Prinz Rajin - Der Verdammte
Harnische und über den Rücken gegürtet drachenische Schwerter. Außerdem hatte jeder von ihnen noch mehrere Dolche und Shuriken griffbereit am Gürtel. Zwei dieser Wächter hatten Sun Ko Sun die ganze Zeit über flankiert, drei weitere waren ständig unter seine Umgebung gemischt gewesen, und ein zusätzlicher Wächter hatte sich am Ausgang postiert.
Offenbar schätzte Sun die Beliebtheit eines kaiserlichen Gesandten nicht sehr hoch ein. Und da einerseits der Usurpator selbst streng abgeschirmt und schier unerreichbar im Kaiserpalast residierte und andererseits die Familie Sun als einer der größten Profiteure des Umsturzes vor achtzehn Jahren galt, hatte er wohl auch allen Grund, sich vor Attentätern zu fürchten. Es gab schließlich genug Unzufriedene im Land und solche, die auf Rache sannen, zum Beispiel Angehörige jener, die entrechtet, eingekerkert und grausam getötet worden waren.
„Ich habe keine Veranlassung, mich dir gegenüber zu rechtfertigen oder zu offenbaren“, erwiderte der Magier. Seine Stimme erinnerte Rajin an klirrendes Eis und an das tiefe Heulen des Nordwestwindes, der über Winterland strich, und ließ ihn unwillkürlich schaudern. Er spürte die innere Kraft des Magiers. Eine Kraft, die seine eigene bei weitem überstieg.
Dein Vorfahre Barajan stammt von einem Magier ab, vernahm er die Gedankenbotschaft des Weisen Liisho, und auch wenn das magische Blut in dir sehr verdünnt sein mag, die Kraft, über die dieser Kahlköpfige verfügt, unterscheidet sich in ihrer Natur nicht von jener Kraft, die in dir selbst ist, Rajin. Du hast also keinen Grund, dich zu fürchten.
Rajin versuchte zu beherzigen, was der Weise ihm gesagt hatte, und seine innere Kraft soweit zurückzunehmen wie möglich.
Der Magier machte zwei Schritte nach vorne und blickte sich dann suchend um. Wieder leuchteten seine Augen grün, und dieses Leuchten blieb diesmal bestehen und verging nicht wieder nach wenigen Momenten. Rajin spürte die Kraft dieses Magiers größer werden. Seine Präsenz schien beinahe den gesamten Raum zu erfüllen.
Nichts gibt es, was vor Abrynos, dem Schattenpfadgänger aus Lasapur, verborgen werden kann - nichts!
Dieser Gedanke drang wie ein Pfeil in Rajins Seele und verursachte allein durch seine Intensität einen ganz besonderen Schmerz. Abrynos der Schattenpfadgänger beabsichtigte offenbar, eine Reaktion hervorzurufen. Die Reaktion von jemandem, der eine ganz bestimmte Begabung hatte.
Sun sprach ihn erneut an. „Keinem Magier ist es erlaubt, ohne kaiserliche Genehmigung die Grenzen Drachenia zu überqueren“, erklärte er. „Und schon gar nicht ist es einem Magier gestattet, auf drachenischem Boden die Kunst der Schattenpfadgängerei anzuwenden, was Ihr soeben zweifellos getan habt! Wenn Ihr also kein kaiserliches Dokument vorweisen könnt, dass Euch dies ausnahmsweise gestattet, so seid Ihr des Todes!“
Selbst im Volk der Magier gab es nur wenige, die auf den Schattenpfaden zu wandeln in der Lage waren. Diese Methode der Fortbewegung war extrem kraftraubend. Großmeister Tembajos hatte sie während des Dritten Äons entwickelt, nachdem Barajans Bann den Magiern die Herrschaft über die Drachen genommen hatte, und alle Versuche, sie zurückzugewinnen, gescheitert waren. Tembajos selbst war kurz nach Abschluss seiner Studien durch völlige magische Entkräftung verstorben, und so war es erst seinen Söhnen Embajos und Rhymbajos gelungen, die Kunst der Schattenpfadgängerei derart zu perfektionieren, dass für denjenigen, der auf geeignete Weise in sie eingeweiht worden war und zudem über genügend magische Kräfte verfügte, keine unmittelbare Lebensgefahr mehr bestand. Ganze Armeen von kämpfenden Schattenpfadgängern hatten dafür gesorgt, dass sich das Reich Magus zeitweilig sehr stark ausgedehnt hatte und über Zeitalter hinweg eine gewisse Vorherrschaft ausübte. Unvermutet waren die Schattenpfadgänger hinter den feindlichen Linien aufgetaucht oder hatten sich sogar über das Wasser schnellen lassen und sich an Bord von Schiffen begeben, wo sie dann schrecklich wüteten; mithilfe ihrer magischen Fähigkeiten beherrschten sie innerhalb kürzester Zeit die Seelen der Gegner und ließen diejenigen, die geistig leicht zu manipulieren waren, sich gleich selbst ins Meer stürzen, wo sie ertranken.
Das Reich Magus erschien den anderen Reichen schließlich unangreifbar. Mit der Zeit stellten daher auch die Magier jegliche ohnehin nutzlos erscheinenden Versuche ein, den Bann
Weitere Kostenlose Bücher