Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
befindet sich noch im Labor. Erkundigen Sie sich bei Captain Rowland, wenn Sie an dem Befund interessiert sind."
"Bin ich nicht."
Jo runzelte die Stirn. Fast glaubte er, sich verhört zu haben.
"Habe ich das richtig verstanden?"
"Ja, das haben Sie", nickte Clarke. "Sehen Sie, die Sache ist ganz einfach: Zu dem Zeitpunkt, an dem Sie die namenlose Lady im Central Park von New York City gesehen haben wollen, war sie schon mindestens eine halbe Stunde tot."
Für Jo war das wie ein Schlag vor den Kopf. "Ich bin mir aber völlig sicher..."
"Tut mir Leid, Mister Walker, aber wie es scheint, haben Sie den Weg hierher nach Yonkers umsonst gemacht." Es stand Clarke im Gesicht geschrieben, daß es ihm nicht ein bißchen Leid tat. Aber das war Jo ohnehin ziemlich gleichgültig. Seine Gedanken waren bei der namenlosen Toten, deren Bild er in der Zeitung gesehen hatte. "Sie war es", sagte er. "Ich bin mir da hundertprozentig sicher. So ein Gesicht vergißt man nicht."
"Sie muß sehr hübsch gewesen sein, bevor man aus ihr eine Leiche gemacht hat!" Clarke zuckte mit den Schultern. "Wahrscheinlich haben Sie eine andere Frau gesehen, Walker. Vielleicht eine, die der Toten sehr ähnlich sah und die Sie dann auf dem Foto wiederzuerkennen glaubten!"
Aber Jo schüttelte entschieden mit dem Kopf.
"Das glaube ich nicht."
"Dann gehen Sie ins Leichenschauhaus und sehen Sie sie sich im Original an! Vielleicht geht es dann in Ihren Schädel!"
Kommissar X ließ nicht locker. Er hatte ein Paar gut funktionierender Augen im Kopf und es gab keinen Grund, ihnen nicht zu trauen. Also bohrte er weiter.
"Es gibt Mittel und Wege, Todeszeiten zu manipulieren. Ist eine Obduktion durchgeführt worden?"
"Die Todesursache liegt auf der Hand. Sie starb durch eine Kugel aus einer 8-mm-Pistole. Ein Schuß aus nächster Nähe. Und da hat sich niemand die Mühe gemacht, irgendetwas zu manipulieren. Es war ein ganz simpler, brutaler Mord. Fast wie eine Hinrichtung."
"Wer hat sie gefunden?"
"Wissen Sie was, Walker: Es ist genau so, wie ich befürchtet habe! Sie versuchen mir Fragen zu stellen anstatt umgekehrt. Und genau das kann ich nicht leiden. Sie sagten, daß Sie in dieser Sache nicht ermitteln, also sehe ich auch nicht ein, weshalb ich Ihnen irgendetwas sagen soll."
Jo verzog das Gesicht.
"Und wenn ich nun doch an der Sache arbeiten würde?"
"Dann würde ich Ihnen vielleicht erst recht nichts sagen, damit Sie mir nicht dauernd in die Quere kommen!"
"Na, dann ich ja froh sein, daß ich mein Büro in Manhattan und nicht in Yonkers habe!"
"Allerdings. Bei mir hätten Sie nicht viel zu lachen! Und ich gebe Ihnen auch jetzt den Rat, sich den Kopf über Ihre eigenen Sachen zu zerbrechen."
Kommissar X wandte sich zum Gehen. Aus diesem Terrier würde er kaum mehr herausbekommen. Und er fragte sich, ob er das überhaupt versuchen sollte. Schließlich war es Clarkes Aufgabe, den Mörder der jungen Frau zu finden, nicht Walkers. Es hatte ihn niemand beauftragt.
Bevor Walker sich auf den Rückweg nach Manhattan machte, wollte er sich die Tote aber doch noch einmal ansehen. Er wollte sichergehen, sich nicht geirrt zu haben.
Der Arzt, der Jo durch die Katakomben des Leichenschauhauses führte, war fast so bleich wie die Körper, die er zerschnitt. Kein Wunder, dachte Jo. Schließlich kam der Kerl wohl ziemlich selten mal ans Tageslicht.
"Kannten Sie die Tote?" fragte der Arzt und Jo nickte zögernd.
"Könnte man so sagen."
"Sie sind der erste, der sie zu kennen glaubt", meinte der Arzt. "Und dabei steht es doch jetzt sogar in der Zeitung!"
"Vielleicht kam sie nicht von hier."
"Alles möglich, Mister."
Dann wurde eine Leiche aus dem Kühlfach gezogen. Der Arzt deckte das Gesicht ab und gähnte dabei ungeniert. Ihr Gesicht hatte fast jegliche Farbe verloren. Jemand war so pietätvoll gewesen, ihr die Augen zu schließen.
Aber sie war es.
Für Jo gab es keinen Zweifel mehr.
"Todeszeit?" fragte Jo.
Der Arzt schaute in seine Unterlagen. "Montagmorgen, cirka halb sieben. Wahrscheinlich früher."
"Und wann wurde sie gefunden?"
"Steht auch hier: Kurz nach halb acht."
"Kein Irrtum möglich?"
"Wovon sprechen Sie?"
"Von der Todeszeit."
Der bleiche Arzt runzelte die Stirn. "Was wollen Sie eigentlich? Glauben Sie, wir machen hier Pfusch?"
"Nein, es ist nur so, daß ich die Tote noch quicklebendig gesehen habe, als sie nach Ihren Angaben schon auf dem Weg hierher war. Deshalb frage ich, ob es da nicht sein könnte, daß Sie sich bei der Todeszeit
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