Professor Mittelzwercks Geschöpfe
Nestor, und man bemalte, beschmierte und bestäubte uns.
Doch wollen wir von mir nicht reden. Man hätte an meiner Statt auch e i nen Leichnam auftakeln können. Ich blieb die ganze Zeit ein Schemen, Geist eines Abgeschiedenen, der stumm am Bildrand hängt. Ich kriegte außer guten Abend kein einziges Wort zu sagen. Von mir kann also nicht die Rede sein. Nur zum Schluß erschien, als ich davonschlich, mein Rücken mit dem runden Stempel der Gesellschaft kurz im Bild.
Ich hatte nichts anderes erwartet, denn Mittelzwerck, der in der Mitte si t zen sollte, gleich neben dem Befrager, kam mir so breit und wuchtig vor, daß ich schon sah, wie er das Bild beherrschen würde.
War er nicht in der letzten Zeit gewachsen, hatte sein Bauch nicht zug e nommen, waren nicht seine Schultern gewichtheberisch geschwollen, ha t ten seine Schädelknochen sich nicht ausgedehnt?
Frau Kutzenbacher, durchaus nicht kümmerlich, schien von ihm wegg e drückt zu werden, und seine Stimme, als er loslegte, schien keine andere Stimme zuzulassen. Er habe, sagte er bedeutungsvoll, die Musche l räuber nun geortet. Damit beginne eine neue Phase der Erforschung mar i timer Existenzen.
Und wie sind Sie daraufgekommen?
Mittelzwerck stellte ein großes Glas vor sich, in dem ein und ein halbes Grünes Medaillon und einige grüne Strunkfetzen schwammen.
Hier sehen Sie, erklärte Mittelzwerck, ein Fraß hat stattgefunden, der nicht vollendet werden konnte, weil Eile vorlag, und diese Muschelteile, die Sie hier sehen, entsprechen haargenau den Muscheln, die in dem Meere s garten Professor Philemons geerntet wurden, bis jener große Raub eintrat. Es können also, da wir an anderen Stellen keine Meeres gärten mit Original-Philemon-Mu scheln haben, nur ebendiese Muscheln sein.
Das klingt sehr einfach, Herr Professor Mittelzwerck, doch sicher ist da eine aufreibende Forschungsarbeit vorausgegangen.
Gewiß, es klingt sehr einfach, wie immer, wenn man Einleuchtendes g e funden hat.
Mittelzwerck sah voll in die Kamera, er schien beeindruckt von seiner Leistung. Ich kann Ihnen versichern, daß alle Apparate dieses totalen Fo r schungsunternehmens in höchstem Einsatz waren. Er zog ein Blatt und fing an, Zahlen vorzulesen, durch welche, wie er sagte, die Leistungen verdeu t licht werden sollten, damit sich auch der Laie ein lebendiges Bild von dieser Arbeit machen könnte. Es sei nämlich, so Mittelzwerck, noch immer für die breite Masse fast mystisch, wie die Entdeckungen und die Erkenntnisse zustande kommen. Er wolle dies nun sinnfällig und faßbar machen.
Sehr gut, sagte der Fragesteller, sehr einleuchtend. Er schob ein Bein vor, mir schien, er nahm Entspannungshaltung ein, schaltete ab, war nicht mehr da.
Und plötzlich, als Mittelzwerck sekundenlang pausierte, fuhr er auf Fri e derike Kutzenbacher los. Was sagen Sie zu dieser aufregenden Entd e ckung?
Ich finde sie phantastisch, sagte die Künstlerin, und deshalb habe ich mich vollkommen grün bemalt. Sie sehen jetzt natürlich nur die Beine und das Gesicht, das ist hellgrün, die Beine dunkler, ich habe alles Ton in Ton gehalten. Ja, die Entdeckung hat mich gewaltig angeregt. O ja, wir regen uns hier nämlich gegenseitig an. Darin sehe ich auch meine Aufgabe an Bord, dazu bin ich ja mitgefahren. Es ist nicht so, daß ich hier Urlaub m a chen will. Nein, ich will hier etwas entdecken.
Und haben Sie schon etwas entdeckt?
Ja, sagte sie, wie nämlich Kunst und Wissenschaft zusammenwirken kö n nen. Dafür ist hier ein Beispiel gegeben worden. Ich sprach in einer lock e ren Stimmung mit Professor Mittelzwerck, sagte intuitiv, wo er die Lud i bundi zu suchen hätte, mir kam das einfach so, mir war so, ich kann es nicht erklären, ich sagte also, und Friederike Kutzenbacher sagte es.
Sie lächelte Freund Mittelzwerck vertraulich an. Nicht wahr, mein Lieber, so ist es doch gewesen, es war eine fruchtbare Zusammenarbeit, wie man sieht, und dies ist die Beantwortung der Frage, wie die Entdeckung in i h rem Keim zustande kam. Durch eine spinnerische Eingebung in einer lock e ren Atmosphäre, aber mit vollem Ernst natürlich. Vielleicht ist es Professor Mittelzwerck nicht so bewußt geworden, und darum sage ich es jetzt.
Ich wartete darauf, daß der Befrager Mittelzwerck fragen würde, was s a gen Sie dazu, aber er ließ Frau Kutzenbacher freie Fahrt. Er sah noch nicht mal auf den Zeitanzeiger.
Schließlich ließ er sie auch noch, als Gutenachtgruß für die Zuschauer, die grauen schlappen Wasser der
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