Printenprinz
Tollität unterwegs war. Abgesehen davon, dass es den Traditionalisten gewaltig gegen den Strich ging, zum einen Externe und zum anderen Wiederholungstäter zum Kölner Dreigestirn zu machen, war die Erfüllungen dieser Forderung eigentlich nicht sehr schwierig.« Vieldeutig rieb er den Daumen am Zeigefinger.
»Und dann kam die nächste Forderung?«
»Klar, aufbauend auf die zweite. Von Sybar wollte, wie zu seiner Aachener Zeit, mit einer großen Show einen beachtlichen Teil der Sitzungen bestreiten, die er als Prinz Pitter besuchte. Und damit fing das Heulen, Zetern und Zähneknirschen an.«
»Wieso?«, fragte Lieselotte erstaunt. »Die sollen doch froh sein, dass er das Programm bestreitet, das kostet die dann doch nichts.«
»Sollte man meinen«, sagte Müller höflich. »Aber so einfach ist das nicht. Zwar würde das Programm nichts kosten, aber die Karnevalskünstler aus Köln gingen leer aus. Da liegt der Hase im Pfeffer. Die Kölner Sitzungen sind im Prinzip geschlossene Gesellschaften. Da kommen Künstler, die keinem Kölner Narrenstammtisch angehören oder die nicht in Köln Karriere gemacht haben, normalerweise nicht hinein. Wenn jetzt Externe das Programm bestreiten, ist kein Platz mehr für die Kölner, die dementsprechend auch keine Honorare kassieren.«
»Die können doch dann die Zeit nutzen, um anderswo aufzutreten«, platze Sabine dazwischen.
»Theoretisch ja, praktisch wird es schwieriger, weil viele Kölner Akteure mit der Akzeptanz zu kämpfen haben, je mehr sie sich vom Rhein entfernen. Die guten Künstler haben ihr Auskommen, aber die weniger guten fallen in der Provinz durch. Für die ist die Session dann sehr schnell mangels Verpflichtungen vorbei. Außerdem gibt es da draußen, in der aus Kölner Sicht karnevalistischen Diaspora, auch ein paar Platzhirsche, die der zweiten Garde aus Köln immer vorgezogen werden.«
»Das ganze Theater bloß, weil ein Aachener Prinz in Köln werden will?« Grundlers Partnerin schob ihr langes blondes Haar nach hinten. »Das hat doch nichts mehr mit Karneval zu tun.«
»Der Sitzungskarneval ist Kommerz und für einige Künstler zum Ganzjahresgeschäft geworden. Andere leben von den Gagen in der Session das ganze Jahr über und kämpfen darum, im nächsten Jahr wieder gebucht zu werden.«
»Und dann kommt so ein Mensch aus Aachen und bringt das gesamte kölsche Klüngelgeflecht zum Einsturz. Das konnte nicht gut gehen«, behauptete Grundler.
Müller ließ die Bemerkung unkommentiert im Raum stehen.
»Na, gut«, ließ sich Böhnke vernehmen. Er nutzte die Gunst, dass sowohl Müller als auch Grundler sich zeitgleich über ihren Salatteller hermachten. »Lassen wir das mal so im Raum stehen: Von Sybar zahlt eine nicht unerhebliche Summe an die Findungskommission und wird dafür Prinz Karneval inklusive seiner Künstler. Richtig?«
Der Oberbürgermeister nickte kauend.
»Aber damit war es ja nicht getan. Nachdem er dank Ihrer Hilfe Karnevalsprinz wurde, stand ja noch das Grundstücksgeschäft auf der Tagesordnung. Ohne Grundstück kein Karneval und ohne Karneval kein Grundstück. Richtig?«
Wieder nickte Müller. Er schluckte und legte das Besteck zur Seite. »Damit gab es für mich das nächste Problem. Ich konnte ja schlecht auf halbem Weg stehen bleiben. Ich hatte gewissermaßen den Deal mit von Sybar gemacht. Der wäre beinahe geplatzt, weil mir meine eigene Liegenschaftsabteilung dazwischenfunkte.«
»Wieso?«, fragte Grundler.
»Die Abteilung, besser gesagt, ihr Leiter, sagte mir, er habe das Grundstück schon einem anderen in die Hand versprochen. Er wollte allerdings nicht mit dem Namen herausrücken, bis das Geschäft in trockenen Tüchern war. Es sei ein internationaler Investor, der in Deutschland Fuß fassen und Köln zur deutschen und später auch zur europäischen Zentrale machen wollte.«
»Hört sich doch gut an. Statt einer Printenbäckerei aus Aachen ein weltweiter agierender Konzern«, meinte Grundler.
»Hört sich gut an. Aber mich störte, dass mir der Name verschwiegen wurde. Das Geschäft sollte über einen Makler laufen. Als ich wiederholt nach dem Namen fragte, und mich der Abteilungsleiter mit dem Hinweis abwiegelte, er habe sich gegenüber dem Investor zur Verschwiegenheit verpflichtet, ist es mir zu bunt geworden. Ich habe kurzerhand verfügt, dass ausschließlich ich die Verhandlungen wegen des Grundstücks führe.«
»Damit war dann der Weg frei?«, fragte Böhnke.
»Schön wär’s«, antwortete Müller. »Wenige
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