Printenprinz
nur damit drohte, brauchte nicht unbedingt eine große Bühne und entsprechende Presse zu erhalten.
»Ich weiß, es sind am Sonntag viele Fragen offengeblieben«, meinte Müller. »Es tut mir leid, aber vielleicht kann ich Sie ja unterstützen.«
Böhnke zauderte. Mit welcher Frage wollte er anfangen, ohne Müller einen Hinweis zu geben, in welche Richtung er wollte? Müller brauchte nicht unbedingt zu wissen oder zu ahnen, was er beabsichtigte.
»Fangen wir am besten mit dem Themenkomplex Karneval an. Sie sprachen von Scheingefechten und von Quertreibern? Wen meinten Sie damit?« Es würde ihn wundern, wenn Müller einen Namen nicht nennen würde.
»Im Prinzip gab es nur einen wirklich ernsthaften Quertreiber, aber der war Gott sei Dank urlaubsbedingt nicht dabei, als wir die entscheidenden Verhandlungen mit von Sybar geführt haben. Das war ein Mann mit dem Namen Fritz Schmitz, in Karnevalskreisen auch als Witze Fritze bekannt.«
»Und warum?« Böhnke hatte gewusst, dass Müller diesen Namen nennen würde.
»Das ist eine gute Frage«, stöhnte Müller. »Dafür müssen Sie die Strukturen des Kölner Karnevals kennen. Schmitz gehört nicht nur der Findungskommission an, er ist auch einer der größten Agenten im Karneval. Er hat viele Künstler unter Vertrag und profitiert natürlich davon, wenn sie viele Auftritte haben. Von Sybar würde ihm und seinen Künstlern wirtschaftlichen Schaden zufügen, wenn der seine eigenen Künstler aus dem Raum Aachen mitbringt. Damit verstieß er quasi gegen ein ungeschriebenes und unumstößliches Gesetz, wonach auf Kölner Bühnen nur Kölner Künstler auftreten sollen, von einigen wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, die von den Kölner Oberfunktionären gnädiger Weise zugelassen werden. Der Grund ist klar: Karneval ist ein nicht unbeachtlicher Wirtschaftsfaktor. Man kann gut davon leben, wenn man akzeptiert und toleriert wird. Und es gibt verdammt große Eifersüchteleien, vor denen selbst die Medien nicht gefeit sind.« Müller hüstelte kurz. »Da gab es bis vor ein paar Jahren einen Wettbewerb für Musiker und Bands im Rundfunk und Fernsehen. Als mehrmals hintereinander Kölner Interpreten leer ausgingen und eine Gruppe aus dem Großraum Aachen sogar zweimal in drei oder vier Jahren gewann, wurde der Wettbewerb abgesetzt. Man munkelt, der verantwortliche Redakteur, ein patriotischer Kölner, hätte die Lust an dem Wettbewerb verloren. Andere Quellen behaupten, durch diesen Wettbewerb wäre erst deutlich geworden, dass die Qualität vieler Kölner Künstler schlechter sei als die derjenigen, die nicht in Köln auftreten dürften. Diese Peinlichkeit wolle man sich ersparen. Auch hier soll Schmitz mitgestrickt haben, nachdem seine ›Schäfchen‹ mehrmals unter ferner liefen ins Ziel kamen. Aber das ist alles nicht verbrieft, sondern nur gemunkelt.«
»Dann ist es auch nur gemunkelt, dass es der Findungskommission gar nicht unrecht war, dass von Sybar, nachdem er für seine Benennung kräftig gezahlt hatte, gestorben ist?«
Der Oberbürgermeister schwieg lange. »Wollen Sie etwa unterstellen, die Funktionäre oder Schmitz hätten etwas mit von Sybars Tod zu tun? Das wäre ja perfide«, sagte er endlich.
»Ich schließe nichts aus«, entgegnete Böhnke.
Der Gedanke war wahrscheinlich abwegig, doch er wollte die Frage wenigstens gestellt haben. Und wenn sie nur bewirkte, dass Müller bei anderen Fragen deutlicher antwortete, weil er von diesem heiklen Thema ablenken wollte.
»Nun, durch von Sybars Tod wurde immerhin der Weg frei gemacht für ein Dreigestirn aus Köln«, gab Böhnke zu bedenken. »Und für ein Engagement der Künstler aus Köln, was auch ihren Agenten beziehungsweise ihre Agenten freut. Sie werden ja sicherlich nicht alle bei Schmitz unter Vertrag stehen.«
»Wissen Sie, was Sie hier für ein Fass aufmachen, Herr Böhnke?« Müller schnaufte ins Telefon. »Das kann nicht sein, das ist ungeheuerlich.«
Böhnke sah die Zeit gekommen, auf ein anderes Thema umzuschwenken. »Wie heißt eigentlich der Mann aus Ihrem Liegenschaftsamt, den Sie entmachtet haben?«
»Dieter Feilen«, antwortete Müller sofort. Entweder hatte ihn Böhnke überrascht oder er war froh über den Themenwechsel gewesen. »Spielt das eine Rolle?«, schob er nach, nachdem er erkannt hatte, dass er voreilig geantwortet hatte.
»Weiß ich nicht«, antwortete Böhnke langsam, während er sich den Namen notierte. »Der Mensch sagt mir gar nichts. Vielleicht können Sie mir einfach
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