Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
hereinfallende Tageslicht geweckt wurde, fühlte ich mich wie ein alter Mann. Ich blickte in den Spiegel und erkannte mich fast nicht wieder. Ein Auge war zu geschwollen. Jede Bewegung tat mir weh und eigentlich hatte ich allen Grund, Buddy aus dem Weg zu gehen. Aber schließlich hatte ich bei ihm die Schmuckstücke gefunden und so lag für mich auf der Hand, dass er auch etwas mit dem Einbruch zu tun haben musste. Chesterfield und Quincer hatte ich davon nichts gesagt. Mir ging es um die Beute – nicht darum, ob dieser grobschlächtige Schläger in den Knast wanderte und allein eine ganze Mannschaft von Wärtern beschäftigte. Zehn Prozent von jedem wieder beschafftem Stück standen mir schließlich zu, aber wenn die Polizei die Klunker früher einsacken konnte, ging ich eventuell leer aus.
Ein Schluck Bourbon musste an diesem Morgen als Frühstück reichen.
Bevor ich die Wohnung verließ, nahm ich meinen Revolver mit. Im Moment war es einfach ratsam für mich, nicht ohne das Ding auf die Straße zu gehen. Dazu war die Sache, in der ich herumrührte, einfach zu brisant.
Ich begab mich zum Büro und traf dort Kitty Meyerwitz an, von der ich gerne gesagt hätte, dass sie die gute Seele des Büros war. Aber davon war sie weit entfernt.
Sie hing am Telefon. Dem schrillen Gekicher nach sprach sie gerade mit ihrer neuesten Eroberung. Die Zahl ihrer wechselnden Männerbekanntschaften war Legion.
„Ich muss Schluss machen, Darling!“, sagte sie und hängte auf.
„Guten Morgen“, knurrte ich.
„Guten Morgen, Mister Boulder. Ich hatte nicht erwartet, dass…“
„…ich schon wach bin?“
Sie gab mir die Zeitung. „Die Tribune ist voll von Spekulationen über das Verschwinden von George McCormick.“
Ich überflog die Schlagzeilen schnell. Viel mehr, als ich von Braden Naismith wusste, und sich wohl bereits herumgesprochen hatte, stand da auch nicht. Und der Mord an Flaherty war für die Morgenausgabe einfach zu spät gewesen.
„Mrs McCormicks Ansichten über das Verschwinden ihres Mannes werden offenbar von so gut wie niemandem geteilt“, meinte ich – mehr zu mir selbst, als zu Kitty.
„Sie ist in einer verzweifelten Lage, da belügt man sich auch schon mal selbst.“
„Sie sprechen aus Erfahrung?“
„Ich arbeite hier, aber ich habe eigentlich nicht vor, das mit meinem Privatleben zu vermischen.“
„Ach – aber bei Ihren Anrufen auf Agenturkosten oder wenn Sie während der Arbeitszeit Ihre Nägel lackieren, haben Sie gegen diese Vermischung nichts einzuwenden.“
„Wenn Sie mit meiner Arbeit unzufrieden sind, sagen Sie es einfach, Mister Boulder.“
Ich sagte nichts. Mit gutem Grund. Sie wusste, dass sie im Moment keinen besseren Job fand und ich wusste, dass ich im Moment niemanden fand, der sie hätte ersetzen können. Ich ging zum Fenster, sorgte etwas für frische Luft und wechsle dann einfach das Thema. „Ich will wissen, wer hinter den Wohnblock-Investments steckt, in die George McCormick das Geld der Stadt geleitet hat. Vielleicht finden sich da ja noch andere interessante Namen. Außerdem will ich alles über einen gewissen Gilbert Sullivan wissen. Wir werden beide Gelegenheit bekommen, uns am Telefon den Mund fusselig zu reden.“
Kitty verdrehte die Augen.
„Ich weiß nicht so hundertprozentig, worum es jetzt geht, aber vielleicht erklären Sie es mir ja noch!“
*
Ich bekam über die Vermittlungsstelle heraus, dass es in Chicago insgesamt ein Dutzend Personen mit dem Namen Gilbert Sullivan gab, die ein Telefon besaßen. Aber nur einer von ihnen hatte etwas mit der Baubranche zu tun. Den Rest der Telefonate ließ ich Kitty führen. Ich war überzeugt davon, dass ihre kommunikative Art dafür sorgen würde, dass sie noch einiges mehr an Informationen herausbekam. Ich setzte mich in der Zwischenzeit hinter das Steuer meines Plymouth und fuhr in die West Side.
Die West Side von Chicago war ein typisches Arbeiterviertel. Mietskasernen wechselten mit weitläufigen Industrieanlagen ab, die immer weitere Zuwanderer in die Stadt lockten.
In welche der schnell hochgezogenen Wohnblocks George McCormick das Geld der Steuerzahler hatte fließen lassen, stand inzwischen sogar in der Chicago Tribune.
Ich klapperte sie der Reihe nach ab. An einem der Blocks wurde noch gearbeitet. Der Rohbau war fertig gestellt. Vor dem Bau gab es eine Tumult artige Versammlung. Ich stellte den Plymouth in der Nähe ab, um mir das aus der Nähe anzusehen. Ein ziemlich bemitleidenswerter Bauleiter
Weitere Kostenlose Bücher