Projekt Babylon
Erde mit Leichtigkeit.
Ja, die Erde selbst erschien mir so klein, dass es mich unseres Reiches, mit dem wir nur gleichsam einen Punkt von ihr berühren, schämte. ‹«
»Was ist denn nun Ihre Theorie?«, wollte Patrick wissen. »Dass die Graffiti-Schreiber Intellektuelle waren?«
»Ja, das kann man jedenfalls schon mal annehmen. Die Graffiti-Texte wurden später angebracht, zum Teil scheinen sie wie Antworten auf die Urtexte. Sie sind gebildet, aber sie vermitteln alle eine besondere Art Ehrfurcht. Ehrfurcht vor der Winzigkeit des Menschen im kosmischen Gefüge, Ehrfurcht vor Wissen und den großen Geheimnissen der Welt.«
»Wir wissen noch nicht, wer diese ganzen Texte anbrachte«, sagte Peter, »nur scheint es, als hätten die Verfasser der Graffiti-Texte andere Beweggründe gehabt.«
»Ja, besonders deutlich macht es dieser hier:
» Arcana publicata vilescunt; et gratiam prophanata amittunt. Ergo: ne margaritas obijce porcis, seu asino substerne rosas. ‹
Ich weiß nicht, ob das ein historisches Zitat ist, es heißt:
› Veröffentlichte Geheimnisse werden billig; und das Entheiligte verliert alle Anmut. Also: Wirf nicht Perlen vor die Säue, noch streue dem Esel Rosen. ‹
Das stand übrigens neben der Zeichnung mit der Rose, allerdings in einer etwas altertümlichen Schrift, so dass wir es erst heute entziffert haben.«
»Ich kenne es...«, überlegte Peter. »Ich komme nur gerade nicht darauf, woher...«
»Irgendwie habe ich das Gefühl, als redeten hier alle um den heißen Brei herum«, sagte Patrick, schloss das Fenster und setzte sich wieder zu den anderen an den Tisch. »Als ob man zu spät in ein Gespräch platzt und als Einziger nicht weiß, worum es geht. Oder wenn alle lachen, und man hat den Witz nicht gehört.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Peter.
»Ich schon«, warf Stefanie ein. »Ich weiß, was Sie meinen: Man bekommt das Gefühl, dass es irgendein unbekanntes Thema gibt, aus dessen Anlass all diese Texte und Kommentare verfasst wurden. Die Schreiber hatten alle dasselbe im Hinterkopf. Nur, was war dieses Thema, dieses geheime Wissen? Hier ist ein Text, der in ebendiese Kerbe schlägt.« Sie zeigte den Forschern ein weiteres Papier.
»Das ist Altgriechisch«, erklärte Stefanie, »den Ursprung konnte ich spontan nicht ermitteln. Es scheint auch nicht ganz fehlerfrei zu sein, aber ich habe es grob übersetzen können:
› Wenn Gleichheit Gerechtigkeit ist, und Wissen Macht ,
dann ist die Welt gut, wenn die Gänze allen Wissens für alle zugänglich ist.
jeder darin ist mächtig, und alle sind gleich.
Der Mächtigste aber ist der, der Wissen findet.
Er muss weise sein, so dass er es mit anderen teilen kann. ‹«
»Klingt erstaunlich modern. Nach Wissensmanagement«, sagte Peter.
Stefanie nickte. »Noch interessanter ist, was jemand als Ergänzung an den letzten Satz angefügt hat:
› ...und er muss weise genug sein, es zu verheimlichen. ‹«
»Na fein«, sagte Patrick und schüttelte den Kopf, »jetzt haben wir eine ganze Menge Hebräisch und Latein und Griechisch gehört, und mir brummt der Schädel. Ich kann in dem Ganzen noch keinen roten Faden sehen.«
»Vielleicht ist es einfach noch zu früh«, gab Peter zu. »Aber immerhin identifizieren wir jetzt die Puzzleteile. Wenn wir sie auch noch nicht zusammensetzen können.«
»Mindestens genauso bemerkenswert wie die alten Inschriften«, sagte Patrick, »finde ich das Interesse der Leute, die heute leben. Das Verhalten der Großmeisterin und dann dieses merkwürdige Fax, das...« Er stockte, als sein Blick am Fax-Gerät hängen blieb. Weiteres Papier war inzwischen aus dem Gerät gekommen und lag im Auffangkorb. »Was ist das?« Er stand auf, griff die Papiere und überflog sie. »Das gibt's doch nicht!«
»Was ist es?«
Patrick brachte die zwei Faxe zum Tisch und legte sie nebeneinander. »Wo wir gerade von Frau Groß-Guru sprachen: Ihre Voraussage hat sich gerade bestätigt, Peter. Sie schreibt, dass sie sich tatsächlich noch mal mit uns treffen will.« Dann deutete er auf das andere Papier. »Und nun sehen Sie sich dieses hier an:
» Sehr geehrte Herren,
uns ist zur Kenntnis gelangt, dass Sie Nachforschungen in einer Angelegenheit betreiben, in der wir Ihnen notwendige Informationen geben möchten. Möglicherweise haben Sie diese bereits berücksichtigt, doch würden Sie in diesem Fall sicherlich erfreut sein, den Stand Ihrer Forschung bestätigt zu wissen.
Daher möchten wir Sie zu einem
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