Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
was insbesondere Regina Gerath zu den Dingen zu sagen hatte, die er ihr in ein paar Augenblicken auf dem Silbertablett präsentieren würde.
Das Hausmädchen führte Berringer in einen salonartigen, lang gezogenen Raum.
Alles war in Blau gehalten. Es gab kräftiges Blau, Marineblau, Violett, ein Himmelblau, das beinahe schon an ein blaustichiges Weiß erinnerte, und so fort.
Wie in der sogenannten guten alten Zeit, die es wahrscheinlich nie gegeben hat, dachte Berringer. Aber wenn sie schon nicht tatsächlich existiert hatte, dann konnte man sie sich ja selbst erschaffen. Otto Normalreich musste dazu seine Fantasie bemühen – jemand wie Gerath hatte es besser. Er braucht nur Innendekorateure zu finden, die diese nach rückwärts gerichteten Träume in Kunst und Mobiliar umsetzten und alles richtig kombinierten.
Berringer ließ den Blick schweifen. Die Front der hohen Fenster sorgte dafür, dass stets viel Licht diesen blauen Salon erhellte. Man sollte sich offenbar wie im siebten Himmel fühlen. Mit der Wirklichkeit hatte das wohl nicht viel zu tun. Jedenfalls stand das ach so harmonische Ambiente dieses Hauses in einem geradezu diametralen Gegensatz zu den zwischenmenschlichen Beziehungen der Familienmitglieder untereinander.
„Herr und Frau Gerath werden gleich erscheinen“, versprach das Hausmädchen und ließ Robert Berringer einen Augenblick allein.
Berringer atmete tief durch und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er trat an die Fensterfront. Man konnte bequem über die hohe Mauer schauen, die das gesamte Anwesen von den angrenzenden Grundstücken isolierte. Selbst die Straße war –
abgesehen von einem kleinen Streifen im unmittelbaren Sichtschatten der Umgrenzungsmauer – gut zu überblicken.
Ein Wagen fiel Berringer auf. Er parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Jemand saß am Steuer, ließ dann das Fenster herunter und entsorgte eine Zigarettenkippe. Eine der Polizeistreifen, die rund um Geraths Haus für Ruhe und Ordnung sorgen sollten, fuhr heran. Ein Beamter stieg aus und forderte den Fahrer des Fahrzeugs – es handelte sich um einen altersschwachen Golf – aus dem Auto zu steigen. Er kam dem auch nach. Er musste Papiere und Ausweis zeigen und außerdem den Kofferraum öffnen.
Das hatte er davon, dass du die Straße befleckt hatte, dachte Berringer. Es gab eben Bereiche, da kannten deutsche Gesetzeshüter kein Pardon. Und das Entledigen einer Kippe auf die Straße gehörte inzwischen dazu. Ordnungswidrigkeit mit einer kostenpflichtigen Verwarnung von zehn Euro, erinnerte sich Berringer und fragte sich insgeheim, ob die Preise auch in dieser Branche inzwischen gestiegen sein mochten.
Wahrscheinlich ja. Schließlich war alles teurer geworden.
Der Mann aus dem Golf wirkte auf die Entfernung völlig konturlos. Schütteres Haar.
Jemand, dessen Züge einem wahrscheinlich nicht in Erinnerung bleiben, selbst wenn man ihm im Zugabteil vielleicht einen halben Tag lang gegenübersaß. Er gestikulierte wild herum und versuchte, gegenüber den Polizisten sein vermeintliches Recht durchzusetzen. Doch die blieben hart. Schließlich bezahlte er, und die Streife fuhr weiter. Der Golffahrer ebenfalls.
„Herr Berringer?“
Es war die Stimme von Peter Gerath, die Berringer förmlich zusammenzucken ließ.
Da sprach ein Mann, der es gewohnt war, Untergebene zu führen.
Berringer drehte sich um.
Gerath war zusammen mit seiner Frau eingetreten. Regina Gerath wirkte etwas verlegen, als sie Berringer erblickte. Sie rieb dauernd die Handinnenflächen gegeneinander und trat von einem Fuß auf dem anderen. Da hatte jemand keinen festen Stand im Leben, hätte da der Amateurpsychologe gesagt, ging es Berringer durch den Sinn.
„Ich nehme an, dass sich im Laufe des heutigen oder morgigen Tages die Polizei noch bei Ihnen melden wird, um Sie zu befragen“, sagte Berringer.
„Worum geht es denn?“, wollte Gerath wissen.
„Um den Tod von Frank Severin, der Sie– wenn auch aus unterschiedlichen Gründen
- beide betrifft“, eröffnete ihnen Berringer. „Er wurde heute Morgen im Elfrather See gefunden. Frau Gerath, vielleicht können Sie uns etwas dazu sagen?“ Berringer wartete ihre Reaktion ab. Peter Gerath schien ehrlich überrascht. Er wandte ruckartig den Kopf, sah seine Frau an. „Hast du davon etwas gewusst? Was ist geschehen?“
„Nun, ich denke, dass wird uns Herr Berringer sicher gleich noch berichten“, erklärte sie ziemlich angespannt. Sie presste die Lippen zusammen und
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