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Prinz Rajin - Der Verdammte

Prinz Rajin - Der Verdammte

Titel: Prinz Rajin - Der Verdammte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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darüber nach, wessen Rache Ihr gerade schmeckt? Euch wird wohl kaum das schlechte Gewissen plagen, doch Ihr bedauert zutiefst, der falschen Person getraut zu haben, wo Ihr doch sonst so überaus vorsichtig und misstrauisch seid, dass es fast unmöglich erschien, an Euch heranzukommen. Aber nur fast. Denn auch Ihr ward nicht unverwundbar, wie sich gezeigt hat.“
    Wuanjii bemerkte mit Genugtuung, dass sich Katagis Brust kaum noch hob und senkte. Sie beugte sich über ihn, um mit den Augen den feinen Luftzug aus der Nase des starr daliegenden Kaisers spüren zu können. „In wenigen Momenten seid Ihr tot. Also will ich Euch verraten, wem Ihr Euer ende verdankt. Einst diente ein treuer Gefolgsmann des Kaisers in diesen Mauern als Kanzler. Sein Name war Jabu Ko Jaranjan, und als Ihr und Euresgleichen das Kaiserpaar ermordet habt, floh Jabu mit seiner Familie nach Tajima, wo man ihm freundlich Asyl gewährte. Doch obgleich er sich an keiner der Planungen für einen Aufstand beteiligte, die man unter Eurer Regentschaft bei Hofe stets befürchtete, obgleich er sich nie etwas hatte zu schulden kommen lassen, wurde Kanzler Jabu in seinem Exil umgebracht. Was ich damit zu tun habe?“ Sie lachte heiser auf. „Ich bin die Tochter des letzten drachenischen Kanzlers. Gut möglich, dass Ihr heute von meiner Existenz zum ersten Mal erfahrt, aber es stimmt. Es triumphiert heute also letztlich einer der Männer, die Ihr davongejagt habt und ermorden ließt. Das ist alles, mein Kaiser.“
    Das Wort Kaiser betonte sie auf spöttische Weise. „Ganz feige habt Ihr ihn ermorden lassen. Aber nun ist diese Rechnung bezahlt, Kaiser Katagi. Hört Ihr mich noch? Oder seid Ihr bereits dort, wo Ihr hingehört – im Reich der Verdammten?“
    Auf einmal schreckte Wuanjii auf und wirbelte herum.
    Durch die Wand drang eine dunkle, aus einer besonderen Art von Rauch bestehende Säule.
    Die Rauchsäule drehte sich langsamer, verfestigte sich, und einen Augenblick später wurde die Gestalt eines Magiers sichtbar. Die wie eine nach unten gerichtete Pfeilspitze geformte Magierfalte auf der Stirn des Kahlköpfigen ließ keinen Zweifel daran, mit wem es Wuanjii zu tun hatte. Die außerordentlich buschigen Augenbrauen waren an den Außenseiten nach oben gerichtet, der schwarze Knebelbart war mit einer Präzision ausrasiert, zu der wahrscheinlich kein Barbier in ganz Drakor fähig gewesen wäre, und die Linien im Gesicht des Mannes wirkten wie aus Stein gemeißelt.
    Ein Schattenpfadgänger, durchfuhr es den hilflos daliegenden Katagi. Und wahrscheinlich auch noch einer, der in offizieller Mission des Großmeisters auf Reisen war. Schließlich trug er das schwarze Gewand …
    Viele Gedanken rasten dem Usurpator durch den Kopf. War dies vielleicht das Ende der Neutralität des Reiches Magus? Hatte sich der Großmeister in Magussa schließlich doch auf eine Seite geschlagen – und zwar auf die von Katagis Feinden?
    Anders war das Auftauchen eines Schattenpfadgängers im Gemach des Kaisers von Drakor nicht zu erklären. Kein größerer Affront wäre im gegenseitigen Verhältnis beider Reiche möglich gewesen. Die Schattenpfadgängerei war in Drachenia schließlich strengstens verboten. Vor langer Zeit, als es letztmalig zum Konflikt zwischen beiden Reichen gekommen war, waren die Schattenpfadgänger der besondere Schrecken der Drachenreiter-Samurai gewesen.
    Aber die Zahl dieser gefürchteten Diener des Großmeisters war im Laufe der Zeit immer kleiner geworden, denn jeder von ihnen zahlte einen hohen Preis für die Anwendung seiner besonderen Fähigkeit: die Verkürzung seiner Lebensspanne. Zwar war die bei Magiern etwa doppelt so groß wie bei Menschen, aber je öfter ein Schattenpfadgänger seine besondere Kunst anwendete, desto schneller alterte er.
    Und diejenigen, die in Drachenia dabei erwischt wurden, waren normalerweise des Todes, ging es Katagi grimmig durch den Kopf.
    Nichts gibt es, was vor Abrynos, dem Schattenpfadgänger aus Lasapur, verborgen werden kann – nichts!
    Dieser Gedanke schnitt wie ein rot glühendes, gerade aus dem Feuer gezogenes Matana-Schwert durch Katagis Seele. Ein ungeheurer Schmerz von nie zuvor gekannter Intensität erfasste ihn. Er hätte laut schreien mögen, und nur die durch das Gift verursachte Lähmung verhinderte dies. Katagis Kopf lief dunkelrot an, die starren Augen traten unnatürlich weit aus ihren Höhlen hervor.
    Wuanjii schien es nicht besser zu ergehen. Bevor sie schreien konnte, streckte der Magier die

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