Prinz Rajin - Der Verdammte
Samurai, die mit Euch geritten sind – können wir uns ihrer Loyalität sicher sein?“, fragte Rajin.
„Sie gehorchen meinem Befehl – und sie werden Eurem gehorchen, da Ihr der rechtmäßige Erbe Barajans seid!“
„Niemand zweifelt daran?“
„Nicht, nachdem wir gesehen haben, dass Ihr zwei Drachen zu beherrschen vermögt. Und dies, ohne dass Ihr bereits einen Drachenring tragt!“
Die letzten Zweifel würden sich wohl erst dann verflüchtigen, wenn er es schaffte, dem Urdrachen Yyuum den dritten Ring abzunehmen, erkannte Rajin.
Ein lauter Drachenschrei drang über das Schlachtfeld. Ein Schrei, wie ihn nur ein ehemaliger Wilddrache auszustoßen vermochte. Die tiefen Untertöne verursachten einen dumpfen Druck in der Magengegend – selbst auf die große Entfernung hin.
Ayyaam!, durchfuhr es den Prinzen.
Rajin und Tong blicken gleichzeitig zu den Mauern von Sukara, die wie düstere Schatten wirkten. Hier und dort züngelten noch Flammen empor, die von den Bürgern der Stadt gelöscht werden mussten. Der Blutmond war bereits zur Gänze aufgestiegen – dem Glauben der Seemannen nach der Sitz von Blootnyr, dem Gott der blinden Wut und der Schlachten. Vor Äonen war er in der Gestalt eines Drachen aufgetreten, aber die nahm er nur noch sehr selten an. Stattdessen pflegte er als roter Flammenstrahl zur Welt herabzufahren und als Feuerwesen zu erscheinen, und man sagte ihm nach, dass sich seine Seele an dem vergossenen Blut auf den Schlachtfeldern labte.
Dass sich Blootnyr nicht mehr gern als Drache zeigte, hatte gewiss mit der Sklavenexistenz zu tun, die die Mehrheit dieser Kreaturen führte, und so war er vielleicht der Meinung, dass in einer Welt, da die Drachen zu willfährigen Dienern herabgesunken waren, ihr Bild kaum als Symbol eines starken Gottes taugte.
Nun aber, da Ayyaam vor dem aufgegangenen roten Blutmond über der Stadt Sukara schwebte, wirkte dies wie ein Zeichen der wieder erstarkenden Kraft der Drachen, wie ein Menetekel, dass sich die Giganten vielleicht schon bald erheben würden, um sich vom Joch der drachenischen Samurai und ihres Kaisers zu befreien.
Der blaue Meermond war indessen bereits zur Hälfte über den Horizont gestiegen. Der Abstand zwischen dem Aufstieg beider Monde schwankte je nach Jahreszeit, und man sagte dem auf dem Meermond residierenden Njordirskint, Sohn des seemannischen Meeresgottes Njordir, eine starke Rivalität zu Blootnyr nach, dessen Mond er seit Äonen vergeblich einzuholen versuchte. Für den Fall, dass er es je schaffte, war ein Krieg unter den Göttern vorhergesagt, denn jeder der beiden hatte unter der Götterschaft der Seemannen mächtige Koalitionspartner.
Ayyaam stieß einen weiteren Schrei aus.
„Wilddrachen auf Distanz zu beherrschen, das vermag gerade einmal Katagi – und der trägt immerhin zwei der drei Drachenringe!“, stieß Tong tief bewegt hervor. „Beim Unsichtbaren Gott, wie viel Stärke muss in Euch sein, Prinz Rajin, da Ihr so etwas vermögt, ohne im Besitz eines einzigen Ringes zu sein!“
Rajin widersprach ihm nicht. Es wurde viel von ihm erwartet. Vielleicht zu viel.
Wer hatte Ayyaam wirklich gerufen?, fragte er sich, während er den über der Stadt schwebenden Drachen ansah.
Prinz Rajin und die Seinen kehrten nach Burg Sukara zurück, wo Tong und seine Drachenreiter willkommen geheißen wurden.
Rajin stellte es jedem von ihnen frei, ihm oder dem Usurpator zu folgen, doch keiner von ihnen entschied sich dafür, Sukara wieder zu verlassen. Sie alle unterstellten sich dem Befehl des Prinzen und in dessen Stellvertretung jenem des Fürsten vom Südfluss.
„Die Gefahr durch die Tajimäer ist noch keineswegs gebannt“, äußerte Kommandant Tong, als er zusammen mit Rajin und Fürst Payu auf einem der Türme stand, um sich einen Überblick zu verschaffen. Eilends mussten die Löcher in den Stadtmauern notdürftig verschlossen werden. Wo es nicht anders ging, errichtete man einfache Holzpalisaden. Auch wenn die Dampfkanonen der Tajimäer nur teilweise zum Einsatz gekommen waren, so hatten ihre Geschosse doch für unübersehbare Zerstörungen gesorgt.
Fürst Payu hatte inzwischen Fußsoldaten der Stadtwache ausgeschickt, um das Schlachtfeld nach verwertbaren Waffen abzusuchen. Gleichzeitig waren alle Besitzer von Lastdrachen dazu verpflichtet worden, bei der Bergung der Dampfgeschütze zu helfen. Bedauernswerterweise konnten diese von den Verteidigern Sukaras kaum effektiv eingesetzt werden, da es keine ausgebildeten
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