Private Games - Der Countdown des Todes
lächelte. » Dann ist es doch sehr gut, dass ich früher gekommen bin, oder?«
» Ausgesprochen gut«, freute sich Knight. » Aber wir müssen uns ein bisschen beeilen.«
Er sprang die Treppe nach unten und in die Küche, wo er bemerkte, dass das Frühstücksgeschirr fortgeräumt war. Er holte die Milch aus dem Kühlschrank und legte sie mit ein paar Plätzchen und zwei Plastiktassen in eine Tasche.
Er schloss die Wohnung hinter sich ab und eilte mit Marta in den Park, wo Luke alleine im Gras saß und mit seiner Schaufel auf den Boden haute, während Isabel weinend im Sandkasten kniete.
Pope stand völlig ratlos daneben.
Marta rauschte herbei, nahm Luke auf den Arm und kitzelte ihn am Bauch, bis er kicherte und laut » Marta!« schrie.
Auf einmal hörte Isabel auf zu weinen und hob den Kopf. Als sie Knight sah, verzog sie ihren Mund zu einem Grinsen. » Daddy!«, freute sie sich.
Knight hob sie hoch, strich ihr den Sand aus dem Haar und gab ihr einen Kuss. » Daddy ist da. Und Marta.«
» Ich will Milch!«, verlangte Isabel mit Schmollmund.
» Und Plätzchen gibt’s auch«, erinnerte Knight sie und übergab die Tasche mit der Milch und seine Tochter der besorgten Marta, die mit Sack und Pack zum Picknicktisch ging.
» Was hat das Chaos ausgelöst?«, wollte Knight von Pope wissen.
» Ich weiß nicht«, antwortete Pope nervös. » Es war, als hätte eine Zeitbombe getickt, die ich erst bemerkte, als sie losging.«
» Das passiert oft«, beruhigte Knight sie mit einem Lachen.
Pope sah zu Marta hinüber. » Arbeitet sie schon lange für Sie?«
» Noch keine ganze Woche«, antwortete Knight. » Aber sie ist verdammt genial. Die Beste, die …«
Popes Telefon klingelte. Sie nahm das Gespräch an, schrie aber nach einem Moment: » Voll krass! Wir sind in zwanzig Minuten da!«
Sie drückte die Aus-Taste. » Das war Hooligan«, sagte sie ruhig, aber gedrängt. » Er hat auf dem Brief, den Kronos mir gestern Abend geschickt hat, einen Fingerabdruck gefunden. Er lässt ihn gerade durch die Datenbanken laufen und will, dass wir sofort ins Büro kommen.«
68
Hooligans grinsendes Gesicht, eingehüllt von einem hellroten Viertagebart, erinnerte Knight an einen wahnsinnigen Kobold. Und wie Rumpelstilzchen führte der Chefwissenschaftler von Private gerade hinter seinem Labortisch ein kleines Freudentänzchen auf. » Wir haben einen dritten Namen«, sagte er. » Und, wie Jack sagen würde, das ist ein Mordsding, bei dem alle Alarmglocken geklingelt haben. Ich habe in der letzten Stunde zwei Anrufe aus Den Haag bekommen.«
» Den Haag?«, vergewisserte sich Knight verwirrt.
» Vom UN -Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien«, erklärte Hooligan, als Jack, blass und abgespannt im Gesicht, hereineilte. » Der Fingerabdruck gehört zu einer Frau, die wegen Völkermordes gesucht wird.«
Knights Gedanken überstürzten sich angesichts der vielen Fakten. Daring und Farrell hatten beide am Ende des Balkankriegs in irgendeiner Eigenschaft für die NATO gearbeitet. Aber Kriegsverbrechen? Völkermord?
» Lassen Sie hören«, forderte Jack ihn auf.
Hooligan trat an seinen Laptop und drückte mehrere Tasten. Auf einem großen Bildschirm am Ende des Labors erschien das unscharfe Schwarzweißbild einer Jugendlichen. Das Mädchen trug einen kurzen Topfschnitt, dazu eine weiße Bluse mit Kragen. Mehr erkannte Knight auf dem undeutlichen Foto nicht.
» Sie heißt Andjela Brazlic«, erklärte Hooligan. » Das Bild wurde laut dem Den Haager Ankläger vor etwa siebzehn Jahren aufgenommen. Damit ist sie heute Ende zwanzig.«
» Was hat sie angestellt?«, wollte Knight wissen, der versuchte, das verschwommene Gesicht mit Völkermord in Verbindung zu bringen.
Hooligan drückte auf eine andere Taste, woraufhin auf dem Bildschirm ein vergrößerter Schnappschuss von drei Mädchen mit weißen Blusen und dunklen Röcken erschien. Eine Frau und ein Mann standen bei ihnen, deren Gesichter aber über den Bildrand hinausragten. Am Topfschnitt von einem der Mädchen erkannte Knight, dass das erste Bild ein vergrößerter Ausschnitt von diesem gewesen war. Grelles Sonnenlicht machte die Gesichter der anderen beiden Mädchen unkenntlich. Sie hatten längeres Haar und waren größer. Er schätzte sie auf vierzehn und fünfzehn Jahre.
Hooligan räusperte sich. » Andjela und ihren beiden Schwestern, Senka, der ältesten, und Nada, der mittleren, wurde in und um Srebrenica Ende 1994, Anfang 1995 Völkermord vorgeworfen, also
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