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Prinz Rajin - Der Verdammte

Prinz Rajin - Der Verdammte

Titel: Prinz Rajin - Der Verdammte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Traum daran, aber es war ein gutes Mittel, die Angehörigen dieser Häuser, die zumeist der alten Kaiserfamilie sehr verbunden gewesen waren, zu disziplinieren. Katagi hoffte, den Tag seiner Entscheidung noch etwas in die Zukunft schieben zu können, denn natürlich konnte er kein Mädchen aus einem dieser Häuser zu seiner Gemahlin erheben, weil ihre Erwählung den Neid der anderen Häuser geweckt und Katagi die Herrschaft schwieriger gemacht hätte. Andererseits war Katagi in den Jahren seiner Herrschaft immer misstrauischer geworden, und so wollte er kein Weib über einen längeren Zeitraum an seiner Seite haben, weil es ihn womöglich durchschaut hätte oder Informationen, die es aufschnappte, an Feinde weitergab.
    Seit kurzem hatte sogar sein Vertrauen zu Lord Drachenmeister Tarejo Risse bekommen, denn er hatte das Gefühl, dass der Kommandant aller Drachenreiter seine Pflichten zu Gunsten seiner Leidenschaften vernachlässigte. Etwas, von dem Katagi glaubte, dass es ihm selbst niemals passieren konnte.
    „Wie heißt Ihr?“, fragte Katagi.
    Die junge Frau verneigte sich und senkte den Blick. „Ich bin Wuanjii Ko Sun.“
    „Das Haus Sun ist mir bekannt“, sagte Katagi. „Eine Reihe sehr getreuer Männer aus Eurer Familie dienen mir bereits.“
    „Ich werde Euch ebenso gut zu Diensten sein, wie Ihr es von den Angehörigen unseres Hauses gewohnt seid, mein Kaiser.“
    Katagi lächelte. „Davon bin ich überzeugt.“
    „Dann gefalle ich Euch?“
    „Gewiss gefallt Ihr mir, Wuanjii.“
    Katagi blickte in ihre dunklen mandelförmigen Augen. Sie hatte ein sehr fein geschnittenes Gesicht. Ihr langes blauschwarzes Haar war kunstvoll hochgesteckt, wie es in dieser Perfektion nur die Frauen des Altlandes zuwege brachten.
    Und doch, irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Es war Katagi unmöglich zu bestimmen, was genau es war, das ihn störte. Eine Nuance in ihrem Blick? Ein verräterisches Zucken um ihre Augen, das eine üble Absicht verriet? Eine spezielle Färbung ihrer Stimme, die aus irgendeinem Grund sein Misstrauen erregte?
    Katagi kam nicht mehr dazu, genauer darüber nachzudenken, denn Wuanjii löste den Gürtel ihres Gewandes und ließ es mit einer gekonnten Bewegung von den Schultern gleiten. Sie trat auf ihn zu. Als sie sein Zögern bemerkte, hob sie die Augenbrauen. „Ihr werdet Euch doch nicht vor einer nackten Frau fürchten, mein Kaiser?“
    Sein Blick glitt an ihrem Körper herab. „Nein, natürlich nicht.“
    Sie zog ihn mit sich, und sie sanken auf das große Bett, dessen Baldachin mit Drachenköpfen verziert war.
    Wuanjii schwang sich plötzlich auf ihn, riss eine der Haarnadeln aus ihrer Frisur und stach zu.
    Katagi schrie auf und stieß die junge Frau grob von sich. Die Nadel steckte in seiner Schulter. Ein brennender Schmerz durchflutete seinen gesamten Körper.
    Er wollte schreien, wollte nach der Wache vor der Tür rufen, auf dass Wuanjii sofort ergriffen werden konnte, aber er brachte keinen Ton heraus. Seine Zunge war wie gelähmt. Ein bleiernes Gefühl breitete sich zusammen mit dem Schmerz in seinem ganzen Leib aus.
    Die junge Frau, die durch Katagis Stoß zu Boden geworfen worden war, erhob sich und nahm in aller Seelenruhe ihr Gewand, wobei sie den Kaiser nicht einen einzigen Augenblick aus den Augen ließ. „Versucht nur zu schreien! Es wird Euch Kräfte kosten und die Wirkung des Giftes beschleunigen, mit der die Nadel getränkt war.“ Ihre Stimme hatte einen Klang angenommen, der Katagi an das Eis der Gletscher erinnerte, die in jedem Winter von den Hängen des altländischen Nordost-Gebirges herabkrochen.
    Sie zog sich ihr Gewand wieder an, hob das Kinn und blickte auf ihn herab. „Bevor Ihr sterbt und ich dieses Gemach völlig unbehelligt verlassen werde, weil Eure Wachen glauben, dass Ihr Euch vom Liebesspiel erholt, sollt Ihr noch wissen, wessen Rache Euch an diesem Tag trifft. Es sind schließlich so viele, denen Ihr in den nunmehr neunzehn Jahren Eurer Herrschaft Unrecht zugefügt habt. So viele, die aus nichtigen Anlässen ermordet oder in den Verliesen Eures Palastes grausam gefoltert und für den Rest ihres Lebens gezeichnet wurden.“
    Sie machte eine Pause, sah in seine Augen, die vollkommen starr waren, wie bei einem Toten. Selbst zu einem Lidschlag war er nicht mehr fähig. Auch das war eine Wirkung des Giftes, mit der jene Nadel getränkt war, die ihm noch immer in der Schulter steckte.
    Ihr Lächeln wirkte bitter und hasserfüllt. „Na, denkt Ihr gerade fieberhaft

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