Prisma
drehte er sich und strampelte der Oberfläche entgegen. Dabei traf er die Kreatur in seiner Hast mit den Füßen noch heftiger als mit den Händen.
Die Reaktion war beträchtlich gewaltiger, als er erwartet hatte. Es erfolgte eine Explosion aus Wasser und schwarzem Fleisch. Er wurde umhergewirbelt, bis er nicht mehr wusste, wo er war. Statt einer schwarzen Decke sah er weißen Sand unter sich.
Plötzlich war die Schwärze verschwunden. Dann peitschte er mit Händen und Füßen durch das Wasser und trieb im Grunde nirgendwohin, bis er sich an etwas erinnerte, das er vor langer Zeit gelesen hatte. Er zwang sich zu entspannen, und es gelang. Sein Körper orientierte sich, und er stieg auf. Sobald er sich der Richtung sicher sein konnte, trat er wieder heftig mit den Beinen. Die Brust drohte ihm zu platzen.
Dann füllte Luft die ausgehungerten Lungen mit einem mächtigen Schwall. Nachdem er einige tiefe Atemzüge genommen hatte, suchte er nach seiner Auftriebshilfe. Er fand keine Spur davon, nicht einmal flussabwärts.
Er entdeckte, dass er, ständig mit den Füßen tretend, nicht nur vorwärtskam, sondern auch an der Wasseroberfläche blieb. Während er quälend langsam zum anderen Ufer paddelte, bemühte er sich verzweifelt, das Wasser aus der gewölbten Sonnenbrille herauszuschütteln.
»Was ist passiert?«
»Es ist verschwunden.« Azurs Stimme klang aufgeregt. »Es war über uns, und dann war es plötzlich, als würde ein Stück Nacht durch die Schlucht segeln. Du bist nicht verletzt?«
»Nur geistig.« Während er nach unten blickte, sah er die Gefährten am Grund des Flusses, wo sie ihren Weg fortsetzten. »Ich möchte bloß wissen, warum das Ding sich nicht wehrte.«
»Es war vermutlich zu überrascht. Und dann verfügt es wohl nicht über Klauen oder Zähne und konnte nicht wissen, welche Waffen dir zur Verfügung standen.«
»Welch ein Glück für mich!«
»Wo sind deine Schwimmer? Du gehst nicht unter.«
»Nein. Der Anzug zwingt mich zwar, mich etwas mehr anzustrengen, als ich es andernfalls müsste, aber wir Menschen sind etwas leichter als Wasser. Wir bestehen ja sowieso im wesentlichen aus Wasser. Ich schaffe es. Frag mich nicht wie, aber ich schaffe es.«
»Wir werden uns in deiner Nähe halten.«
»Toll! Ihr könnt mich ja auffangen, wenn ich versinke.« Danach antwortete er auf keine Frage mehr, denn er brauchte seine ganze Kraft für die komplizierte Tätigkeit des Schwimmens. Kein Wunder, dass die fortschrittlichen Bürger von Samstatt freiwillig auf dieses seltsame Vergnügen verzichteten. Unglaublich, dass die Bewohner anderer Welten diese Aktivitäten als angenehm und erholsam betrachteten.
Schließlich war er überzeugt, dass er es nicht bis zum Ufer schaffen werde, dass alle seine Bemühungen vergeblich waren und dass er dazu verdammt war, wie ein Stein auf den Grund des Flusses zu sinken. Aber er versank nicht, denn plötzlich fing ihn von unten etwas auf und trug ihn. Als er nach unten sah, erkannte er Azur. Der Kundschafter stand auf einem Krieger, der wiederum auf einem anderen Krieger, und dieser hielt sich auf einem dritten. Sie trugen ihn auf diese Weise das restliche Stück, bis das Wasser seicht genug war, damit er stehen konnte. Sobald er es schaffte, sich wieder aufrecht zu halten, war es einfach, das letzte Stück des Weges zum Strand zu stolpern. Er stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus und ließ sich einfach fallen.
Seine Gefährten versammelten sich um ihn und schauten stumm zu, wie das Wasser aus dem Anzug herauslief. Er lag still da und ließ sich von der Sonne trocknen. Zum ersten Mal, seit er einen Fuß auf Prisma gesetzt hatte, war er dankbar für ihre ungeminderte Kraft.
Er blieb nicht länger als nötig liegen aus Angst, sich das entblößte Gesicht zu verbrennen. Für die mit Anzügen ausgestatteten Bewohner von Samstatt war Sonnenbrand eine fremdartige Unannehmlichkeit.
Evan hatte keine Lust, sie aus erster Hand kennenzulernen.
»Das hast du gut gemacht«, lobte der Bibliothekar schließlich.
»Ich war viel zu beschäftigt, um Angst zu haben. Es ist schon erstaunlich, was ein Körper ohne Anzug leisten kann, wenn er es muss. Das ergibt für euch natürlich keinen Sinn. Eure Anzüge sind eure Körper. Oder umgekehrt.« Er schaute an dem Bibliothekar vorbei und runzelte die Stirn. »Was ist mit dem Sammler passiert?«
»Er wurde von dem Grampion schwer verletzt, als er floh. Wir anderen konnten einen Kontakt vermeiden. Der Sammler
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