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Prisma

Prisma

Titel: Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Prisma auch nur das Hirn einer Ratte hätte, dann wäre das eine naturwissenschaftliche Sensation. Seine Wünsche und Gefühle hatten kurzfristig seinen gesunden Menschenverstand überflügelt. Es gab nichts auf dieser sterilen Welt, das ihm, wenn auch unbeabsichtigt, Gesellschaft leisten könnte. Aus dem Wunsch nach Gesellschaft heraus schrieb er speziell dieser Kreatur Charaktereigenschaften zu, die sie nicht besaß. Die Bewohner dieser Welt waren gleichermaßen Maschinen wie Tiere.
    Man konnte noch nicht einmal sagen, dass ein solcher Automat im normalen Wortsinn lebendig war. War ein mit Sonnenenergie betriebener Forschungssatellit lebendig? Hatte er eine Seele? Sicher, andere Welten hatten einige extreme Beispiele an abweichender Intelligenzentwicklung vorzuweisen, aber so ungewöhnlich ihre Grundstruktur auch sein mochte, so waren alle diese Beispiele bekannter Lebensformen aus Fleisch und Blut geschaffen.
    Für solche Überlegungen bliebe noch genug Zeit, wenn er seine derzeitige Suche abgeschlossen hätte. Wenn er den Ophemert-Leitstrahl innerhalb der nächsten beiden Tage lokalisierte, dann war alles gut und in Ordnung. Wenn nicht, dann würde er zur Station zurückgehen, um die schwierige Aufgabe in Angriff zu nehmen, sich mit seinem Rettungsteam in Verbindung zu setzen.
    Nachdem er seinen Standort anhand der Sonne überprüft hatte, wählte er einen Kurs, der in den phantastisch bunten Wald hineinführte. Während er sich anschickte, seinen Marsch zu beginnen, erzeugte der große blaue Tausendfüßler hinter ihm eine Reihe lauter Summtöne und watschelte hinter ihm her. Nachdem er einige Meter gegangen war und merkte, dass sein seltsamer Schatten kein Zufall war, blieb Evans stehen. Desgleichen der Tausendfüßler. Hochaufgerichtet auf seinen ersten beiden Vorderbeinpaaren, betrachtete das Wesen ihn aus kalten Glasaugen und wartete offenbar darauf, dass er seinen Marsch fortsetzte. Die gelben Zilien auf seinem Rücken drehten sich der Sonne zu.
    Folgte die Kreatur ihm, weil sie an ihm Gefallen fand oder in der Hoffnung, dass er sterben und ihm eine harmlose Quelle wertvoller Mineralien bieten werde? Er hob die Schultern. »Na schön, dann komm eben mit, wenn du willst, aber lass mir Bewegungsfreiheit!« Es tat gut, mit der Kreatur zu reden, auch wenn er noch keine Reaktion erhielt. Die Verständigung war ein unklarer Punkt. Der Tausendfüßler besaß keine Ohren.
    Er konnte mit Evans Schrittlänge nicht mithalten, doch mit der fünffachen Anzahl an Beinen schaffte er das Tempo doch halbwegs.
    Nach und nach kam er näher, bis er neben ihm herlief, anstatt ihm zu folgen. Die meiste Zeit starrte er nur auf seinen eigenen Kurs, aber von Zeit zu Zeit blickte das Alien zu ihm herüber, um sich zu vergewissern, dass er noch da war.
    Evan kam in den Sinn, dass es vielleicht wieder auf den Einbruch der Nacht und auf die angenehme Nähe seiner Körperwärme wartete. Nun, er hatte keine Einwände, das Nachtlager mit dem Wesen zu teilen. Mittlerweile war er von seiner Harmlosigkeit ziemlich überzeugt.
    Ein Bettwärmer, dachte er amüsiert. Darauf reduziert sich mein Status auf dieser verrückten Welt. Eine simple Wärmemaschine.
    Jede Art von wohlgesonnener Gesellschaft war ihm willkommen. Außerdem, wenn irgend etwas Gefährliches bei Nacht in den Glaswäldern unterwegs war, dann würde sein neuer Gefährte auf diese Nähe reagieren und ihn wecken.
    Die Hitzemaschine und der Tausendfuß-Wecker. Das war wohl eher Material für ein Gedicht als für eine Dissertation in Xenobiologie.

7
    DER LANGE TAG NEIGTE SICH DEM ABEND ENTGEGEN. Nichts fiel vom Himmel oder aus den Kaskalariern und den Kondariten herab und zerquetschte ihn. Nichts stürmte aus dem Wald hervor, um ihn mit riesigen Silikattatzen zu zerdrücken. Die Säurespeier ließen ihn in Ruhe; die Quarzfresser übersahen ihn, während sie auf den Feldern mit Zitrin und Chalcedon ästen.
    Seine anfängliche Angst, sich ohne den Schutz eines geeigneten Anzugs in der freien Natur zu bewegen, war fast ganz verflogen. Er war selbstsicherer als je zuvor. Alles, was er tun musste, um auf dieser Welt Schaden zu vermeiden: den Kopf zum Nachdenken benutzen und dafür sorgen, dass er Probleme und Schwierigkeiten möglichst umging; und schon wurde er in Frieden gelassen und konnte seinen Marsch fortsetzen. Ohne den Schutz eines MFW unterwegs zu sein, war nicht nur möglich, es konnte sogar aufschlussreich und belebend sein. Er war nicht tot, hatte keine Aussichten, in

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