Professor Mittelzwercks Geschöpfe
Datenschleuder oder äh n liche Flimmerzeichen produzierende Geräte blick te, aber nie wie gebannt darauf starrte und zwischendurch sehr oft aufs Meer zu blicken pflegte, auf mein Bild, das Dauerbild, von dem ich anfangs sprach.
Es war bei mir wie bei den uralt gewordenen Malern, die über hundert sind und keine Brille brauchen, weil sie kurz auf ein nahes und gleich wi e der auf ein entferntes Bild blicken.
Aber die Kapitäne, die dauernd auf ihre Radarschirme, laufenden Gli m merzeichen, Lichtimpulse, Steuerskalen und Kontrollampen schauen, die erst an Deck krabbeln müssen, wenn sie das Meer betrachten wollen, w a ren fast alle brillenabhängig.
Gesagt werden muß es, sie hatten auch beinah alle einen Bauch, der sich vorwölbte und starr von ihrem sonstigen Körper abstand, als wollte er ausdrücken, nehmt mich ab, ich gehöre eigentlich nicht dazu. Der Beruf dieser Kapitäne brachte es mit sich, sehr lange sitzen zu müssen, und da die Kabinen mit den Radarschirmen und Skalen meist überheizt und mit trockener Luft gefüllt waren, mußten sie notgedrungen bei der Arbeit eine Flasche griffbereit stehen haben, und da die Arbeit eine anspruchsvolle war, eine verantwortungsvolle, zu der man fit sein muß, waren dem Wa s ser in der Flasche viel Nähr- und Kräftigungsstoffe beigefügt. So konnte man am Bauchumfang eines Kapitäns ablesen, welche Art Schiff er fuhr.
Der nahezu philosophische Kapitän steuerte, wie er mir sagte, bereits ein halbuniverselles Fahrzeug mit vielen Schalt- und Ablesemöglichkeiten. Sein Gesicht glänzte weißlich und rund, er war von innen her gut eingefettet, er sagte, es wäre für mich nicht die übliche Prestigeangelegenheit, das »T o talmobil 01« zu fahren, und ich glaube auch nicht, daß es das bei den meisten meiner Kollegen wäre. Es ist ein seelisches Bedürfnis. Denn wo werden einem Menschen so viele Möglichkeiten geboten, aus sich herau s zugehen und über sich hinauszuwachsen, wie bei der Lenkung eines so l chen Mobils. Wo gibt es so viele Schaltmöglichkeiten, wo kann sich der Mensch sonst schaltend de r maßen bewähren, wo fühlt er echt, welche Rolle er im Weltmaßstab eigen t lich spielt? Früher, da fühlte sich der Mensch dadurch best ä tigt, daß er ein Pferd in seine Gewalt bringen konnte, auf ihm rasend schnell seinen Feinden entkommen oder ein Ziel eher als sie erre i chen konnte. Auch der Schwimmer, der mit den Wellen kämpfte, bestätigte sich selbst. Auch das Beherrschen eines superschnellen Autos bestätigte die menschliche Persönlichkeit. Aber war das nicht, verglichen mit dem »Totalmobil 01«, eine eingleisige Sache? War da nicht viel Hektik und kö r perlicher Aufwand? Jetzt sitzt der Mensch lässig am Steuerpult des Tota l mobils, kühl, unerschütte r lich, er läßt die Schalter spielen. Ein Druck, mit einem leichten Tippen des Zeigefingers mühelos ausgeführt, kann dem gewaltigen Mobil eine vollkommen andere Richtung geben, kann es zu jeder dem Kap i tän notwendig erscheinenden Funktion veranlassen. Hier kommt man eben in den psych i schen Genuß der menschlichen Vollendung. Lässigkeit, ein Druck, und schon geschieht ’ s. Auf diese Stufe möchte natü r lich jeder kommen, ein lässiger Zauberer sein, der noch nicht einmal einen Stab schwingen oder Abrakadabra sagen muß. Es ist einfach eine seelische Stärkung. So löst man Probleme. Dahin werden wir auch auf anderen G e bieten kommen.
Aber, wandte ich ein, es bleibt auch beim Totalmobil dem Kapitän übe r lassen, den Kurs zu bestimmen, er muß, bevor er schaltet, nachdenken, ob er richtig schalten wird.
Er schaltet auf Grund der Daten, die ihm laufend auf den Schirmen, Sk a len und auf den Leuchtbändern geliefert werden. Niemals muß er sich in den blauen Dunst hinein entscheiden, und die Durchführung erfolgt re i bungslos, eben durch diesen eleganten, kaum spürbaren Schalterdruck, das leise Tippen. Und all das vorsintflutliche He, Ho, setzt dieses Segel oder jenes, kappt die Rah, Volldampf voraus, und alle Mann an die Pumpen, dieses Gezerr und Gezottel mit einer buntscheckigen unübersehbaren Mannschaft, die auch noch bei jeder Gelegenheit meuterische Tendenzen zeigt. Sie brauchen das nur in den alten Seefahrer-Romanen nachzulesen, also das alles entfällt. Man schaltet souverän, sauber und niemals auf Mutmaßungen hin, sondern auf Grund genauer wissenschaftlicher Daten. Erst in einem Totalmobil gibt es den wirklichen Kapitän, den absoluten, seine Bedeutung steht im Verhältnis zur
Weitere Kostenlose Bücher