Projekt Babylon
Flüssigkeit gefüllt. Neben dem Kelch lag der feucht glänzende, gehäutete Schädel einer Katze.
Das Kerzenlicht flackerte über die Gesichter von vier Männern. Einer von ihnen hatte im Wagen gewartet. Er mochte Mitte dreißig sein und trug einen dunklen Anzug, so dass er Teil der Schatten zu sein schien. Sein Gesicht stach hervor, sein Blick war streng und funkelnd. Auf seiner Stirn prangte ein Zeichen, das mit einer roten Flüssigkeit gezeichnet worden war – offenkundig die gleiche Flüssigkeit, die sich auch in dem silbernen Kelch befand. In der Abgeschiedenheit dieser dunklen Kammer hatte er ein längst vergessenes Ritual vollzogen und dann seine Untergebenen ausgesandt, um die Umgebung zu erkunden. Nun hatte er sie zurückgerufen, und sie waren gekommen, um ihm Bericht zu erstatten.
»Sprich!«, wies er einen der Männer an.
»Die Absperrung führt mehrere Kilometer in den Wald hinein, Herr. Ich bin ihr bis zu einem Berg gefolgt, auf den die Absperrung hinaufführt. Überall entlang des Zaunes patrouillieren schwer bewaffnete Ranger. Es sind allem Anschein nach professionelle Wachleute, möglicherweise vom Militär.«
»Siehst du eine Möglichkeit, unbemerkt an ihnen vorbeizukommen?«
»Eine Hand voll von uns könnte das schaffen. Die Gefahr entdeckt zu werden ist allerdings groß, und es sind mindestens drei Dutzend Bewaffnete in diesem westlichen Teil des Gebiets.«
»Was habt ihr gesehen?«, wandte sich der Mann im Anzug nun an die beiden anderen.
»Eine halbe Stunde südlich von hier gibt es ein Lager«, erklärte einer der beiden. »Es sieht aus wie ein Armeecamp. Man erkennt Büros und Schlafstätten und so etwas wie Lagerhallen.«
»Professor Lavell?«
»Keine Spur von ihm, Herr. Das Lager liegt ein Stück weit innerhalb des Gebiets. Es führt eine Art Straße dorthin, allerdings ist sie mit einem großen Gatter versperrt. Es scheint der Haupteingang zu dem Areal zu sein. Wenn wir dies überwachen, taucht er vielleicht früher oder später dort auf.«
»Du hast dir keine Gedanken über meine Vorgehensweise zu machen!«, entgegnete der Mann im Anzug.
»Ja, Herr, verzeiht.« Er senkte den Kopf und entblößte seinen Nacken. »Belial sei mit Euch, Ash Modai.«
Ash ignorierte den Mann und wandte sich an den dritten der Späher. »Und was hast du gesehen?«
»Ich bin der Absperrung in die andere Richtung gefolgt. Auch dort sind überall Bewaffnete, und kein Hinweis auf den Professor.«
Ash Modai schwieg einen Augenblick. Er befehligte fünf Legionen der westlichen Fürstentümer der Hand von Belial. Mit ihnen wäre es möglich, das Gebiet einzunehmen. Aber er durfte kein solches Aufsehen erregen. Der Hohepriester hatte sehr deutlich gemacht, was Belial von ihm erwartete. Der Professor war dem »Kreis von Montségur« auf der Spur. Möglicherweise lag das Geheimnis hinter dieser Absperrung, aber nur der Professor konnte das bestätigen. Also mussten sie ihn finden. Und das würden sie auch. Und sie würden alles von ihm erfahren.
»Erhebe dich!«, wies er den Mann an, der noch immer mit gesenktem Haupt verharrte. »Du bleibst hier. Begib dich zum Gatter und bewache den Eingang Tag und Nacht. Wenn ich dich eines Tages frage, wirst du mir sagen können, wer dieses Tor passiert hat, wann und warum.«
»Ja, Herr.«
»Steig aus.«
Der Mann gehorchte. Ash folgte ihm.
»Lauf los, verschwende nicht noch mehr Zeit!« Dann wandte er sich an die im Wagen Verbliebenen. »Wir fahren jetzt in die Stadt und suchen den Professor dort. Zieht euch inzwischen um.« Er schloss die Hecktür, ging um den Wagen und setzte sich ans Steuer. Er sah in den Rückspiegel und wischte sich die Stirn mit einem Tuch sauber. Dann fuhr er los nach St.-Pierre-Du-Bois.
10. Mai, Hôtel de la Grange, St.-Pierre-Du-Bois
»Gehen wir die Details also noch einmal durch«, sagte Peter. »Da der Durchgang keinerlei Strahlung durchlässt, ist es sinnlos, Ihnen ein Handy oder ein Funkgerät mitzugeben. Stattdessen werden Patrick und ich Sie mit einem Seil sichern. Sie strecken zuerst Ihren Kopf hinein, und wir ziehen Sie augenblicklich zurück. Wenn alles gut geht, betreten Sie den Durchgang für eine Sekunde vollständig, und wir ziehen Sie erneut zurück. So werden wir Ihre Verweildauer schrittweise verlängern, bis wir sicher sind, dass Ihnen nichts geschieht.«
»Ja doch, Peter«, sagte Patrick. »Vielleicht möchten Sie Millimeterpapier haben?«
»Das ist eine ernste Sache! Immerhin geht es hier um ihre geistige
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