Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
demonstrativ die Lippen aufeinander. Er würde nichts sagen, aber Jo war auf seine Hilfe auch nicht unbedingt angewiesen. Er konnte auch selbst zwei und zwei zusammenzählen. "Er ist bei dir untergekrochen, nicht wahr?"
"Red' keinen Unfug!"
"Zieh deinen Hosengürtel aus den Schlaufen!"
Er schaute Jo völlig entgeistert an. "Was?"
"Du hast schon richtig verstanden. Nun mach schon!"
*
Eine feine Gegend war es nicht, durch die Jo zu dieser späten Stunde ging. Es war dunkel. Zu beiden Straßenseiten befanden die Schemen halbverfallener Hausfassaden, an denen schon seit Jahren nichts mehr getan worden war.
Ab und zu kam er an Pubs vorbei, in denen auch jetzt noch Leben war.
Angetrunkene torkelten durch die Nacht. Jo wich ihnen so gut es ging aus. Die Straßen, in die er kam, wurden immer enger. Manche waren mit Kopfsteinpflaster belegt. An den parkenden Autos war auffällig, daß manche von ihnen ihr Lenkrad mit dicken Metallketten gesichert hatten. Die Besitzer wußten sicher am besten weshalb.
Jo kannte seinen Weg einigermaßen. Er hatte ihn sich auf dem Stadtplan genau angesehen. Bei Nacht blieb die Orientierung dennoch nicht leicht. Patrick Gallaghers Adresse, das war Jos Ziel. Er hatte sie Patricks Führerschein entnommen. Patrick hatte ihm zwar weismachen wollen, daß die Angaben nicht mehr stimmten, aber daran glaubte Jo nicht.
Jetzt lag der Rotbart wohlverschnürt in Jos Hotelzimmer.
Es dauerte noch ein paar Minuten, dann hatte der Privatdetektiv den Häuserblock erreicht, in dem Patricks Wohnung zu finden sein mußte. Es würde keine Schwierigkeit sein, dort hineinzugelangen. Schließlich hatte Jo Patrick auch Schlüssel abgenommen.
Er passierte die Haustür und ging eine knarrende Treppe hinauf. Patrick wohnte im Obergeschoß. Von der Straße aus hatte Jo gesehen, daß dort kein Licht mehr brannte.
Jo stand wenig später auch vor der Wohnungstür. Er lauschte einen Augenblick. Nichts zu hören. Dann drehte er den Schlüssel herum und trat ein. Er machte Licht, nahm die Walter mit der Rechten und sah sich um. Es war niemand da.
Die Wohnung bestand aus drei Zimmern, von denen zwei kaum mehr als bessere Abstellkammern waren. Im eigentlichen Wohnraum lag eine Luftmatratze auf der Erde. Daneben eine halb ausgeräumte Reisetasche.
Jo steckte die Walter in den Hosenbund und sah sich einige der Kleidungstücke an, die sich in der Tasche befanden. Es waren Etiketten von New Yorker Geschäften darunter.
Kommissar X war also an der richtigen Adresse.
Er hätte sich gerne noch weiter umgesehen, aber in diesem Augenblick hörte er ein Geräusch an der Tür.
Jemand betrat die Wohnung.
Jo warf einen kurzen Blick aus dem Fenster. Es war kein Wagen vorgefahren. Aber auch dort draußen in der Nacht bewegte sich etwas.
Eine ganze Sekunde verstrich, bis Jo begriff, daß es mindestens zwei, vielleicht sogar drei waren, die in die Wohnung gekommen waren.
Er zog die Walter aus dem Hosenbund und fast im selben Moment sah er zwei Kerle in den Raum stürzen.
"Waffe fallen lassen! Polizei!"
Jo hatte nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde, um zu entscheiden, was er tun sollte. Aber er sah schnell ein, daß es sinnlos war, sich zu wehren. Er konnte sich mit diesen Männern reine kurze Schießerei liefern - bis das Magazin der Walter-Pistole leergeschossen war. Aber dann blieb ihm nur das Fenster als Fluchtmöglichkeit. Und Jo hatte keine Lust, sich den Hals zu brechen.
Also gehorchte er und ließ die Waffe fallen. Einen Augenblick später stand er mit gespreizten Beinen und erhobenen Händen an der Wand und ließ sich durchsuchen, während sich ein halbes Dutzend Beamter in Zivil in Patrick Gallaghers Wohnung umsahen.
"Wer sind Sie?" fragte ein runder, glatzköpfiger Mann, der es hier offenbar zu sagen hatte. Da Jo noch immer an der Wand stand, konnte er ihn nur aus den Augenwinkeln heraus sehen.
"Sie haben doch meinen Paß. Warum fragen Sie also?"
Der Glatzkopf lächelte.
"Jo Walker, Amerikaner. Wahrscheinlich ein gefälschtes Dokument, genau wie diese Privatdetektivlizenz. Dafür verwette ich meine letzten Haare!"
"Kein besonders hoher Einsatz!" konterte Jo sarkastisch.
"Den Akzent machen Sie aber ganz passabel nach, Mister."
"Die Dokumente sagen die Wahrheit. Ich bin wirklich Jo Walker..."
"...und Privatdetektiv. Natürlich. Und ich bin der Kaiser von China. Drehen Sie sich um und strecken Sie die Hände aus!"
Was blieb Jo schon anderes übrig als zu gehorchen? Er wußte, was geschehen würde. Es
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