Prinzessin in Pink

meine eigenen Sätze so um die Ohren gehauen wurden, wurde mir klar, wie bescheuert sie klangen... noch viel bescheuerter, als wenn ich sie selbst vorgelesen hätte.
    Oops... Dad und Grandmère gucken mich an. Sie sehen nicht gerade beglückt aus. Genauer gesagt sehen beide irgendwie …

Mittwoch, 7. Mai, 22 Uhr, zu Hause
    Keine Ahnung, wieso die so sauer waren. Es ist meine journalistische Pflicht, die Wahrheit wiederzugeben, und nichts anderes hab ich getan. Immerhin ist es eine TATSACHE, dass Grandmère ihren Hund ins Restaurant mitgenommen hat und Jangbu bloß gestolpert ist, weil Rommel ihm zwischen die Beine gelaufen ist. Das können sie nicht leugnen. Sie dürfen sich ja gerne wünschen, es wäre nie passiert und Leslie Cho hätte mich nie gebeten, einen Artikel darüber zu schreiben. Aber sie können es nicht leugnen und sie können mir keinen Vorwurf daraus machen, meiner journalistischen Pflicht Genüge getan zu haben. Ganz zu schweigen von meiner journalistischen Glaubwürdigkeit, die auf dem Spiel stand.
    Jetzt weiß ich, was die großen Reporter vor meiner Zeit erduldet haben. Ernie Pyle, der von den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs berichtete. Ethel Payne, die First Lady der afroamerikanischen Presse während der Bürgerrechtsbewegung. Die Auslandskorrespondentin Margaret Higgins, die als erste Frau einen Pulitzerpreis erhielt. Lois Lane, die rasende Reporterin vom Daily Planet . Diese beiden Typen, Woodward und Bernstein, die die Watergate-Affäre aufgedeckt haben (worum ging es da eigentlich genau?).
    Jetzt kann ich mir lebhaft vorstellen, wie sie sich gefühlt haben müssen. Unter welchem Druck sie standen. Ständig von Hausarrest bedroht. Von wütenden Anrufen bei ihren Müttern.
    Das war das Schlimmste. Dass sie meine arme, dehydrierte
Mutter, die schon genug damit beschäftigt ist, neues Leben in die Welt zu setzen, mit so was belästigen mussten. Wahrscheinlich sind ihre Nieren schon auf Chilibohnengröße zusammengeschrumpelt. Und die wagen es, sie mit solchen Banalitäten zu behelligen?
    Dabei steht Mom total auf meiner Seite. Ich weiß nicht, was Dad sich vorgestellt hat. Hat er sich wirklich eingebildet, Mom wäre auf GRANDMÈRES Seite?
    Trotzdem hat sie mir »um des lieben Friedens willen« nahe gelegt, mich wenigstens zu entschuldigen.
    Ich wüsste nicht wieso. Ich hab wegen der ganzen Geschichte bloß Probleme gehabt. Nicht nur hat sich das bisher langlebigste Liebespaar der Albert-Einstein-Schule deswegen getrennt, nein, es sieht so aus, als hätte ich darüber auch noch meine beste Freundin verloren. Ich habe MEINE BESTE FREUNDIN verloren.
    Das habe ich Dad und Grandmère auch klipp und klar gesagt, worauf Grandmère Lars majestätisch anwies, mich ihr aus den Augen zu schaffen. Zum Glück hatte ich die Weitsicht, vorher noch schnell mein Ballkleid aus dem Schlafzimmer zu holen und in meinen Rucksack zu stopfen. Es ist nur minimal zerknittert. Ich hänge es gleich in die Dusche. Im heißen Wasserdampf wird es bestimmt wieder glatt.
    Ich weiß nicht. Hätten die beiden nicht souveräner reagieren können? Wieso haben sie keine Pressekonferenz einberufen und das mit Rommel zugegeben - damit wäre die Sache gegessen gewesen.
    Tja. Aber jetzt ist es zu spät. Selbst wenn Grandmère jetzt noch alles zugibt, bezweifle ich, dass die Gewerkschaftler noch einen Rückzieher machen.
    Das ist mal wieder so ein Fall, wo nicht auf die Stimme der Jugend gehört wird. Und jetzt müssen die Erwachsenen eben den Preis dafür zahlen.
    Selbst schuld.

Donnerstag, 8. Mai, erste Stunde
    UM GOTTES WILLEN!!!! Der Abschlussball ist abgesagt!!!!!!!!!!!!!!
    DAS ATOM
    Offizielle Schülerzeitung der Albert-Einstein-Schule
Sonderausgabe
     
     
    Abschlussball abgesagt!!!
    von Leslie Cho
     
    Nachdem das als Veranstaltungsort für den diesjährigen Abschlussball vorgesehene Restaurant »Maxim’s« die Schulleitung über seine sofortige Schließung infolge des Streiks der städtischen Hotel- und Gaststättengewerkschaft informiert hat, muss der Ball leider abgesagt werden. Die vom Organisationskomitee geleistete Vorauszahlung in Höhe von $ 4000 wurde bereits zurückerstattet. Als alternativer Veranstaltungsort für den Abschlussball käme höchstens noch die Turnhalle in Frage. Diese Idee wurde vom Organisationskomitee jedoch nach kurzer Diskussion wieder verworfen.
    »Der Abschlussball ist etwas Besonderes«, so die Vorsitzende des Organisations-Komitees Lana Weinberger. »Das ist keine normale Schuldisko.