Printenprinz
die Arme. »Es wird bestimmt bald Klarheit bestehen.«
»Wo ist mein Vater?«, fragte Elisabeth von Sybar aufgeregt dazwischen. Auf ihren Wangen zeigten sich rote Flecken.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Böhnke wahrheitsgemäß. »Aber ich glaube, dass es ihm gut geht, solange ich nicht das Gegenteil erfahre. Und so sollten Sie auch verfahren.« Schnell erhob er sich. »Es wird Zeit für mich zu gehen.«
»Was haben Sie denn in Ihrer Aktentasche?« Landmann zeigte wütend darauf. »Darf ich einmal sehen?«
»Nein«, antwortete Böhnke schroff. »Ich sehe keinen Anlass, meine Privatsachen vor Ihnen auszubreiten.«
»Dann werde ich den Wachdienst anweisen, Sie zu überprüfen«, drohte der erzürnte Mann.
»Habe ich doch längst gemacht«, räusperte sich Hamacher. »Herr Böhnke war ausschließlich bei mir in der Loge und hat keinen einzigen Schritt hinausgemacht.«
Landmanns Blick verriet, dass er dem Wachmann nicht glaubte. »Ihr Verhalten missfällt mir mehr und mehr, Herr Hamacher.« Abrupt drehte er sich ab. »Komm, Elisabeth! Wir haben einiges zu regeln.«
Grußlos zog das Paar ab.
»Und jetzt?« Fragend schaute Hamacher Böhnke an.
»Jetzt muss ich sofort Grundler kontaktieren und informieren, damit er meine Version bestätigt. Ich wette darauf, dass Landmann in der Kanzlei anruft, und ich will ihm zuvorkommen. Außerdem brauche ich einen Chauffeur.«
Der Blick ins Freie zeigte ihm im Licht der Laternen den permanenten Regen, der auf den nassen Asphalt prasselte. Noch eine langwierige Bustour wollte er sich nicht zumuten.
Grundler ließ nicht lange auf sich warten. Der Anwalt hatte sich sofort in Bewegung gesetzt, nachdem ihn Böhnke gebeten hatte, ihn nach Huppenbroich zu fahren.
»Das trifft sich gut«, hatte er gesagt. »Ich wollte ohnehin mit dir reden.«
Böhnke tat sich schwer, in den alten Opel Corsa einzusteigen. Das war typisch für Grundler. Auf Äußerlichkeiten und Bequemlichkeiten legte er keinen Wert. Hauptsache, er hatte einen fahrbaren Untersatz. Wie sein Wagen aussah oder auf andere wirkte, war ihm einerlei. Das galt auch für seine Kleidung. Blue Jeans und graues Sweatshirt, das reichte ihm. Wenn sich jemand daran störte, so kümmerte es ihn nicht.
Mit Wohlwollen nahm Böhnke zur Kenntnis, dass sein jüngerer Freund seinen Vorsatz beibehalten hatte, abzuspecken. Als Grundler vor einigen Monaten aus seinem selbst gewählten Exil nach Aachen zurückgekehrt war, hatte er mehr als 25 Kilogramm zu viel auf den Rippen. Statt schlank und drahtig war der gerade einmal 40-Jährige dick und schwammig. Die ungepflegte Langhaarfrisur war dem kurzen Bürstenhaarschnitt gewichen. Tobias war auf dem richtigen Weg, erkannte Böhnke erfreut bei der Musterung des Nachbarn.
»18 Kilos sind schon runter.« Grundler lachte ihn mit strahlend blauen Augen an. Er hatte Böhnkes Gedanken erraten. »Es wird wieder. Dafür sorgt Sabine. Die will sich nicht von einem Schlappi ihr ästhetisches Bewusstsein beeinträchtigen lassen. Da muss ich mich anstrengen, um ihren anspruchsvollen Maßstäben zu genügen.«
Sabine war nicht nur Grundlers Sekretärin, oder Assistentin, wie es mittlerweile hießt, sie war auch Freundin, Geliebte, Mahnerin; im Prinzip diejenige, die ihn wieder auf die richtige Spur gebracht hatte, nachdem er alles hingeschmissen und sich aus dem Staub gemacht hatte. Jetzt schien die alte Liebe neu entfacht, nahm Böhnke an.
»Eigentlich wollte ich dich gefragt haben, ob du in der Sache von Sybar überhaupt weitermachst«, begann der Anwalt. »Aber diese Frage hat sich ja wohl erübrigt, wenn ich es richtig sehe. Oder?«
Böhnke bestätigte kopfnickend. »Es gibt einige Dinge, die ich noch klären will. Und jetzt sogar noch mehr als vorher.«
»Wieso?«
»Nach meinem Besuch eben bei Hamacher möchte ich wissen, welche Rolle Elisabeth von Sybar und dieser Landmann spielen. Der führt sich auf, als sei er der Herr im Haus.«
»Ist er nicht«, entgegnete Grundler energisch. »Herr im Haus von Sybar ist nach wie vor der Senior, auch wenn er von der Bildfläche verschwunden ist. Solange er nicht tot aufgefunden wird oder irgendwann für tot erklärt werden sollte, ist er innerhalb der Firmenhierarchie der alles Entscheidende.«
»Wie kommst du darauf?«, fragte Böhnke interessiert.
Er freute sich auf die Fahrt durch die nasse Dunkelheit in die Eifel. Sie könnte aufschlussreich werden.
»Zum einen habe ich die Vollmacht von Heinrich von Sybar, nach der ich im Streitfall an seiner
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