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Prinz Rajin - Der Verdammte

Prinz Rajin - Der Verdammte

Titel: Prinz Rajin - Der Verdammte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Sarg, so wie Rajin sie in der Kathedrale des Heiligen Sheloo gefunden und dann auf dem Rücken eines Drachen hierher gebracht hatte. Ubranos aus Capana, den Magier in Katagis Diensten, hatte Nya zuvor in seine Gewalt gebracht und sie in diesen Sarg gesperrt, um sie und ihr ungeborenes Kind als Faustpfand gegen den Prinzen zu missbrauchen. Ihn konnte Rajin nicht mehr fragen, welche Art Magie seine Geliebte in dem Sarg bannte, denn Ubranos hatte beim Kampf um die Kathedrale des Heiligen Sheloo den Tod gefunden.
    Rajin hielt ein zusammengerolltes Pergament in der Hand, das er so gut wie immer bei sich trug. Ubranos hatte es ihm einst durch eine dienstbare Zweikopfkrähe überbringen lassen. Ein bewegtes Bild Nyas hatte ihn glauben lassen, tatsächlich mit ihr in Verbindung treten zu können. Mochten es auch Trugbilder sein, die man ihm einzig und allein zu dem Zweck gesandt hatte, ihn zu schwächen und zu verwirren, so hätte er sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher gewünscht, als dass auf der Oberfläche des Pergamentes wieder Nyas liebliches Gesicht erschienen wäre als Abbild ihrer liebenswerten Seele.
    Doch wann immer Rajin auch das magische Pergament entrollte, es war dort nichts zu erkennen als ein verschwommenes, sich ständig veränderndes Gemisch aus verschiedenen Farben. Sie verliefen auf befremdliche Weise ineinander und bewegten sich dauernd.
    Rajin hatte das Pergament unter dem Wams hervorzogen, wo er es ständig am Herzen trug. Er trat an den glänzenden Sarg heran und berührte ihn mit einer Hand in der Höhe von Nyas Gesicht.
    In Augenblicken wie diesen spürte er wieder mit aller Heftigkeit den Schmerz des Verlusts, den er erlitten hatte, und die Trauer um einen geliebten Menschen.
    Nein, um zwei geliebte Menschen, korrigierte sich Rajin in Gedanken. Mochte das Ungeborene auch offiziell noch keinen Namen erhalten haben, so hatte Rajin ihm im Geiste längst einen gegeben: Der Junge sollte Kojan heißen, wie sein Großvater. Als Kojan II. hätte er dann eines Tages den Drachenthron bestiegen …
    „Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst, Nya“, flüsterte der junge Prinz. „Aber ich weiß, dass ich nicht aufhören werde, daran zu glauben, dass deine Seele irgendwo existiert und zurück in diesen Körper geholt werden kann …“
    Rajin entrollte das magische Pergament. Ein wirres Aquarell aus ineinander laufenden Farben war wieder darauf zu sehen. Die Bewegungen, mit denen sich diese Farben durchmischten, schien Rajin heftiger als sonst. Das bildliche Chaos wirkte wie ein Spiegelbild jenes Chaos, das im Moment in seinem Inneren herrschte. Ein magisches Zeichen der Verwirrung und der vergeblichen Hoffnung.
    Immer wieder hatte Rajin versucht, in den wechselnden Farbschlieren die Schatten irgendwelcher Gestalten zu erkennen. Er suchte den ungehinderten, klaren Blick in jene andere Wirklichkeit, in der sich die Seelen Nyas und des kleinen Kojan jetzt befinden mussten. Aber in den Momenten größter Verzweiflung und tiefster Ehrlichkeit musste er sich eingestehen, dass es außer seiner inneren Überzeugung kein Anzeichen dafür gab, dass die Geliebte und sein Sohn noch irgendwo anders existierten als entweder im nassen Reich des Meeresgottes Njordir, in das die meisten Toten nach dem Glauben der Seemannen eingingen, oder aber in den paradiesischen Jenseitsgefilden, die den Anhängern des Unsichtbaren Gottes als Aufenthaltsort nach ihrem Dahinscheiden verheißen wurden.
    Wenn ich wenigstens wüsste, dass sie ihren Frieden gefunden hatten, ging es dem Prinzen durch den Kopf. Doch er befürchtete, dass Nya in Wirklichkeit nach wie vor in jenem Zwischenreich gefangen war, in das der Magier Ubranos ihre Seele einst verbannt hatte, um damit eine Geisel gegen den rechtmäßigen Thronfolger des Drachenlands zu haben.
    Rajin konzentrierte seine inneren Sinne, so sehr er nur vermochte und mit jenen verfeinerten Methoden, die der Weise Liisho ihm in den letzten Monaten beizubringen versucht hatte. Aber da war nichts.
    Nichts, was seine Hoffnung hätte nähren können.
     
     
    Einige Tage später gab Payu Ko Sukara, der Fürst vom Südfluss, im Burgpalast seiner Festung ein großes Bankett, zu dem nicht nur alle wichtigen Würdenträger der Provinz Südflussland eingeladen waren, sondern auch ein Gesandter aus der Kaiserstadt Drakor. Dieser Gesandte hieß Sun Ko Sun und entstammte einer Familie, die Rajins leiblichem Vater einst lange Zeit treu ergeben gewesen war; dann aber hatte sich ihr derzeitiges

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