Projekt Babylon
Gesundheit, um ihr Leben.«
»Ach kommen Sie, es wird ihr schon nichts passieren.«
»Wie können Sie sich da so sicher sein? Immerhin wissen Sie selbst, wie es sich anfühlt, wenn es schief geht.«
»Sie haben ja Recht, aber ich habe einfach das sichere Gefühl, dass wir das Richtige tun. Außerdem vertraue ich ihr.«
»Seit wann haben Sie jemals irgendjemandem außer sich selbst vertraut?«
»Irgendwann muss man ja anfangen«, sagte Patrick.
»Ich hoffe, Sie nehmen das nicht so auf die leichte Schulter«, sagte Peter nun an Stefanie gewandt. »Achten Sie auf jede noch so kleine Veränderung in Ihrer Wahrnehmung oder in Ihrem Befinden.«
»Ich bin auch zuversichtlich, dass es keine Probleme geben wird«, antwortete sie. »Ich werde eine Taschenlampe und einen Notizblock mitnehmen, um Skizzen anzufertigen von dem, was ich sehe.«
»Möglicherweise ist es auch hinter dem Durchgang vollständig dunkel«, überlegte nun Patrick. »Es könnte viele Kilometer weitergehen, und vielleicht wird auf der ganzen Strecke der Lichtstrahl verschluckt, so wie am Eingang. Rechnen Sie also damit, dass Sie trotz Ihrer Taschenlampe vollkommen blind sind.«
»Ja, und vielleicht gibt es dort plötzliche Spalten und Abgründe«, fügte Peter hinzu. »Tasten Sie sich wirklich nur zentimeterweise vor!«
»Untersuchen Sie auch die Wände«, sagte Patrick. »Vielleicht finden Sie direkt hinter dem Durchgang an der Wand so etwas wie einen Schalter, einen Mechanismus, mit dem Sie den Effekt ausschalten können.«
»Wir müssen uns auch auf einen Code einigen, wie wir uns mit Hilfe des Seils verständigen können. Vielleicht dringen ja auch keine Schallwellen durch den Durchgang.«
»Gute Idee«, sagte Patrick. »Ich schlage vor, dreimaliges, kräftiges Ziehen am Seil unsererseits bedeutet: »Sofort zurückkehren‹; und Ihrerseits heißt es: ›Ziehen Sie mich raus.‹«
»Ich halte das für nicht so gut«, wandte Peter ein, »was, wenn Stefanie etwas zustößt und sie nicht mehr in der Lage ist, dreimal kräftig zu ziehen? Oder wenn sich das Seil so verhakt, dass ihr Reißen am Seil von der Stelle aufgefangen wird, an der das Seil festhängt?«
»Sie machen sich aber ganz schön düstere Gedanken, Professor«, sagte Patrick.
»Aber er hat Recht«, sagte Stefanie, »ich könnte doch auch in regelmäßigen Abständen kurz am Seil ziehen. Sie wissen dann, dass alles in Ordnung ist. Bleibt mein Ziehen aus – aus welchen Gründen auch immer –, holen Sie mich zurück.«
»Ja, das klingt gut«, meinte Peter.
»Dann sind wir doch jetzt eigentlich bereit, oder?« Patrick stand auf.
»Also, aus meiner Sicht, ja«, antwortete Stefanie und erhob sich ebenfalls.
»Haben wir denn auch wirklich an alles gedacht?«, überlegte Peter noch.
»Jaaa!«, antworteten Patrick und Stefanie fast zeitgleich und mussten daraufhin beide lachen.
»Also dann...« Peter sah von einem zum anderen. Etwas unschlüssig stand er nun auch auf und zog seine Jacke an. »Dann geht es jetzt wohl los... Patrick, fahren Sie?«
Es hatte sich zum Nachmittag hin stark bewölkt, die Luft war abgekühlt. Während Patrick den Landrover die Straße zum Wald hinauf steuerte, saß Peter im Fond und machte sich Gedanken. Das größte Rätsel der Höhle lag nun vor ihnen – ein Durchgang, unergründlich und so gefährlich, dass er imstande war, jeden um den Verstand zu bringen, der ihn passieren wollte. Respektvoll waren sie ihm in letzter Zeit ferngeblieben und hatten stattdessen versucht, das Mysterium der Inschriften zu lösen. Immer tiefer waren sie dabei in mystische Verstrickungen geraten, hatten von der Kabbala über Martin Luther bis hin zu den Rosenkreuzern und Templern Staub der Jahrhunderte aufgewirbelt und waren bei näherer Betrachtung der Lösung des Rätsels kaum einen Schritt näher gekommen. Und nun hatten sie sich kurzerhand dazu entschlossen, die Schwelle zu übertreten. Es war waghalsig, äußerst gefährlich, und obwohl er eigentlich höchst angespannt sein müsste, fühlte er sich seltsam distanziert. Er schien viel mehr Beobachter als Beteiligter. Vielleicht lag es daran, dass so viele der Erkenntnisse, die sie hierher geführt hatten, ohne seine Hilfe zustande gekommen waren: der Zeitpunkt der Sonnenfinsternis, die Entschlüsselung der Inschrift im Boden, die Bedeutung des ersten Briefes – stets war Stefanie irgendwie beteiligt gewesen. Wie eine Art Katalysator hatte sie behutsam dafür gesorgt, dass die entscheidenden Hinweise entstanden und
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