestrebt hätte, hätte nichts von dem, was
sich jetzt ereignet hat, geschehen können.»
Mr. Pringle dachte, armes England,
Glück gehabt, sagte aber nichts. «Wilfred Wilson war in Singapur der Bursche
Ihres Bruders?»
«Ja. Und der Tag, an dem er in seine
Dienste trat, war ein Glückstag für die Familie. Wilfred war, im Gegensatz zu
Valter, immer absolut diskret.»
Mr. Pringle fiel ein, was Miss Brown
ihm erzählt hatte. «Ungefähr zu dieser Zeit hat Ihr Bruder auch geheiratet,
nicht wahr?»
«Ja.»
«Was ich, ehrlich gesagt, nicht so ganz
verstehe, ist, warum er überhaupt eine Ehe eingegangen ist.»
«Oh, man merkt, daß Sie kein Aristokrat
sind, Pringle. In unserer Familie wird so etwas einfach erwartet. Außerdem
mußten wir den Gerüchten entgegentreten; Gerard und Valter waren ins Gerede
gekommen. Man hatte
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