Printenprinz
Tage später stand der Makler auf der Matte und erzählte mir ebenfalls die Geschichte von dem internationalen Investor, der absolut verlässlich wäre. Dann kam er mir noch mit der politischen Masche. Es würde mir sicherlich schlecht zu Gesicht stehen, wenn ich diesen Investor verprellen würde. Das würde meine Chancen bei der nächsten Wahl nicht erhöhen und zugleich für Unverständnis bei den Kommunalpolitikern sorgen. Er würde dafür sorgen, dass die Sache in den Medien bekannt werde. Ich habe ihn natürlich, diplomatisch wie ich nun einmal bin, mit einer Bedenkzeit vertröstet.«
»Die Sie natürlich dazu genutzt haben, Informationen über den Makler einzuholen«, unterbrach ihn Böhnke.
Müller lächelte ihn an. »Wir sind dabei. Die Prüfung dauert in der Tat an.« Er tupfte sich mit der Serviette über den Mund. »Tja, dann kommt von Sybar zu Tode und alles ist wieder offen. Das ist der Stand der Dinge. Für nächste Woche hat sich der Makler zu einem weiteren Gespräch angemeldet. Er hat jetzt natürlich eine bessere Ausgangsposition und meinte, sein Auftraggeber sei nicht nur sehr aufgebracht wegen meiner ablehnenden Haltung. Allerdings wäre er nicht mehr bereit, den Preis zu zahlen, den er ursprünglich gezahlt hätte, das wäre selbstverständlich.«
»Und was machen Sie jetzt?« Böhnke biss sich zornig auf die Lippe, wieder so eine ›Und‹-Frage.
»Ich werde mir anhören, was er will.«
»Wie heißt der Vogel?«, fragte Grundler.
Müller bedauerte. Den Namen des Maklers hätte er nicht parat. »Da muss ich im Büro nachschauen. Ich meine aber, er kommt aus der Aachener Ecke. Er hatte den typisch Sing-Sang-Slang.« Hinzu sei aber noch eine andere Baustelle gekommen, meinte Müller. »Ich habe den Eindruck gehabt, als sei der Seniorchef der Printenfabrik nicht uneingeschränkt mit der Verlagerung nach Köln einverstanden. Jedenfalls machte von Sybar eine Andeutungen in diese Richtung. Aber er würde das in den Griff kriegen.«
Sein Handy klingelte in der Brusttasche seines Sakkos. Das Stirnrunzeln seiner Frau brachte ihn ebenso wenig davon ab, nach dem Gerät zu greifen, wie die zornigen Blicke von den Nachbartischen. Er meldete sich mit einem schroffen »Ja, bitte?« und verlor urplötzlich seine Gesichtsfarbe, nachdem er eine Antwort bekommen hatte. »Ich bin in einer halben Stunde da«, sagte er schließlich.
»Was ist?« Grundler stellte die Frage, die allen auf der Zunge lag.
»Ich muss nach Köln. Irgendein Idiot hat damit gedroht, sich im Kölner Dom in die Luft zu sprengen. Da kann ich jetzt nicht so tun, als ginge mich das als Oberbürgermeister nichts an. Der Rundfunk hat schon bei meinem Referenten nach einem Statement von mir gefragt.« Er stand auf. »Leute, es tut mir leid, aber ich muss mich verabschieden.«
Beim allgemeinen Händeschütteln hielt er bei Böhnke inne. »Wie ich Sie kenne, haben Sie noch sehr viele Fragen an mich. Darf ich Sie auf Dienstag vertrösten? Ich rufe Sie dann gegen 15 Uhr an.«
»Oder wir kommen wieder nach hier.« Müllers Frau sah ihn von unten nach oben an. »Ich habe nichts dagegen, noch einmal nach Huppenbroich zu kommen. Ich habe zwar noch nicht viel von dem Ort gesehen, aber was ich gesehen habe, hat mir gefallen.« Sie schaute freundlich zu Lieselotte. »Mein Mann und ich würden uns sehr freuen, wenn wir Sie im Januar zur großen Karnevalsgala des Festkomitees in den Gürzenich einladen dürften.«
Sie würden ihr damit einen ihrer größten Wünsche erfüllen, antwortete Lieselotte begeistert, was für Böhnke gleichbedeutend war, dass er mit ihr zu der Sitzung fahren musste. Gleich zwei Sitzungen in einer Session, er musste aufpassen, sonst würde er noch als Karnevalist verkannt.
»Schade«, sagte Lieselotte auf dem Rückweg zur Wohnung. »Ich hätte den Oberbürgermeister gerne einmal gefragt, ob das überhaupt möglich ist, dass ein Öcher in Köln Karnevalsprinz werden kann. Das geht doch eigentlich gar nicht. Das wäre ja, als würde ein Karpfen in der Nordsee schwimmen.«
»Du siehst doch, dass es geht«, entgegnete Böhnke. »Mit Geld, da kann man alles kaufen …«
»Auch Leute, die einem Prinz hinterherlaufen«, ergänzte Grundler. »Bei Geld hört nicht nur die Freundschaft auf. Bei Geld wird der Karneval zu einer tierisch ernsten Angelegenheit.«
»Wisst ihr, was ich richtig pervers finde?«, meinte Grundlers Partnerin. »Da stirbt von Sybar und jetzt hat die Findungskommission genug Geld, um einem Prinzen aus Köln
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