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Projekt Babylon

Titel: Projekt Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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Papst und deren Geschichte sind heutzutage in der Kritik wie nie zuvor. Ein solcher Eklat wäre inakzeptabel.«
    »Wieder kann ich Ihnen folgen«, sagte der Präsident, »und dennoch können mich Ihre Worte nicht beruhigen.«
    »Ja, vielleicht ist es auch schwierig, die Reaktion der Menschen und der Kirche so eindeutig vorherzusehen.« Der Graf nahm einen weiteren Schluck. »Aber vielleicht kann ich Sie auf andere Weise beruhigen.«
    »Bei allem Respekt, Monsieur le Comte«, sagte Michaut und schüttelte den Kopf, »ich bezweifle, dass Sie das jetzt noch können.«
    »Nun, einerseits ist ja nicht endgültig geklärt, ob eine derartige These – eine Verwandtschaft der Merowinger zu Jesus – vor dem Angesicht der Weltöffentlichkeit überhaupt standhalten könnte. Ob sich überhaupt jemand ernsthaft dafür interessiert. Die Tatsache, dass diese Geschichten schon seit Hunderten von Jahren kursieren, immer wieder gedruckt und sogar verfilmt wurden und keine nachhaltige Resonanz hervorgerufen haben, spricht meines Erachtens nicht dafür. Und ebenso fraglich ist meiner laienhaften Ansicht nach, ob die Verwandtschaft des Monsieur Laroche zu den Merowingern tatsächlich gesichert ist. Ich meine, mich an einen Herrn erinnern zu können, der Ihnen in dieser Hinsicht weiterhelfen kann.«
    Michaut sah den Grafen mit einer Mischung aus Skepsis und Neugier an. Er hatte nicht vor, weitere Leute in diese brisante Angelegenheit einzuweihen. Wer, um alles in der Welt, würde hier sachlich bleiben und ihm sogar helfen können?
    »Sie fragen sich sicherlich, wer bei einem solch bedeutenden Sachverhalt zu Rate gezogen werden könnte. Nun, es wird Sie gewiss interessieren zu erfahren, dass die Nachfolge des Geschlechts der Merowinger über die Jahrhunderte hinweg in der Tat gewissenhaft gesichert und im Geheimen fortgeführt wurde. Dieser Teil der Geschichte stimmt also nachweislich. Verantwortlich hierfür ist ein Orden, der sich Priorat von Zion nennt. Wie es der Zufall will, operiert er heute unter anderem von der Schweiz aus. Es wäre mir möglich, Sie mit jemandem in Kontakt zu bringen, der wie niemand sonst über die gesamte Geschichte des Ordens Bescheid weiß. Es ist ein Monsieur Plantard. Ich würde vermuten, dass dieser Herr in der Lage ist, nachzuweisen, wer der heutige Nachfahr der Merowinger ist, oder vielmehr – und das ist das Einzige, das Sie wirklich interessieren dürfte –, dass es sich dabei nicht um Monsieur Laroche handelt.
    »Was macht Sie so sicher?«
    »Nennen Sie es Instinkt, Monsieur le Président«, sagte der Graf und lächelte nun zum zweiten Mal.

    10. Mai, Wald bei St.-Pierre-Du-Bois

    Im Wald parkte ein schwarzer Lieferwagen mit dunkel getönten Scheiben. Nichts wies darauf hin, dass er erst vor wenigen Stunden hierher gefahren war. Das Geräusch des Motors war verklungen, Türen waren zugeschlagen worden, Schritte hatten sich entfernt. Eine Weile noch hatte der warme Motor in der kühlen Waldluft geknackt, dann hatten die Geräusche des Waldes den Wagen wieder umfangen.
    Vogelstimmen ertönten, der Wind hatte aufgefrischt und rauschte durch die Blätter. Es bewölkte sich, die Kontraste zwischen sonnigen Flecken und Schatten auf dem Waldboden wichen dem fahlen, indirekten Licht, das nun durch die Wolkendecke drang.
    Zwischen den Bäumen tauchten unvermittelt drei Gestalten auf. Sie waren in schwarze Mäntel gehüllt und bewegten sich mit solch raubtierhafter Geschmeidigkeit, dass sie kaum auszumachen waren. Es schien, als würden sie nach jedem Schritt mit den Stämmen und Büschen verschmelzen, und sie verursachten kaum ein Geräusch dabei. Rasch waren sie dem Wagen näher gekommen. Der Erste von ihnen öffnete die Hecktür, sie stiegen ein, und die Tür wurde von innen wieder geschlossen.
    Im Inneren des Wagens war die Luft warm und schwer. Es roch nach feuchter Kleidung, nach Wachs und ein wenig süßlich. Eine Kerze erhellte einen kleinen Altar. Er war aus dunklem Holz gefertigt, das mit organisch anmutenden Schnitzereien versehen war. Über dem Altar hing ein auf Tuch gemaltes Gemälde, das eine dämonische Figur darstellte. Ihr Kopf war gehörnt, das Maul mit spitzen Reißzähnen versehen. Der Torso war nackt, männlich und muskulös, ebenso wie die stark behaarten Arme und Beine. Statt Füßen besaß die Gestalt mächtige Hufe, die Funken auf dem Boden schlugen. Auf dem Altar lag eine weiße, bestickte Stoffbahn, auf der ein silberner Kelch stand. Er war mit einer dunkelroten, zähen

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