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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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finanziell unter die Arme zu greifen.«
    So sei es halt nicht nur im Karneval, kommentierte Grundler lapidar. »Geld heilt und stinkt nicht.«
    Böhnke machte sich andere Gedanken. Musste von Sybar sterben, damit ein Kölner Dreigestirn etabliert werden konnte? Oder musste von Sybar sterben, weil er einem Grundstücksgeschäft in Köln im Wege stand? Gab es etwa eine Verbindung zwischen den beiden Fragen? Er traute Müller nicht hundertprozentig über den Weg. Es würde ihn interessieren, inwieweit er hinter den Kulissen daran mitgewirkt hatte. Andererseits traute er dem Oberbürgermeister nicht einen Mord zu. Aber was sollte seine Bemerkung über Heinrich von Sybar? Mischte der Senior doch in irgendeiner Weise mit?
    Wenn er eine Zwischenbilanz zog, gab es viele Menschen, die aus privaten, wirtschaftlichen oder karnevalistischen Gründen davon profitierten, dass Peter von Sybar nicht mehr lebte. Dafür brauchte er nicht unbedingt bis zum Rhein zu schauen.

15.
    Sein ursprüngliches Vorhaben, sich noch einmal im Büro des Seniorchefs umzuschauen, gab Böhnke am nächsten Morgen notgedrungen auf. Das Wetter schlug weiter seine Kapriolen. Nach dem Sonnenschein vom Sonntag schneite er jetzt unaufhörlich. Er wisse, was er zu tun habe, gab ihm Lieselotte mit auf den Weg, bevor sie sich nach Aachen aufmachte. Sie erwartete, dass er die Einfahrt bis zu Straße frei machte, was er als überflüssig empfand. Er würde warten, bis sie am Mittwochabend kam. Vielleicht hatte sich die Räumaufgabe bis dahin von selbst erledigt. Er würde allenfalls darauf achten, dass sich der Schnee nicht zu hoch auf dem Dach türmte, weniger, weil er befürchtete, das Dach könnte durchbrechen, sondern weil die Schneemassen urplötzlich als Dachlawine auf die Terrasse stürzen konnten. Er hatte dies einmal am eigenen Leibe miterlebt und anschließend wie ein Schneemann ausgesehen.
    Er machte es sich in seiner wohlig warmen Wohnung gemütlich und freute sich wenig später auf seinen Spaziergang. Geradezu kindlich war seine Freude, als er durch den glatt und sauber liegenden Schnee auf dem Weg zum Wald lief. Er war der erste und einzige Mensch, der Spuren hinterließ. Er war in der unberührten Natur, wenn es auch nur eine vorübergehende Unberührtheit war.

    Schon am nächsten Tag hatte sich die weiße Pracht zum grauen ›Pratsch‹ gewandelt, wie die Öcher den Matsch bezeichneten. ›Alemannia speält et beiste en der Pratsch!‹ Auf dem Tivoli hatte die Alemannia immer dann ihre besten Spiele abgeliefert, jedenfalls laut dem Vereinslied, das Böhnke eingefallen war. Aber es hatte nicht vor der Insolvenz des klammen Vereins geschützt. Das gewagte Spiel mit der Finanzierung des neuen Tivolis war gehörig in die Hose gegangen, allen Fangesängen zum Trotz.
    Seine Annahme, Müller würde seinen Anruf pünktlich tätigen, bestätigte sich. Er hatte sich die Fragen stichwortartig notiert, auf die ihm der Kölner Oberbürgermeister Antworten geben musste. Er hatte sich einige Konstruktionen ausgedacht, die alle zutreffen, aber auch alle abwegig sein konnten. Außerdem stand immer noch die Möglichkeit im Raum, dass von Sybar sterben musste, ohne dass sein Beruf, sein Privatleben oder sein Hobby eine Rolle spielten, weil er ein Zufallsopfer geworden war.
    Eine Frage erübrigte sich im Prinzip und war allenfalls dazu zu gebrauchen, das Gesprächsklima auszuloten: die Frage nach dem vermeintlichen Bombenzünder im Kölner Dom. In seiner Tageszeitung hatte Böhnke nicht einmal eine kleine Notiz von dem Zwischenfall gelesen. Er konnte demnach nicht allzu dramatisch gewesen sein.
    »Wir haben die Sache nicht an die große Glocke gehängt«, bestätigte Müller. »Der Kerl hatte ein wenig zu viel Liebeskummer und zu viel Alkohol im Blut. Es bestand absolut keine Gefahr. Die Sache war erledigt, als ich in Köln ankam. Insofern war es für mich ärgerlich, überhaupt losgefahren zu sein.« Polizei, Bistum und Stadt hätten die Angelegenheit auf dem kurzen Dienstweg geklärt, die Medien habe man gebeten, nichts zu schreiben, weil dadurch Nachahmungstäter auf dieselbe Idee kommen könnten. »Es reicht uns schon, wenn Idioten aus irgendeinem Wahn heraus von einer Brücke in den Rhein hüpfen wollen. Da gilt auch die Strategie, nach Möglichkeit zu schweigen.«
    Wie früher bei uns, dachte sich Böhnke. Keine Beachtung zu schenken, war wohl der richtige Weg. Wer zum Selbsttod bereit war, der würde sich durch Aufmerksamkeit nicht aufhalten lassen, und wer

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