Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Titel: Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
Vom Netzwerk:
hinter einer Verbrecherin her warst. Ja,« fuhr er fort und schnitt ihr das Wort ab, »ich weiß. Du hast die Berichte eingereicht. Aber das kann jeder. Wie dir bekannt sein dürfte, gab es schon immer Runner, die alles Mögliche taten, wenn sie vom richtigen Außermenschlichen dazu überredet wurden.«
    Das tat weh. »Ich bin keine Lügnerin!«
    »Ich weiß. Aber der Bürgermeister …« Night zuckte die Achseln. »Er sieht die Dinge etwas einseitig. Es ist Wahljahr. Er will Blut sehen. Oder Zeitungsüberschriften. Egal. Ihm ist alles recht.«
    »Meine Sachen stinken immer noch nach Müll aus dem Container, in den sie mich geschleudert hat«, schäumte Jet. »Vielleicht können wir das als Beweis für meine Aussage verwenden.«
    »Es interessiert ihn nicht, ob du unschuldig bist. Das weißt du genau. Und er fordert jetzt Gefälligkeiten ein, die ihm dieser oder jener schuldet. Er droht damit, dass die Stadt uns den Geldhahn abdreht.«
    Verdammt seist du, Iri, in ewige Finsternis.
    »Das würde er niemals tun«, grollte Jet. »Gerade heute erst hat er in aller Öffentlichkeit seine unerschütterliche Liebe zu mir bekundet.«
    »Und jetzt sind die Flitterwochen vorbei, und die Scheidung steht an. Die Lage ist ernst, Jet.« Night machte eine Pause und Jet sich auf das Schlimmste gefasst. »Das Exekutivkomitee spielt mit dem Gedanken, dich zu einer Bewährungsstrafe zu verurteilen.«
    Heftige Wut stieg in ihr hoch. »Was 7 .«
    »Corp will die öffentlichen Gelder nicht verlieren. Das Exekutivkomitee würde beinahe alles tun, um Lee bei der Stange zu halten. Und sie werden dich ohne Zögern opfern.«
    In ihrem Kopf begann es zu pochen, gleich hinter den Augen. Benommen sank sie auf einen Küchenstuhl. »Nach allem, was wir für sie getan haben? Für die Stadt? Für die Welt?« Ihre Stimme bestand nur noch aus einem erstickten Flüstern. »Wie können sie auch nur in Erwägung ziehen, mir so etwas anzutun?«
    »Jet«, sagte Night leise, »du müsstest doch langsam wissen, dass das Heldendasein ebenso viel mit Politik zu tun hat wie mit Gerechtigkeit.«
    »Politik sollte nichts damit zu tun haben.«
    »Sollte spielt hier keine Rolle.« Night quetschte die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Seine Stimme war kalt, aber sein Gesicht verriet, dass er innerlich vor Wut kochte.
    »Es geht nicht darum, wie vielen Wählern ich helfe«, erwiderte Jet, und in ihr kochte der Zorn genauso hoch wie in Night. »Es geht darum, wie vielen Menschen ich helfe. Wen interessiert es, ob sie wahlberechtigt sind?«
    »Den Bürgermeister«, gab Night zurück. »Und Corp auch. Du steckst in großen Schwierigkeiten, Kleiner Schatten.«
    Der alte, vertraute Spitzname ließ ihre Wut verrauchen. Sie schloss die Augen und massierte ihre Nasenwurzel.
    »Willst du einen Rat?«
    »Ja. Bitte.«
    »Tu etwas, um dein Ansehen wieder zu heben. Vor allem in den Augen der Öffentlichkeit.«
    »Ich bin offen für Vorschläge.«
    »Gib den Medien eine Story, die sie nicht ignorieren können.« Night senkte die Stimme. »Hast du schon mal den Namen Kidder gehört?«
    Das war heute schon das zweite Mal, dass Lynda Kidder erwähnt wurde. Sie war New Chicagos furchtloseste Reporterin und legte ständig den Finger in offene Wunden von Corp und der Akademie. Die meisten der Journalisten, die mit den Außermenschlichen sympathisierten, gaben sich damit zufrieden, Corp nach dem Munde zu reden, und suchten erst gar nicht nach zusätzlichen Beweisen. Bei Kidder lag die Sache anders. Jet öffnete die Augen. »Sicher. Sie ist gerade in geheimer Mission für die Tribüne unterwegs.«
    »Das ist die offizielle Version«, antwortete Night trocken.
    »Sie glauben, es steckt mehr dahinter?«
    »Ich finde es merkwürdig, dass jemand, der so kamerageil ist wie Kidder, die nichts getan hat, um ihre Recherchen im Fall Ikarus vor der Öffentlichkeit zu verbergen, jetzt plötzlich so auf geheim macht.« Pause. »Es passt einfach nicht zu ihr.«
    »Warum sollte die Tribüne das Verschwinden ihrer Starreporterin decken – falls es das ist, was da gerade abläuft?«
    »Ja, warum?«, gab Night ihre Frage zurück.
    Er hegte also zwei Vermutungen: Entweder war Lynda Kidder mit Wissen und Billigung ihres Redakteurs bei der Tribüne abgetaucht, oder man hatte sein stillschweigendes Einverständnis zu ihrem Verschwinden erzwungen. Jet runzelte die Stirn. Night gehörte nicht zu denen, die überall Verschwörungen vermuteten. Er hielt sich lieber an klare, nüchterne Fakten.

Weitere Kostenlose Bücher