Prinz der Nacht
schließen und Astrids zauberhaften Körper mit allen Sinnen zu spüren, ihren süßen Duft einzusaugen, in seinen neuen Gefühlen zu schwelgen.
War dies seine Aufnahme in die Welt der Menschheit? Oder das Nirwana? Er wusste es nicht. Aber er wollte ausnahmsweise nicht aus einem Traum erwachen.
Plötzlich wurde eine warme Decke um seine Schultern geschlungen, und Astrid hielt ihn immer noch fest. Mit einer Hand umfasste er ihr Kinn und legte seine Wange an ihre.
So weich, so einladend. Die Wärme ihres Gesichts verscheuchte die brennende Kälte, durchströmte seine Adern, bis sein Körper völlig auftaute, sogar sein Herz, das jahrhundertelang von Eis umhüllt worden war.
Die Bartstoppeln auf seiner Wange ließen Astrid wohlig erschauern, und seine unerwartete Zärtlichkeit erschütterte sie. In ihrem langen Leben hatte sie genug Erfahrungen gesammelt, um zu erkennen, dass er in zärtlichen Liebkosungen ungeübt war. Trotzdem umfing er sie erstaunlich behutsam.
»Wie warm du bist ... «, flüsterte er in ihr Ohr, und sein Atem kitzelte ihren Hals. Dann rückte er von ihr ab und starrte sie an, als wäre sie unermesslich kostbar. Er strich über ihr Haar, die Augen voller Skepsis. Konnte er nicht glauben, dass sie einander so nahe waren? Unsicher berührte er ihre Lippen mit seinem Zeigefinger. »Noch nie habe ich jemanden geküsst.«
Dieses Geständnis verblüffte Astrid. War das möglich? Ein so attraktiver Mann hatte noch nie eine Frau geküsst?
In seinem Blick loderte ein Feuer. »Ich möchte dich kosten, Astrid, und dich heiß und feucht unter mir spüren. Und wenn ich dich bumse, will ich in deine Augen schauen.«
Seine unverblümte Ausdrucksweise schockierte sie. So etwas hatte sie vom wachen Zarek erwartet. Nicht von diesem, den sie anders eingeschätzt hatte.
Was er ihr vorschlug, war verboten. Intimitäten mit den Angeklagten, die sie beurteilen musste, durfte sie sich nicht erlauben. Der Einzige, der sie beinahe veranlasst hätte, dieses Gesetz zu missachten, war Miles gewesen. Doch sie hatte der Versuchung widerstanden.
Bei Zarek fiel es ihr viel schwerer, weil er sie faszinierte wie kein Mann je zuvor. In seinen traurigen Augen sah sie sein verwundetes Herz. Niemals hatte er freundliche Zuwendung gekannt, niemals die Wärme einer liebevollen Geste.
Wenn sie sich ihren Wunsch auch nicht erklären konnte - sie wollte ihm als Erste zeigen, was es bedeutete, wenn man jemandem willkommen war.
Wenn du das tust, wirst du die Position einer Richterin verlieren. Die einzige, zu der sie sich berufen fühlte ...
Und wenn sie es nicht tat, würde Zarek sein Leben verlieren. Vielleicht konnte sie ihm klarmachen, es wäre gut und richtig, jemandem zu vertrauen. Sie würde den Poeten wecken, der in seiner Brust schlummerte. Sie wollte ihn in eine Welt geleiten, wo er sich nicht mehr scheuen würde, anderen Leuten die sanftere Seite seines Wesens zu offenbaren, wo er Freundschaften schließen würde.
Endlich verstand sie, was Acheron gemeint hatte.
Aber wie sollte sie Zarek retten? Immerhin hatte er die Menschen getötet, für deren Schutz er verantwortlich gewesen war. Sie musste beweisen, dass er so etwas nie wieder tun würde. Und wenn es ihr nicht gelang ... So oder so, sie hatte keine Wahl. Noch einmal durfte er nicht verletzt werden. Was es auch kosten mochte, sie würde ihn verteidigen. »Ich will nicht mit dir bumsen, Zarek«, wisperte sie, »sondern Liebe machen.«
Verwirrt hob er die Brauen. »Noch nie habe ich mit jemandem Liebe gemacht.«
Sie zog seine kalte Hand an die Lippen und küsste die Fingerspitzen. »Wenn du es lernen möchtest, komm mit mir.«
Als sie sich abwandte, schwirrte ihm der Kopf. Fremdartige Gefühle erfassten ihn. Was sie ihm anbot, fürchtete er.
Wenn sie mit ihm schlief - würde es ihn ändern?
Weder von ihr noch von sonst jemandem erwartete er Liebe. Als armseliger, entstellter Sklave war er keusch und unschuldig gestorben. In seinem Dark Hunter-Dasein hatte er sich nur selten mit Frauen eingelassen und dabei kein einziges Mal während der letzten zweitausend Jahre in die Augen einer Liebenden geblickt. Keiner hatte er erlaubt, ihn zu umarmen oder auch nur zu berühren.
Wenn er Astrid jetzt folgte, würde sich alles ändern. In diesem Traum besaß sie ihr Augenlicht, würde ihn sehen -
und zähmen. Zum ersten Mal in seinem Leben wäre er mit jemandem verbunden. Körperlich und seelisch.
Obwohl es nur ein Traum war, würde es seine Beziehung zu Astrid für immer
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