Private Games - Der Countdown des Todes
nehmen, fühlte sich Professorin Selena Farrell verdammt sexy. Oh ja.
Der Abend dämmerte in Soho. Die Luft war schwül, Farrell hatte Wodka intus, und sie war todschick zurechtgemacht. Während sie von der Tottenham Court Road nach Westen zur Carlisle Street ging, schielte sie immer wieder auf ihr Spiegelbild in den Schaufenstern, bemerkte aber auch die Blicke der Männer und Frauen, denen ihre wiegenden Hüften unter dem wallenden Rock auffielen und ihre wogenden Brüste, die von der ärmellosen Bluse wie eine zweite Haut umschlossenen wurden.
Sie trug verführerisches Make-up und verblüffend blaue Kontaktlinsen, aber kein Tuch mehr um den Kopf. Stattdessen wurde ihr Gesicht von dunkel gefärbtem Haar umrahmt, das seitlich leicht gestuft war und den Blick auf das kleine Muttermal an ihrer rechten Wange gleich oberhalb des Kiefers zog.
Farrell liebte dieses Gefühl – unerkannt, sexy, auf der Jagd.
Sie ähnelte der Frau, die sie in ihrem alltäglichen Leben war, kein bisschen mehr. Sie war ein anderer Mensch. Das Verbotene reizte sie, gab ihr Kraft. In diesen Kleidern kam sie sich anziehend, hypnotisch und, nun ja, völlig unwiderstehlich vor.
In der Carlisle Street betrat sie die Candy Bar, einen der ältesten und größten Londoner Lesbenclubs, in den Farrell am liebsten ging, wenn sie Dampf ablassen musste.
Sie trat an die lange Theke im Erdgeschoss, an der sich eine Menge hübscher Frauen tummelten. Eine zierliche, auffallend schöne Frau, einen Mojito in der Hand, drehte sich auf ihrem Platz um, als sie Farrell erblickte, und warf ihr ein wissendes Lächeln zu. » Syren St. James!«
» Nell«, grüßte Farrell zurück und küsste sie auf die Wange.
Nell legte eine Hand auf Farrells Unterarm und betrachtete sich Farrells Aufmachung. » Meine Güte, Syren. Noch schillernder und reizender als sonst. Wo warst du in letzter Zeit? Ich habe dich fast einen Monat nicht gesehen.«
» Ich war neulich erst hier«, erwiderte Farrell. » Bevor ich in Paris war. Arbeit. Ein neues Projekt.«
» Du Glückliche. Wenn du willst, können wir jederzeit hier verschwinden und …«, begann sie in verschwörerischem Ton.
» Heute Abend nicht, Schatz«, lehnte Farrell sanft ab. » Ich bin schon verabredet.«
» Schade.« Nell schniefte. » Und ist deine Verabredung schon hier?«
» Habe noch nicht nachgesehen«, antwortete Farrell.
» Name?«
» Das ist ein Geheimnis.«
» Na, wenn dein Geheimnis nicht aufkreuzt, kannst du ja zurückkommen«, fügte sich Nell verstimmt in ihr Schicksal.
Farrell warf Nell einen Luftkuss zu, bevor sie mit vor Vorfreude klopfendem Herzen und ermuntert von der aus dem Untergeschoss dröhnenden Musik weiterzog. Nachdem sie in allen Ecken und Winkeln im Erdgeschoss nachgesehen hatte, ging sie nach oben, wo sie ihren Blick über die Gäste am pinkfarbenen Billardtisch schweifen ließ. Ihr Geheimnis war nicht da.
Langsam befürchtete Farrell, versetzt worden zu sein, doch sie versuchte es noch im Untergeschoss, wo eine abartig aussehende Frau an einer Stange zu den von einer DJ ane aufgelegten Platten strippte. Entlang der Wand gegenüber der Tänzerin standen pinkfarbene Sofas.
Farrell erblickte ihre Beute mit einer Sektflöte in der Hand auf einem der Sofas am anderen Ende des Raumes. Sie hatte ihr pechschwarzes Haar streng zurückgekämmt und trug ein elegantes schwarzes Cocktailkleid und einen kleinen runden Hut, dessen schwarzer Spitzenschleier von ihrem Gesicht nur die dunkle Haut und die rubinroten Lippen erkennen ließen.
» Hallo, Marta«, grüßte Farrell und ließ sich in den Sessel neben ihr sinken.
Marta wandte den Blick von der Tänzerin ab und lächelte. » Ich wusste, dass ich dich hier sehen würde, meine Schwester«, sagte sie mit leichtem osteuropäischem Akzent.
Farrell war von Martas Parfüm verzaubert. » Ich musste einfach kommen.«
Marta ließ ihre rubinroten Fingernägel über die Rückseite von Farrells Hand gleiten. » Natürlich musstest du kommen. Sollen wir die Spiele eröffnen?«
3 7
Um sieben Uhr an diesem Abend richtete sich die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf die gut zweihundert Hektar große Fläche des einstigen Hafenviertels von East London, das völlig heruntergekommen war, bevor man es zum Olympiapark umwandelte. Das Stadion fasste achtzigtausend glückliche Fans, die Athleten waren im Olympiadorf untergebracht, und für die Radfahrer, Basketballer, Handballer, Schwimmer und Taucher waren schicke, moderne Sportstätten errichtet
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